Im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichten die Historiker Klaus-Michael Mallmann und Martin Cüppers, beide tätig an der Forschungsstelle Ludwigsburg an der Universität Stuttgart, einen aufsehenerregenden Quellenfund: Sie wiesen nach, dass sich im Sommer 1942 bei der Panzerarmee Afrika ein Einsatzkommando der Sicherheitspolizei und des SD konstituiert hatte. In Erwartung eines siegreichen Vormarsches von Rommels Afrika-Korps nach Ägypten und Palästina wurde das Einsatzkommando ermächtigt, »in eigener Verantwortung gegenüber der Zivilbevölkerung Exekutivmaßnahmen zu treffen«. Im Klartext hieß das: den Holocaust auf den Nahen Osten auszudehnen und die dortige jüdische Bevölkerung zu ermorden. Die Leitung des Einsatzkommandos übernahm SS-Obersturmbannführer Walther Rauff, der zuvor im Reichssicherheitshauptamt für die »technische Ausrüstung« der Einsatzgruppen in Osteuropa und den Betrieb mobiler »Gaswagen« zuständig gewesen war.
Besonders brisant war die Tatsache, dass Rauffs mobile Todesschwadron die »jüdische Heimstätte in Palästina« ohne willige Helfershelfer unter den Arabern Palästinas nicht hätte »beseitigen« können, wie es in der offiziellen Sprachregelung hieß. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass arabische Mordkomplizen dank enger Kooperation zwischen Nationalsozialisten und arabischen Nationalisten in großer Zahl bereitgestanden hätten, wenn nicht solchen Plänen durch die Niederlage Rommels bei El-Alamein im Herbst 1942 die Grundlage entzogen worden wäre. In ihrem neuen Buch gehen Mallmann/Cüppers dieser Komplizenschaft zwischen Nationalsozialisten und arabischen Nationalisten nun intensiv und systematisch nach.
Den Prototyp des arabischen Kollaborateurs repräsentierte vor allem der Mufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, der im November 1941 von Hitler persönlich empfangen worden war. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass dem Nationalsozialismus über die Person des sattsam bekannten Mufti hinaus breite Sympathien in der arabischen Welt entgegenschlugen. Seit den dreißiger Jahren habe sich – nicht nur in Palästina – ein Amalgam aus arabischem Nationalismus, Antisemitismus und Islamismus verbreitet, das gegenüber dem Nationalsozialismus ideologisch anschlussfähig gewesen sei. Wie die Autoren anhand zahlreicher Beispiele illustrieren, fungierte vor allem der gemeinsame Judenhass als ideologische Brücke, wobei der mörderische Charakter des nationalsozialistischen Antisemitismus viele arabische Nationalisten keineswegs abgestoßen, sondern sogar angezogen habe. Nicht ideologische Differenzen hätten arabische Nationalisten und Nationalsozialisten getrennt, sondern allenfalls außenpolitische Grundsatzentscheidungen Hitlers, die dem arabischen Raum anfänglich keine Priorität beimaßen.
Mit dieser These wenden sich die Autoren prononciert gegen die Auffassung von der »ideologischen Inkompatibilität« (Francis Nicosia) zwischen arabischem Nationalismus und Nationalsozialismus. Besonders kritisch gehen sie mit einzelnen arabischen Autoren und deutschen Islamwissenschaftlern ins Gericht, die die arabische Kollaboration herunterspielen oder auf bloßen »Opportunismus« zurückführen.
Fazit: Mit diesem Buch liegt ein quellenge- sättigtes, in mancherlei Hinsicht provokatives Grundlagenwerk zur arabisch-nationalsozialistischen Kollaboration vor. Man kann es auch als Plädoyer dafür lesen, das oft zu hörende Diktum von der »traditionellen deutsch-arabischen Freundschaft« auf seine Grundlagen zu prüfen. Frank Bajohr
Kommentare
Antisemitismus
Lieber Kommentator,
auch ich bin erst 1977 geboren und habe mich immer gefragt wie es zum Antisemitismus (eigentliche Bedeutung: Gegen Semiten(Araber)) des dritten Reichs kommen konnte. Die Gründe dafür liegen u.a. im tiefen Mittelalter, als es Christen und Moslems verboten war Geld auf Zins zu verleihen (aus guten Gründen) Den Juden war verboten ordentliches Handwerk auszuüben. So kam es, das viele Menschen sich bei den Juden verschuldet haben. Außerdem haben die jüdischen Gemeinden sich immer sehr stark von der restlichen Bevölkerung abgekapselt, um überhaupt bestehen zu können. Und die Juden hatten seit dem römischen Imperium Sonderrechte, was die Christen störte.
Der Hass im dritten Reich ging auch auf unseren Kaiser zurück, der der festen Überzeugung war, das der zionistische Verband die Amerikaner in den Krieg getrieben hat und wegen der Amerikaner hat schließlich Deutschland auch den ersten Weltkrieg verloren.
Ob da wahres dran ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Klar ist, das der zionistische Verband schon im Jhd. davor eine Heimstätte für die Juden suchte und in Verbindung mit dem Englischen Unterhaus stand, aber Palestinazu der Zeit noch unter türkischer Herrschaft stand (Mit Deutschland Achsenmacht).
Die Juden durch die Diaspora in der Welt zerstreut lebend hatten immer einen schweren Stand, einzelne konnten aber erstaunlicher Weise oft Schlüsselpositionen in den Gesellschaften erlangen (Medien, Banken, Wirtschaft) was natürlich viele auch heute noch ärgert (Siehe Hollywood Filmindustrie).
\N
@prinzveigel: es sind schon ganz andere mit erklärungsversuchen für den holocaust (den sie mit «antisemitismus im dritten reich» sehr euphemistisch umschrieben haben) gescheitert, aber selten so gründlich wie sie.
was damals geschah, wollen sie doch nicht ernsthaft damit begründen, dass «viele menschen» im mittelalter bei juden verschuldet gewesen sein sollen (was noch nicht mal stimmt) oder dass die juden sich von der restlichen bevölkerung abgekapselt hätten (was auch nur stimmt, wenn man «abkapseln» und «aussperrt werden» für das selbe hält), von den angeblichen sonderrechten (welche sollten das gewesen sein?) mal ganz abgesehen. woher sie die idee haben, dass der «unser kaiser» (welcher?) glaubte, der «zionistische verband» (wiederum: welcher?) hätte die vereinigten staaten in den krieg getrieben, ist mir erst recht unbegreiflich, allerdings glaube ich zu wissen, was sie damit meinen könnten.
egal: vielleicht kommen sie dem verständnis ein wenig näher, wenn sie sich mit der entwicklung des modernen antisemitismus, speziell mit dessen grundlagen -> nationalismus, -> sozialdarwinismus und -> rassismus beschäftigen.