DIE ZEIT: Herr Horn, wird in Deutschland der beste Volkswirt des Landes ökonomischer Chefberater der Kanzlerin ?
Gustav Horn: Dieser Posten im direkten Umfeld der Kanzlerin ist natürlich auch ein politischer Posten. Man möchte hier einen qualifizierten Ökonomen haben, aber es geht auch um politische Übereinstimmung.
ZEIT: Hat ein solcher Berater überhaupt etwas zu sagen?
Horn: Oh ja. Auf die Kanzlerin strömen täglich sehr viele Informationen ein, und die kann sie nicht alle selber in kürzester Zeit durchdenken. Der Abteilungsleiter Wirtschaft ist dafür zuständig, alle ökonomischen Probleme für sie vorzudenken – bis hin zur deutschen Haltung gegenüber Griechenland.
ZEIT: Nach der Weltfinanzkrise wollte für einige Zeit eigentlich kein Mensch mehr auf Ökonomen hören.
Horn: Die Ökonomie steckt nach wie vor in einer Krise. Die vorherrschenden ökonomischen Schulen hatten die Krise ja seinerzeit überhaupt nicht auf dem Schirm.
ZEIT: Was wiederum nicht für die gute Auswahl der Ökonomen spricht, die in Deutschland als Politikberater Gehör finden.
Horn: Besonders in der Frühzeit der Bundesrepublik waren einige akademisch sehr profilierte Ökonomen in der Regierung tätig, man denke nur an Ludwig Erhard oder Alfred Müller-Armack. Auch das Wirtschaftsministerium hat sich einmal als intellektuelle Vorhut der Ökonomie gesehen. In den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren sehe ich davon aber deutlich weniger. In Deutschland herrscht oft die Vorstellung, dass man sich mit Politik nicht die Finger schmutzig machen sollte.
ZEIT: Wie ist das gekommen?
Horn: Dominant ist die Vorstellung, dass die Wissenschaft jenseits der Politik zu agieren habe, was aber gerade in der Ökonomie naiv ist. Zudem spezialisieren sich junge Wirtschaftsforscher gerne auf politikferne Themen, die den akademischen Moden entsprechen.
ZEIT: Kann man das ändern? Braucht die Bundesregierung statt eines einzelnen Beraters vielleicht einen prominenten Beraterstab aus den besten Volkswirten des Landes?
Horn: So sollte es sein. Das Problem in der Politik heute ist doch: Es wird stets die gleiche Ausrichtung berufen – Mainstream-Marktwirtschaftler nämlich. Das kann man ändern, indem man ausdrücklich politisch denkende Wirtschaftsberater sucht. Dann würden auch mit jedem Regierungs- oder Ministerwechsel die Berater neu durchmischt, und es kämen neue Ideen hinein.
ZEIT: Zum Beispiel?
Horn: Ich würde mir eine systematischere Aufarbeitung der Lehren aus der Krise in den Beratungsgremien wünschen. Dort ist man eigentlich zum Status vor der Krise zurückgekehrt – ohne Konsequenzen zu ziehen.
Kommentare
Schlag nach bei "Karli"
Würde man den "Ökonomen" mal öfters "Das Kapital" in die Hand drücken, dann würden deren Sinne wesentlich geschärft.
Jede Krise ist hausgemacht - entweder durch Überproduktion oder durch fehlende Kaufkraft der Bevölkerung wegen mangelhafter Verteilung der finanziellen Mittel innerhalb der Gemeinschaft.
Solange die Gehälter im staatlichen Überbau nicht wirklich der verfügbaren Geldmenge im Staatshaushalt entsprechen, solange bleiben auch die Steuern und Sozialabgaben oben und schmälern die Kaufkraft, vor allem die jener AN, die im mittleren und unteren Lohnsegment oft in keiner Weise leistungsgerecht entlohnt werden.
Oder anders gesagt:
Hat der Staat kein Geld, dann sind Lohnforderungen im öffentlichen Dienst ein Affront gegenüber all jenen, die durch Überstunden und mehrere Jobs versuchen, sich finanziell über Wasser zu halten!
Dem Schoß jeder Krise entschlüpft schon die nächste
Man kann sich ersparen, bei Karli nachzuschlagen, um zu wissen, dass die Ekonomie in der Krise ist. Sie ist nämlich fortwährend in der Krise. Wenn nicht aus diesem, dann aus jenem Grund. Eine Ekonomie ohne Krise hätte ergo alle Existenzfähigkeit verloren.
Primat der Politik muß zurückgewonnen werden
Als vor 20 Jahren der erste Ökonom die These von steigender Kaufkraft bei sinkenden Löhnen aufstellte, war dies zwar falsch, aber zumindest noch originell. Inzwischen ist die gesamte ökonomische Zunft auf die Linie der Kreativität eingeschwenkt mit den bekannten Folgen der Finanzkrise. Ökonomen werden uns da schwerlich wieder herausführen.
Es wird Zeit, daß die Politik wieder den Gestaltungsprimat beansprucht und sich Ökonomen wirder aufs Dienen, sprich Finanzieren beschränken, also auf das, was sie (hoffentlich) können. Vielleicht könnte der Atomausstieg hier so eine Art Wende einleiten.
Nicht Primat der Politik - das ist kompletter Unsinn, sondern:
Es muß heißen: Primat der Realität,
des Feldes der Realität, der Grund unseres Landes und der Länder der Welt, also dessen Analyse, gelten.
Das ist aber noch keine Politik, also rechtliche und verwaltenden Gestaltung der Rahmenbedingungen der Wirtschaft und sozialen Lebens, sondern eine Stufe nochmal davor!
Primat der Politik hieße zentrale nationale Volksgemeinschaft - wie in den 1930ern oder im Sozialismus.
what you get is what you pay for
natürlich wäre es vermessen zu glauben, dass die regierenden auch gleichzeitig die RICHTIGEN experten auf dem jeweiligen fachgebiet sein können.
was aber spricht denn dagegen, eine "bunte mischung" aus vielen experten streiten zu lassen mit dem ziel, das bestmögliche ergebnis zu erarbeiten?!
scheinbar werden doch all zu gerne lieber "fachleute" genommen, die ... => siehe betreff
Die Bundesregierung braucht neue wirtschaftliche Ideen,
was?..wo sind wir dann?...derr regierung hat sich daraus auszuhalten..