Ein großes Menschheitsrätsel ist noch immer ungelöst:
Wie funktioniert die Personalauswahl
in Deutschland? Knappe Antwort: gar nicht! Schon das Wort ist verräterisch: Firmen meinen, sie könnten "Personal" auswählen. Doch sie stellen Menschen ein. Das ist ein großer Unterschied. Wer "Personal" auswählt, fragt sich nur: Passt der Bewerber zur vakanten Stelle, so wie ein Schraubenschlüssel zur Schraube? Doch wenn die Aufgabe sich verändert, passt der Schlüssel schon nicht mehr!
Ein Mensch besteht aus seinem Charakter, seiner Fantasie, seinem Mut, seinem Entwicklungspotenzial. Ein Mensch darf schwach sein, darf irren, zweifeln, sich korrigieren. Bewerber dürfen all das nicht!
Die Personalauswahl sucht nach einem Roboter, der zu funktionieren verspricht – nach der risikoärmsten und damit mittelmäßigsten Lösung. Obwohl doch Mittelmäßigkeit, wie Goethe schrieb, von allen Gegnern der schlimmste ist!
Wer sein Studium in vier Jahren abgeschlossen hat, drei Fremdsprachen kann, Praktika bei renommierten Firmen vorweist und seine Positionen über mindestens drei Jahre ausgeübt hat, der gilt als Idealbewerber – obwohl er vielleicht nur ein Ideal-Anpasser, ein stinklangweiliger Typ ist. Mit einem solchen Kandidaten, denken Personaler, kann man nichts verkehrt machen.
Und genau das ist der Fehler! Wer bei der Auswahl nur Fehlgriffe vermeiden will, übergeht die Außergewöhnlichen . Wenn ein Bewerber Ecken und Kanten zeigt, Lücken im Lebenslauf, eine holprige Biografie, wird er mit spitzen Fingern aussortiert. Eine solche Auswahl hätte es nicht einmal gewagt, den ehemaligen Autonomen und Taxifahrer Joschka Fischer zum Portier des Auswärtigen Amtes zu ernennen. Aber wer war unser populärster Außenminister der vergangenen Jahre? Wer – unter all den Jublern in den Außenministerien – hat vor dem Irakkrieg den Satz "I am not convinced!" gewagt?
Gerade ein Anti-Stromlinien-Typ, dessen Lebenslauf Umwege aufweist, kann neuen Wind in ein Unternehmen bringen. Seine ungewöhnlichen Erfahrungen haben seinen Horizont erweitert. Seinen Kopf gebraucht er nicht nur zum Nicken. Und seine Leistungen gehen über Anpassungsleistungen hinaus.
Gute Personaler suchen nach ganzen Menschen, auch unbequemen. Wer beim Einstellen nichts riskiert, riskiert zu viel – Mittelmaß.
Kommentare
Nicht Aufträge ausführen sondern mit dem Chef ausdiskutieren?
Oder wo liegt hier die Weisheit?
So, So, wir sollten also nur noch Joschka Fischers einstellen
Oder was? Dabei hat der uns doch nach Afghanistan gebracht, da war er offensichtlich "convinced". Und der Beitritt Griechenlands zum Euro fiel auch in seine Regierungszeit. Aber macht ja nichts, er muss die Folgen ja nicht bezahlen und dafuer war er doch sooo beliebt.
Obwohl ich die Kritik dieses Personalberaters an der Auswahlpraxis durchaus nachvollziehen kann, sind seine Empfehlungen Kokolores. Die meisten von uns Menschen sind nun mal rein statistisch gesehen Mittelmass, ich wuerde mich aus so sehen, und da ist auch nichts schlimmes dran. Es kann Gott sei Dank! nicht jeder ein Joschka Fischer sein!
Genau
Finde ich auch: These völlig richtig, aber saublödes Beispiel.
Joschka Fischer, um Gottes Willen.
Personalentscheidungen Alleine vom "Personalchef?
"Der Personal Chef" ist schon als Alleinunterhalter ungeeignet Teamfähiges Personal ein zu stellen. Auch die Durchsicht eingereichter Bewerbung Unterlagen reichen für die Bewertung einer Qualifikation Heute nicht mehr aus. Es kann durchaus sein das ein Bewerber mit einem "Normalen" Schulabschluss besser für die Tätigkeit geeignet ist weil er z.B. über Fähigkeiten wie Dreisatz und Prozentrechnen, und Deutsche Grammatik verfügt, die bei manchem Realschüler oder Abiturienten so gut wie nicht vorhanden sind. Wie bestimme ich also ein "Mittelmaß???
Die Entscheidung für die Eignung eines Bewerbers sollte nach einer angemessenen Probezeit im Team getroffen werden. Das vorhandene Team muß schließlich mit dem "Neuen" zurecht kommen um im Wirtschaftlichen Bereich, gemeinsam Effizient zusammen zu Arbeiten. Diese Erfahrungen, das gilt auch für die im Team selbstständig verwaltete Dienstplan Gestaltung, haben mich bislang noch nicht enttäuscht. Einen Personal Chef im klassischen Stiel gibt es bei uns nicht.
Der normale Schulabschluss
"Es kann durchaus sein das ein Bewerber mit einem "Normalen" Schulabschluss besser für die Tätigkeit geeignet ist weil er z.B. über Fähigkeiten wie Dreisatz und Prozentrechnen, und Deutsche Grammatik verfügt, die bei manchem Realschüler oder Abiturienten so gut wie nicht vorhanden sind."
Nur mal der Neugier halber: Was verstehen Sie unter einem "normalen" Schulabschluss, wenn nicht den Realschulabschluss oder das Abitur? Mir kamen diese beiden Abschlüsse jedenfalls immer recht normal vor, da ja die meisten Menschen in Deutschland einen der beiden in der Tasche haben dürften.
Im Kern hat doch der Autor recht
Es war vielleicht etwas übertrieben ausgerechnet Joschka Fischer als Beispiel zu nehmen.
Sich dadrauf einzuschiessen geht aber meilenweit am Kern deutscher "Managementkunst" vorbei.
Man sucht nämlich genau das was hier beschrieben wird, einen (studierten) Spezialisten der sofort alles kann was gerade in dieser Firma läuft. Einen Scheuklappenjongleur sozusagen.
Ein solches Denken zeigt die Unfähigkeit des Top Managements, nicht nur der Personaler.
Viele oben an der Spitze haben doch selbst ausser einem BWL Studium nichts weiter zwischen den Ohren, kennen weder das operative Geschäft, noch haben sie irgendwelche Ahnungen von Innovationen und zukünftigen Entwicklungen.
Ihre "Finanzer" brillieren durch Streichungen, Entlassungen, "strategische" Verkäufe von Firmenteilen bis kein Fleisch mehr da ist.
Der Beweis: das Sterben renommierter deutscher Firmen und Industriezweige der letzten Jahrzehnte und der Gegenwart.
Man hat dort so quasi ALLES verschlafen was am Horizont zu sehen war - und bis heute nichts dazugelernt.
Das ist noch schlimmer als Mittelmass!
Der Personaler dabei ist nur so gut oder so schlecht wie es die Firmenführung erlaubt.