Wasser, so weit das Auge reicht. Blåsjø, Norwegens größter Stausee, dehnt sich als künstliche Seenplatte über eine Fläche von fast 100 Quadratkilometern. Die von Eiszeitgletschern abgehobelte Felslandschaft ist menschenleer, auf gut tausend Meter Höhe bietet nur der Sommer eine kurze, schneefreie Phase, schon im September kann der Frost zurückkehren.
Inzwischen sind Unmengen Schmelzwasser in den Stausee geströmt, 14 Dämme halten es zurück. Vollständig gefüllt, fasst Blåsjø genug Wasser, um tief unten in den zugehörigen Kraftwerken so viel Strom zu erzeugen, wie ganz Deutschland an fünf Tagen verbraucht (7,8 Terawattstunden).
"In Norwegen verfügen wir über die Hälfte der gesamten europäischen Speicherkapazität für Wasserkraftwerke", sagt Kristian Løksa, Sprecher des staatlichen Energieunternehmens Statkraft. "Damit könnten wir die schwankende Erzeugung erneuerbarer Energie in Mitteleuropa ausgleichen." Produziert Deutschland, etwa bei starkem Wind, überschüssigen Strom, dann ließe sich damit Wasser hochpumpen in die Speicherseen auf den norwegischen Fjells, den baumlosen Hochflächen.
Bei Strommangel, etwa wegen Flaute, schießt das Wasser wieder hinab durch die Turbinen und hilft, die Lücken im deutschen Stromnetz zu füllen. "Norwegen wird zum Akku Europas", verkünden unisono Energieunternehmen und die Regierung in Oslo. Tatsächlich haben einige deutsche Studien die nordischen Speicherkapazitäten längst in die Energieszenarien für den Atomausstieg eingeplant. Doch ob sie tatsächlich erschlossen werden können, ist noch keineswegs sicher.
Am leichtesten lösbar sind noch die technischen Probleme. Schwerer wiegen Umweltbedenken und unklare wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Außerdem sind längst nicht alle Norweger begeistert von der Idee, ihr Land in den Akku Europas zu verwandeln. Gegen jede der hierzu notwendigen neuen Hochspannungstrassen kämpft eine Bürgerinitiative. Wer sich zwischen Fjells und Fjorden umhört, stößt schnell auf eine Konfliktlinie, die auch in Deutschland immer sichtbarer wird: ökologisch motivierte Großprojekte treffen vor Ort auf ökologisch begründeten Widerstand – Grün streitet gegen Grün.
Ein halbes Dutzend Zelte kleben an einem steilen Hang 600 Meter oberhalb des Hardangerfjords. Davor qualmt ein Lagerfeuer im Nieselregen. "Wir haben hier den Bauplatz eines Monstermasts besetzt", erklärt Håvard Gjerde. Der Aktivist mit langen Locken und Vollbart trägt seine kleine Tochter Agathe auf dem Arm. "Jeden Morgen gegen halb acht schicken sie einen Helikopter vorbei, um zu gucken, ob wir noch da sind", berichtet seine Mitstreiterin Reidun Sleire. Die 56-jährige Bäuerin hat zwei Tage mit Schlafsack und Isomatte im Camp verbracht. "Solange wir hier sind, lassen sie den Bauplatz in Ruhe", sagt sie, "aber blieben wir nur eine Nacht weg, würden sie den Mast sofort aufstellen."
Kommentare
Es ist noch besser
Pumpspeicher haben Verluste von 20-30%. Wenn Norwegen den dt. Strom aber direkt verbraucht (immerhin sind dies durchschn. 15GW) muß dieser nicht verlustreich höher gepumpt werden. Die Norweger lassen solange eben einfach das Wasser in den Speichern. Damit gibt es nur die Verluste der HGÜ die nur einige % beträgt. Man merkt dass Pumpspeicher in Norwegen also gar nicht fürs Speichern gebraucht werden.
Nicht vergessen darf man aber daß überschüssiger dt. Strom auch per Druckelektrolyse als Wasserstoff gespeichert werden kann. Das mit hohen Wirkungsgraden, die Fallfilmelektrolyse erreicht 94% !
Im Erdgasnetz kann das H2 beigemischt werden, man könnte es sogar 100% H2 betreiben. Die Transportkosten im Gasnetz betragen 0,7 Cent/kwh, im Stromnetz wären es 9,2 Cent/kwh.
Mehr dazu auf den Seiten von Karl-Heinz Tetzlaff: www.bio-wasserstoff.de
Fände ich...
...auch besser. Wir machen uns nur wieder abhängig (und damit korrumpierbar) von anderen Ländern. Wenns günstig ist und schnell geht, warum nicht, aber langfristig ist nur Eigenversorgung nachhaltig, sicher und wünschenswert.
Wann kehrt Vernunft ein?
Entfernt. Bitte beteiligen Sie sich sachlich und konstruktiv. Danke. Die Redaktion/lv
Wenn nicht von denen...
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Anfeindungen und Pauschalisierungen. Danke. Die Redaktion/vn
Warum nicht...
... eine ganz dicke Stromleitung, die einmal um die Welt geht,, möglichst mehrmals gewickelt.
Zu jeder Zeit ist mal irgendwo Sommer, zu jeder Zeit ist irgendwo Winter, zu jeder Zeit wird irgendwo mehr verbraucht, zu jeder Zeit wird irgendwo mehr hergestellt. Alle speisen in das Kabel, alle nehmen sich von dem Kabel.
Und wer am Kabel rumschipselt kriegt von US-Bomben einen aufn Kopp.
Leitungsbau eine Frage der Kosten?
Wenn die breite Zustimmung zum Leitungsbau davon abhängt, dass er nicht das Landschaftsbild stört und unter der Oberfläche verlegte Kabel keinen Widerstand der Anlieger hervorrufen, frage ich mich, warum es nicht schon längst geschieht. Bisher hörte ich es wäre doppelt so teuer. Hier im Artikel erhöhen sich die Mehrkosten um das Fünffache.
Wenn damit dem Frieden gedient ist, sollten die Netzbetreiber diese Summen aufbringen. Ich hege den Verdacht, dass über das Kostenargument der zügige Netzausbau verschleppt werden soll, da er einer Dezentralisierung des Strommarktes Vorschub leisten würde. Die jetzigen Stromriesen wollen so neuen und damit unliebsamen Mitbewerbern den Marktzugang erschweren.
Würde ein rascher unterirdischer Ausbau nicht volkwirtschaftlich günstiger sein als ein ewig juristisch scharmützeltes KleinKlein? Politischer Handlungsbedarf!
Sehe ich genauso...
...und die Presse kann hervorragend über angebliche *Wutbürger* ablästern. Ich verstehe auch nicht, warum man das Zeug nicht unter Straßen und Schienen verbuddeln kann, dann spart man sich die Streitereien mit Eigentümern. Allerdings kenne ich da die technische Seite zu wenig...