Den Zuschauer interessiert mehr, für welches Programm die ARD das Geld ausgibt. Wie viel gibt sie für Unterhaltung aus, wie viel für Information? Dem Selbstverständnis einer Behörde entsprechend reden Verantwortliche gern von "meinem" Programm – dabei stellt Paragraf 11 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien klar, dass die Ausgabenpolitik nicht in das Belieben der Sender gestellt ist. In dieses Grundgesetz von ARD und ZDF haben die Gründer hineingeschrieben: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hätten "Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu bieten. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten." Nicht nur diese Kriterien scheinen weitgehend aus dem Blick geraten zu sein, das gilt auch für die Reihenfolge ihrer Nennung. Im Jahr 2011 gaben die neun ARD-Landesrundfunkanstalten 249 Millionen Euro für Unterhaltung aus. Im gleichen Zeitraum ließ sich die ARD die Abteilung "Informationen" nur wenig mehr, rund 285 Millionen Euro kosten.
Von August 2012 an übertrug das ZDF erstmals die Champions League. 18 Live-Spiele für 54 Millionen Euro, also drei Millionen Euro pro Match. Davor lief die Königsklasse auf Sat.1, die Senderechte kosteten weniger und waren aus den Werbeeinnahmen finanziert. Der Produzent Günter Rohrbach, unter anderem bekannt durch den Film Das Boot, meinte dazu: "Wir Bürger bezahlen 50 Millionen für etwas, das wir bereits hatten, ohne dieses Geld. Haben wir da ein gutes Geschäft gemacht?" Die Gebührenzahler nicht, ARD und ZDF schon. Fußball bringt junge Zuschauer und eine verlässlich hohe Quote. Und plötzlich haben die Öffentlich-Rechtlichen wieder eine Berechtigung mehr, Gebühren zu verlangen.
"Wer die großen Namen hat", so der ehemalige Programmplaner, "der ist auch ein großer Sender!" Kaum ein Satz habe sich in das Bewusstsein der Fernsehchefs tiefer eingegraben. "Einen Gottschalk muss sich ein Leuchtturm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks leisten können." Dann werde "über Geld auch nicht gesprochen, das ist Teil des Herrschaftswissens". Namen wie Günther Jauch sollen die Quote nach oben treiben, zu welchem Preis, wird in diesem Kosmos nicht verraten. Selbst um den nicht so bekannten Moderator Jörg Pilawa soll jüngst eine kleine Bieterschlacht entbrannt sein. Im Jahr 2009 wechselte er vom Ersten zum Zweiten, von 2014 an ist der verlorene Sohn wieder bei der ARD zu sehen.
Senderechte und Gesichter – darum geht es, dafür geben die Öffentlich-Rechtlichen die Gebühren gern aus. Doch der Wunsch, Quotengaranten zu ergattern, lässt den ursprünglichen Programmauftrag aus dem Blickfeld geraten.
Dokumentationen von Leuten wie dem kürzlich verstorbenen, mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Regisseur Horst Königstein (Die Manns – ein Jahrhundertroman) sendete der NDR unlängst von 23.50 Uhr bis fünf Uhr früh, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. "Das verstehen die Zuschauer nicht", heißt es dazu oft in der Redaktion, wenn gleichzeitig besondere Filme im Nirgendwo verschwinden. "ARD und ZDF sind im Wettbewerb mit den privaten Sendern gefangen", sagt der Münchener Dokumentarfilmer Stefan Eberlein. "In den vergangenen Jahren gibt es eine Verschiebung der Budgets Richtung Sport und Unterhaltung."
Eberlein produziert Dokumentarfilme für ARD und ZDF, für eine Beitrag zur Reihe 37 Grad bekommt er zwischen 11.000 und 13.000 Euro. Darin enthalten sind die Recherche, das Schreiben eines Drehbuches, Kamera und Schnitt. Bei einem sensiblen Thema kann das alles schon mal ein paar Monate dauern. Regisseure dokumentarischer Filme kämen deshalb im Schnitt, hat der Bundesverband Regie in Berlin errechnet, auf einen Stundenlohn von 22 Euro brutto. "Wir bekommen immer weniger", klagt Eberlein, "auf der anderen Seite werden wir aber gebraucht. Wir sind das Deckmäntelchen, damit die Öffentlich-Rechtlichen von sich sagen können: Wir erfüllen den Programmauftrag!"
Bad ARD, good ARD: Wie sich das Fernsehen reformieren ließe
Höchste Zeit für Reformen? Zu den wenigen, die sich mit vollem Namen zur Sache äußern wollen, gehört Gerhard Schmidt, seit fast 50 Jahren Fernsehproduzent in Köln, vor allem für den WDR. Seine Firma Gemini sitzt zentral zwischen Sender und Dom. Schmidt, 71 Jahre alt, hat fast alle Filme mit Günter Wallraff gemacht, dazu Serien, Spielfilme, Dokus aller Art. Sein Urteil: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nicht reformierbar. In den Sechzigern wurde dieser föderale Bürokratiewahnsinn von der Politik verordnet, und er wächst sich weiter aus, mit immer neuen Tochtergesellschaften, die sich der öffentlichen Kontrolle entziehen."
Kommentare
38% an Personalkosten....
...nicht zu fassen...
da machen Menschen Fernsehen für Menschen.
Und diese Menschen wollen auch noch von ihrer Arbeit leben können...
Ob allerdings ein Herr Gottschalk üppige 6 Millionen Euro pro Jahr bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten "verdienen" muss, sollte vielleicht doch mal überprüft werden...
http://www.gehaltsreport....
Verschlüsseln!
Als Zwangsmitglied sage ich, die öffentlich Rechtlichen verschlüsseln, wer es sehen will, soll eben zahlen! Der Staatsfunk ist eh zum Sprachrohr der Parteien verkommen.
"Staatsfunk"
Wenn sie "den Staatsfunk" zu späteren Zeitpunkten anschauen würden könnten sie feststellen, das einige Sendungen als Sprachrohr der Parteien nicht taugen.
Wie scheinheilig doch einige Kritiker der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind,beweist das Beispiel Henryk M. Broder, der die GEZ als "Gestapo light“ bezeichnete und auch mit "Kritik" an ARD,ZDF oder 3SAT nie besonders sparsam umgeht,erhält in der ARD einen Sendeplatz für seine Sendung "Die Deutschland Safari", wofür er sicher aus dem GEZ-Topf auch ein hübsches Sümchen erhalten dürfte.
Jacob Augstein hat dagegen Recht wie ich finde.
http://www.spiegel.de/pol...
Nein! Doch! Oh!
Da werden Arbeitskräfte doch TATSÄCHLICH ganz ordentlich bezahlt! DAS kann ja wohl nicht angehen! Da müssen wir schnell auch hier zu befristeten Verträgen, und zu Werk- und Leiharbeit übergehen - nicht dass diese Leute dann im Alter womöglich noch davon leben können!
Also sparen wir doch lieber auch hier an den Menschen, statt vollkommen überteuerte Prestigeshows einzustampfen! Holt am Besten den Thommy zurück und zahlt ihm das Doppelte - so ein Pfundskerl kann es schliesslich besser gebrauchen als die niedrigen Angestellten!
Da werden Arbeitskräfte doch tatsächlich noch anständig bezahlt
Nein - Nicht alle !
Obwohl die öffentlich rechtlichen Sender ja oft und zu recht
das Outsourcing und die schlechte Bezahlung der Fremdfirmenmitarbeiter kritisieren machen sie selber es nicht besser !
Das Wachpersonal wird meisten nur nach dem (lächerlichen!) Standart-Tarif bezahlt und für das Reinigungs gibt es Vorgaben, die kaum zu schaffen sind ohne dass man sich immer regelrecht abhetzt.
Viel Meinung, einige Vorurteile und sehr wenig Information
Der guten Ordnung halber hätte man den angeblich hohen Personalausgaben einmal die Anzahl der festangestellten und freien Mitarbeiter gegenüberstellen müssen, möglicherweise noch differenziert nach Qualifikation und Funktion. Dafür wäre aber eine aufwendige Recherche notwendig gewesen, die man dennoch weitestgehend Online hätte durchführen können.
Die Geschäftsberichte der ARD Anstalten sind übrigens für jedermann einsehbar auf den jeweiligen Seiten der Sender, kostenlos. Ebenso die der Tochterfirmen, die als Kapitalgesellschaften ihre Bilanzen im Bundesanzeiger veröffentlichen müssen, ebenso kostenlos einsehbar.
Die von den ARD Anstalten gegründeten Tochterfirmen sind gewinnorientierte Unternehmen, die aus rechtlichen Gründen nicht unter dem Dach der öffentlich-rechtlichen Anstalten betrieben werden dürfen. Diese Tochterfirmen wurden übrigens vermehrt nach der durch Herrn Kohl geförderte Einführung des privaten Fernsehens gegründet.
Was bleibt, ist aus meiner Sicht eine Neiddebatte, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Misskredit zu bringen. Denn es ist sicherlich kein Fortschritt, wenn auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Beschäftigten für Niedriglöhne arbeiten sollen. Das ist schon in der "freien Wirtschaft" eine Zumutung ohnegleichen.
Ach, und die Tochterfirmen aus meine Beiträgen finanziert?
Oder gleich Kreditfinanziert, wozu als Sicherheit zur not auch meine Beiträge hätten herhalten müssen?
Die Niedriglöhne wird es im Öffentlich - Rechtlichen schon geben, wenn man in der Hierarchie nicht ganz nah an den Futtertrögen sitzt! Bei den Tochtergesellschaften wirds dann wohl noch Schlimmer sein.