Geld mit Geld verdienen – das war gestern. Heute scheinen die Guthaben geradewegs dahinzuschmelzen. Vergangene Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins noch einmal gesenkt. Nur ein Viertel Prozent müssen die Banken bezahlen, wenn sie sich bei der Notenbank Geld borgen. Entsprechend mickrig sind die Beträge, die sie ihren eigenen Sparkunden gutschreiben – sie gleichen die Inflation oft nicht einmal aus.
In Deutschland, dem Land der Sparer, sorgt das für Aufregung. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, warnt vor den "Risiken der Niedrigzinspolitik", und für Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon nimmt die Notenbank "quasi eine Enteignung" der Sparer vor.
Im Oktober stiegen die für die Verbraucher bedeutsamen Preise mit einer Rate von 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Wer sein Geld auf einem Sparbuch hat, erleidet einen Kaufkraftverlust von durchschnittlich 0,85 Prozent. Bei einem Guthaben von 30.000 Euro beträgt das Minus 255 Euro pro Jahr.
Deshalb fürchten Millionen Deutsche um ihre private Altersvorsorge, und Experten ziehen Parallelen zu den fünfziger und sechziger Jahren, als die nach dem Krieg hoch verschuldeten westlichen Regierungen ihre Bürger dazu zwangen, das Ersparte in niedrig verzinsten Staatsanleihen anzulegen, um so die Zinsausgaben zu drücken.
Müssen die Sparer jetzt für den Euro bluten?
Es geht jedenfalls um sehr viel Geld. Nach Berechnungen der Allianz sind den Deutschen im Jahr 2012 Zinseinnahmen in der Größenordnung von 5,8 Milliarden Euro entgangen – so viel mehr an Zahlungen hätten sie erhalten, wenn die Zinsen auf dem Vorkrisenniveau gelegen hätten.
Das Problem an solchen Analysen ist, dass sie von interessierter Seite kommen. Die Allianz verdient ihr Geld mit Lebensversicherungen, die sich wegen des Zinstiefs nicht mehr gut verkaufen. Und auch die Sparkassen bangen um ihr Geschäft.
Tatsächlich ist die Sache komplizierter, als es die Klagen aus der Kreditwirtschaft nahelegen. Als Zinsgewinn kann nur verteilt werden, was erwirtschaftet worden ist. Deshalb orientiert sich das Zinsniveau in aller Regel am Wachstum. Derzeit wächst die Wirtschaft in den Industriestaaten kaum – und so gibt es nur niedrige Zinsen. Das gilt nicht nur für die Euro-Zone, sondern auch für Großbritannien, die USA und die grundsolide Schweiz.
Wenn die Notenbank versuchte, die Zinsen anzuheben, um den Sparern eine bessere Verzinsung ihrer Guthaben zu sichern, könnte das der Konjunktur schaden. Die Währungshüter wären dann eventuell erneut gezwungen, ihre Geldpolitik zu lockern, um die Arbeitslosigkeit im Zaum zu halten. Erst wenn die Weltwirtschaft wieder anspringt, dürften deshalb die Zinsen nachhaltig steigen. Das bedeutet auf lange Sicht: Wenn die Zinssenkung der EZB dazu beiträgt, dass sich die Konjunktur erholt und Europa eine Dauerkrise erspart bleibt, haben sich die niedrigen Zinsen als segensreich für die deutschen Sparer erwiesen.
Hinzu kommt: Ein großer Teil der deutschen Sparguthaben ist in den hoch verschuldeten Mitgliedsstaaten der Währungsunion investiert. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung beziffert den Wert der deutschen Anlagen in den Euro-Ländern auf einen dreistelligen Milliardenbetrag. Würde die EZB die Zinsen anheben und einige Länder in die Pleite treiben, müssten die Deutschen einen Teil des Betrags abschreiben.
Anders als in den fünfziger und sechziger Jahren können die Sparer ihr Kapital heute eben auch im Ausland anlegen – oder auf inländische Anlagen ausweichen, die reale Renditen abwerfen. Und davon gibt es einige. Mit einem fünf Jahre lang laufenden Sparbrief – der jährlich 1,5 Prozent Zinsen abwirft –, lässt sich eine Inflation in der gegenwärtigen Höhe ausgleichen. Mit sicheren deutschen Staatsanleihen kann man die Geldentwertung sogar mehr als kompensieren, zehnjährige bringen rund 1,7 Prozent.
Zudem haben die Sparer in den vergangenen Jahren davon profitiert, dass die Inflationsraten niedriger ausfielen, als bei den Spar- und Anleihezinsen einkalkuliert worden war. Im Krisenjahr 2009 betrug die Inflation sensationell niedrige 0,4 Prozent, 2010 waren es auch nur 1,1 Prozent – die gezahlten Zinsen lagen erheblich darüber.
Kommentare
Die Kapital gedeckte Rente ist ökonomischer Unsinn
Diese Aussage ist allerdings nur dann richtig, wenn man unter Ökonomie das Wirtschaften und Haushalten in der Realität versteht und sich nicht auf Aussagen der Finanzmathematik ohne Bezug zu den Risiken des Lebens beruft.
Die Politik hat und hatte daher seit 100 Jahren die richtige und einzig wahre Lösung: die Umlagerente. Doch die Umlagerente basiert auf dem Solidariätsprinzip und kann nicht Leistungen nach dem Zinseszinsprinzip versprechen, was man seit den 30er Jahren von Rechtspopulisten den Menschen versprochen hat.
Es muss also beides geben. Eine gesicherte Rente aus dem Solidaritätsfont, in dem allerdings alle einzahlen müssten, sowie die Möglichkeit zur Kapital gedeckten Rente, wobei diese eben niemals sicher sein wird im Gegensatz zur Umlage finanzierten Rente, deren Höhe allerdings nicht sicher sein kann.
Und zu guter Letzt: jede Rentnergeneration lebt vom Einkommen ihrer Kinder, denn ohne die Wirtschaftsleistung der erwerbstätigen Bevölkerung ist weder Zinseinkommen für die Kapitalrente noch Umlagezahlungen aus der Solidarrente.
Jede Rentnergeneration lebt vom Einkommen ihrer Kinder ...
... und das heißt: die Alten müssen dafür sorgen, dass unser Wirtschaftssystem ewig weiter wächst. Die Alten können notwendige Veränderungen nicht befürworten, weil sie von dem System, so wie es ist, 100%ig abhängig sind.
... und das heißt: die jungen Leute werden schon vor ihrer Geburt in eine neue Art Sklavensystem eingebunden, das umso wirksamer ist, weil der Sklavenhalter, die eigenen Eltern, sich hinter einer immens aufgeblähten Staats- und Verwaltungsstruktur verstecken.
Ich bin jenseits der 50, finde es aber furchtbar, wenn junge Generationen auf diese Weise von vorneherein verplant und um ihre Zukunft betrogen werden.
Und der Plan geht nicht auf. Das Einkommen der Kinder bleibt irgendwo in der Staats- und Verwaltungsstruktur stecken, versickert dort in dunklen Finanzkanälen und sorgt dafür, dass jung und alt von der Gnade einer neuen Oligarchie abhängig werden.
Klare Worte? - Mitnichten.
> Heute scheinen die Guthaben geradewegs dahinzuschmelzen. < scheinen???
> sie gleichen die Inflation oft nicht einmal aus < oft nicht???
> Mit einem fünf Jahre lang laufenden Sparbrief – der jährlich 1,5 Prozent Zinsen abwirft –, lässt sich eine Inflation in der gegenwärtigen Höhe ausgleichen. Mit sicheren deutschen Staatsanleihen kann man die Geldentwertung sogar mehr als kompensieren, zehnjährige bringen rund 1,7 Prozent. <
Unsinn. Die Inflationsrate hat nichts mit der tatsächlichen Kostensteigerung zu tun, die bei etwa 3,8% liegt (Strom, Gas, Wasser, Treibstoff, Mieten ... also das tatsächliche Leben). Und es geht auch nicht nur um Sparguthaben für die Alterssicherung sondern vornehmlich um Lebens- und Rentenversicherungen die laut einem Bericht im Fernsehen Verluste bis zu 25% (bis jetzt) erlitten haben.
Der Artikel versucht die Maßnahmen der EZB schön zu reden.
Allerdings!
Und dazu noch mit billigen Tricks und Halbwahrheiten!
Jornalismus ist etwas anderes, diesen Artikel würde ich bestenfalls als Werbung bezeichnen, kritischere Menschen als ich vielleicht sogar als Volksverdummende Propaganda...
Beispiele?
"Wer wenig Geld zur Verfügung hat und seine Ersparnisse auflösen muss, wenn ein Auto oder eine Waschmaschine kaputtgeht, den können solche Schwankungen ruinieren."
Mal so eben nebenbei bemerkt...
Meine Herren Autoren - wievielk Prozent der Bundesbevölkerung sind das?
Für wie viele "sind Aktien nichts", und wie viele haben ein Aktienpaket über hunderttausend...???
Auch schön:
"Zu dem realen Verlust von 500 Euro pro Jahr kommen noch 280 Euro an Steuern, wenn der Anleger mit seinen Kapitaleinkünften die Freibeträge anderweitig ausgeschöpft hat."
Was ist das für eine Milchmädchenrechnung? Oder ist es schon bewusste Irreführung des Lesers...???
Wenn er seine Freibeträge "anderweitig ausgeschöpft hat", unser armer armer Sparer, dann hat er auch "anderweitig" Kapitalerträge eingefahren!
Vielleicht mit dem oben erwähnten Aktienpaket 13.500 Euros (wenn er Aktien und Festgeld 1:1 gesplittet hat)
Wie sieht Ihre Rechnung dann aus?
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Allenhalben wird beklagt, daß der Michel zu wenig Ahnung von Finanzen hat.
Bei solchen Artikeln wissen wir auch weshalb...
"könnte das der Konjunktur schaden"
Was ""das der Konjunktur" schadet ist, dass die breite Masse kein Geld hat, "der Wirtschatft" ihre Waren abzukaufen, bzw. ihre Kapazitäten auszuschöpfen, um sie dann zu erweitern.
Deflation allenthalben.
Es braucht niemand Geld - jedenfalls niemand, der etwas sinnvolles damit anfangen könnte.
"Niemand will mehr Schuldner sein"
(H.Flassbeck)
Weg damit!
Ich habe vor drei Jahren ein Tagesgeldkonto eröffnet, damals gab es 4% Zinsen. Heute gibt es irgendwas leicht über 1%. Glücklicherweise bin ich aber 2012 so gut am ackern gewesen, dass ich 10000€ mehr Gewinn erwirtschaftet habe. Dafür bin ich dann steuerlich mit 8000€ Nachzahlung belohnt worden. Vom Mehrgewinn verbleiben also noch schnöde 2000€, aber die bekommt ja mein Steuerberater. Ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt mein Tagesgeldkonto abräumen darf, um A die Nachzahlung für 2012, und B die angepasste Vorauszahlung für 2013 zahlen zu können. Das ganze Geld, was ich eigentlich die letzten Jahre gespart hatte, ja, fürs Alter, das geht jetzt an den Staat als Steuern. Ich habe sofort reagiert, und einen Kunden abgeschossen. Warum soll ich ackern bis zur [...]grenze? Nö, ich arbeite jetzt weniger, verdiene weniger, zahle weniger Steuern und spare weniger fürs Alter. Ich hab mein Leben lang nie staatliche Unterstützung gebraucht, aber wenn ich alt sein werde, was nicht mehr so lang hin ist, dann werden sie mich alimentieren müssen. Mit spätestens 70 werde ich dem Staat auf der Tasche liegen. Grundsicherung. Ist aber dann OK für mich, kann mich ja niemand in dem Alter mehr zwingen zu arbeiten, haha. Und meine Penunzen haue ich jetzt auch nicht mehr nur fürs Steuernachzahlen raus, sondern für allen möglichen Mist, hauptsache weg damit.
Gekürzt. Bitte bemühen Sie sich um eine angemessene Wortwahl. Danke, die Redaktion/sam