Vergoldete Wasserhähne, antike Möbel, ein privater Golfplatz hinter dem Haus und eine Garage voll schicker Sportwagen: Als die Ukrainer nach der Flucht des entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch dessen Wohnsitz zum ersten Mal bestaunen durften, fanden sie ihren Aufstand im Nachhinein einmal mehr gerechtfertigt. Wer so schamlos im Luxus schwelgt, kann nicht sauber regiert haben. Der muss noch korrupter sein, als sich das selbst die wütendsten Demonstranten auf dem Maidan hätten vorstellen können. Der gehört abgesetzt.
Zwar ist jede Revolution anders. Doch zumindest in einem Punkt gleichen sich derzeit die meisten: Egal ob in der Ukraine, in Venezuela, Ägypten oder der Türkei – immer demonstrieren die Bürger laut gegen die Bestechlichkeit ihrer Eliten. Dort, wo die Despoten stürzen und ihre Paläste gestürmt werden, bestätigt sich der Vorwurf. Das war bei Janukowitsch so wie bei Muammar al-Gaddafi, beim ehemaligen tunesischen Machthaber Ben Ali wie beim Ägypter Hosni Mubarak. Und überall lautete deswegen auch der erste Vorsatz ihrer Nachfolger: Die Korruption muss aufhören.
Doch geht das so einfach? Kann man Korruption schnell ausrotten und verhindern, dass die Nachfolger der korrupten Eliten den gleichen Versuchungen erliegen wie ihre Vorgänger? Gibt es allgemeingültige Rezepte gegen Korruption?
"Ja", sagt Peter Eigen bestimmt. "Am wichtigsten ist Transparenz." Der ehemalige Manager der Weltbank hat vor zwei Jahrzehnten die Organisation Transparency International (TI) gegründet. Heute kämpft sie in 112 Ländern mit nationalen Büros gegen Korruption, veröffentlicht Studien und Rankings und berät Regierungen. Weltweit kann keine Organisation so viel Erfahrung mit bestechlichen Politikern, halbseidenen Regierungen und unsauber arbeitenden Unternehmen vorweisen. Und keine hat den Mentalitätswandel, den es im Zusammenhang mit Bestechung und Bestechlichkeit auf der ganzen Welt gab, genauer verfolgt.
Eigens Zuversicht gründet auf Erfahrungen wie jener mit Georgien. Ausgerechnet diese ehemalige Sowjetrepublik, die nach dem Fall der Mauer eines der korruptesten Länder der Welt war, hat sich in nur einem Jahrzehnt in ein Vorzeigeland verwandelt. Nach der Rosenrevolution 2003, in der das Volk die postkommunistische Regierung verjagt hat, lag Georgien noch am Ende der TI-Korruptionsliste, heute steht es bereits auf Platz 55. Damit hat es 100 andere Länder überholt und schneidet besser ab als Italien.
"Georgien zeigt, dass Korruption kein Produkt einer traditionellen lokalen Kultur und damit also nicht mehr oder weniger unvermeidlich ist", sagte Weltbankvize Philippe Le Houérou, als er Anfang des Jahres eine große Studie der Bank über das Land vorstellte – die auch gleich mit mehreren Vorurteilen aufräumte: Erstens beweist sie, dass die politische Kultur eines Landes veränderbar ist. Zweitens, dass auch ein armes Land sein politisches System von Bestechung säubern kann. Und drittens, dass Korruptionsbekämpfung keine Geheimwissenschaft ist: Noch vor zehn Jahren mussten die Georgier beispielsweise für fast jede staatliche Leistung, vom Führerschein bis zum Studienplatz, Schmiergeld bezahlen. Durch eine geschickte Mischung aus "null Toleranz", kluger Kontrolle, dem Rückbau der Bürokratie, neuen Leuten und viel öffentlicher Debatte schaffte die Regierung jedoch den Wandel.
Dass Regierungen sich dieses Problems annehmen, ist relativ neu. "Noch vor 20 Jahren hat sich niemand für Korruptionsbekämpfung interessiert", erinnert sich Eigen von TI. Damals sei es "normal, notwendig, raffiniert, verdienstvoll" gewesen, wenn Siemens, MAN oder andere im Ausland bestochen bestachen. Das tat man eben. In den meisten Industrieländern (auch in Deutschland) konnten die Unternehmen das Schmiergeld sogar von der Steuer absetzen. Die Bestechlichkeit mancher Regierung galt als eine Art natürliches Übel, über das man besser schwieg. Zu übermächtig erschienen zudem die Interessen derjenigen, die davon profitierten. Zu aussichtslos ist der Kampf.
Kommentare
Nur naive gute Menschen glauben, ...
... dass Korruption jemals "besiegt" werden könnte. Es wäre gegen die Natur, deren Gesetze stärker sind, als alle Träume der guten Menschen. Korruption ist eine existentielle Kulturfrage, aber nicht das "Sein" sondern das "Wie".
Gegen die Natur
Grundsätzlich will der Mensch von Natur aus keinem anderen schaden, deshalb liegen sie auch falsch. Es sind einige wenige die mit ihrer Gier andere beeinflussen, aber auch nur weil man ihnen die Möglichkeit dazu gibt.
Transparenz und ein zufriedenes Leben sind die größten Gegner der Korruption und deshalb kann man die zur Bedeutungslosigkeit verdammen. Nur wer von vorne herein schon aufgibt, geht als Verlierer aus dem Kampf hervor.
"...Erfolg der friedlichen Revolution..."
100 Tote - friedlich für gute Menschen.
100 Tote - gewalttätig für Andere.
Mehr Transparenz in den politischen Prozessen
Es muss mehr Transparenz über die politischen Prozesse und bilateralen Verträge geben oder z.B. dem EU Assoziierungsabkommen geben. Viele Verträge im Finanzbereich bei großen Krediten und Derivate oder Anleihegeschäfte sind dem Bürger unbekannt.
Dennoch sollte es auch keine Übertreibungen geben wie bei Wulff. Ein Politiker muss auch gute Kontakte zur Wirtschaft haben, aber sollte sein Netzwerk und die Interessen offenlegen.
Nebenverdienste sollten Politiker nicht haben, entweder 100% Politiker aber nicht 40% Bundestag und 30% eigene Kanzlei und 30% intransparente Pflege eines Lobbynetzwerks.
Korruption
Der Begriff "Korruption" beschreibt den Kampf zwischen Bürger- und Kapitalvertetern um die Vorherrschaft in der Gesellschaft.
Wo der Kampf noch tobt, beschreibt Korrption, wie Bürgervertreter gekauft werden.
Ist der Prozess zugunsten der Kapitalvertreter abgeschlossen, ist nach klassischer Definition Faschismus realisiert:
„die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Gergi Dimitroff)
Die westliche Welt ist auf diesem Weg schon fast am Endpunkt angelangt.
Wer sich auf das Glatteis einer Ideologie begibt
kommt zu wertlosen Aussagen. Als der korrupteste Staat der Welt, gilt Nordkorea. Grundsätzlich gilt: je autoritärer die Staaten, desto mehr Korruption. Diese Korrelation ist bekannt und gut erforscht.
Sie schimpfen auf den Westen. Haben Sie jemals in einem korrupten Staat gelebt?