Die Heterosexualität allerdings, zu deren Anwalt Pirinçci sich aufschwingt, bemüht sich – das macht den beispiellos obszönen Sound dieses Buches aus – auf keiner Seite um Harmlosigkeit, Dezenz oder den guten Ton. Pirinçci ist kein Etiketten-Konservativer. Ständig ist vom Ficken die Rede, Frauen machen die Beine breit, und notgeil sind Freund wie Feind. Da gibt es die "Fuck-and-go-Künstler", die diesem Biologisten reinsten Wassers im Zweifel noch lieber sind als ein vom "medialen Emanzenkomplex durchgegenderter Hampelmann". Von der Länge seines eigenen Schwanzes ist Pirinçci fest überzeugt, weshalb er nicht zögert, die verhassten Kolleginnen von der taz einzuladen, sich sein Teil gerne mal genauer anzuschauen – vorausgesetzt, sie sind jung und hübsch.
Wer ist dieser Akif Pirinçci, der da so um sich schlägt?
1959 in Istanbul geboren, kam er mit neun Jahren nach Deutschland. Diesem Land ist er immer noch dankbar für die freundliche Aufnahme, die man seiner Familie gewährte. Deutschland war das Gelobte Land, aber kurz nach seiner Ankunft muss die einst stolze Nation auf Abwege geraten sein. Seither liefert sich das Land muslimischen Erpressern aus, lässt Moscheen bauen, alimentiert großzügig die Armutseinwanderung und schaut in ungerührtem Selbsthass seinem eigenen Untergang zu.
Akif Pirinçci ist ein Bestsellerautor. Seine Krimis der Felidae-Reihe, in denen eine Katze als Ermittler am Werk ist und in Form der Tierfabel den Menschen einen Spiegel vorhält, wurden in viele Sprachen übersetzt und verfilmt. Mit Deutschland von Sinnen hat er jetzt das Genre gewechselt, um sich Luft zu verschaffen. Man kann sich vorstellen, dass sein Hausverlag Goldmann (Random House) dankend abgelehnt hat.
Pirinçci ist ein verschärfter Sarrazin. Dessen evolutionskulturelle Thesen zur kognitiven Degeneration von Ethnien übernimmt er freudig und spinnt sie weiter ins absolut Bizarre. Wie dieser ist er von der Überzeugung getragen, nur auszusprechen, was die schweigende Mehrheit denkt, die vom "links-versifften" Meinungskartell ignoriert wird. Anders als dieser hält Pirinçci allerdings auch Sarrazin selbst noch für einen Geknebelten, der seine tiefsten Überzeugungen runterschluckt, um seinen Platz an den Fleischtöpfen des Establishments nicht zu riskieren: "Nicht einmal er, der angeblich rechtsradikale Dämon, hat sich getraut, das zu sagen, was in Wahrheit jeder normal denkende Mensch einschließlich des Großteils der Migranten hierzulande denkt: Man sollte ein paar Millionen der hier befindlichen Migrationshintergründler ein Ticket spendieren und sie schnellstens wieder nach Hause schicken, bevor sie uns die Haare vom Kopf fressen."
In der grölend vorgetragenen Menschenverachtung ist dies eindeutig brutalorechtes Denken. Interessant ist, dass zu diesem rechten Denken unbedingt Xenophobie gehört, aber nicht Antisemitismus. Weil es dieser Weltsicht um das Recht des Stärkeren, des Tüchtigen und Fleißigen geht, werden die Juden gebraucht auf der Seite der überlegenen weißen Innovationskultur. Im Gegensatz zur muslimischen Kultur, die – so Pirinçci – seit 1000 Jahren nichts Nennenswertes mehr hervorgebracht habe. Es geht also um kulturelle Superiorität, die evolutionsbiologisch ausgedeutet wird. By the way: Nur vier Prozent aller Patente weltweit würden von Frauen angemeldet. Der Autor zieht daraus keine weiteren Folgerungen, aber die Zahl schmeckt ihm offenbar so gut, dass er sie dem mitschunkelnden Leser nicht vorenthalten möchte.
Dieses Buch ist das Produkt eines wild gewordenen Autodidakten. Im Bramarbasieren über alles und jedes, in der scheinbar widerstandslosen Herstellung von Evidenz und Zusammenhang, in der triumphalistischen Geste der Entlarvung von medialen Lügengespinsten, in seiner Mischung aus Brutalität und Heulerei erinnert das Buch – ich schwöre, ich habe noch nie einen Hitler-Vergleich gezogen in meinem Berufsleben – an Adolf Hitlers Mein Kampf.
Der Meinungsvielfalt hat das Buch einen Bärendienst erwiesen. Denn wer immer sein Wort erhebt gegen die Diskursvorherrschaft von Gender-Mainstreaming, Steuerstaat, Rauchverbot, Konstruktivismus und Adoptionsrecht für Homosexuelle, findet sich jetzt in der Gesellschaft von Akif Pirinçci wieder. Da überlegt man sich dreimal, ob man nicht doch lieber kleinlaut ins Lager der Gleichstellungsbeauftragten überläuft.
Lauert mit Akif Pirinçci eine neue Gefahr am rechten Rand? Das alles ist so wüst vorgetragen, dass es schon wieder komisch ist. Mit dieser Attitüde lässt sich kein Staat machen, nicht einmal eine Splitterpartei für Überzeugungsspießer.
Kommentare
Vor lauter kranken Bäumen nicht den Zustand des Waldes sehen
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Mangold widerlegt nichts, er versucht es auch nicht. Er sieht nicht die Chance, sich auf fremde, konträre, wie immer irrende Gedanken ein Stück weit einzulassen und so die Welt und sich selbst etwas besser zu verstehen bzw. zu interpretieren. Sozialisiert und gefangen im Hauptstrom des Kollektivdenkens gesinnungsmäßig feinstens ausgerichteter Intellektueller (wie sonst wäre man ZEIT-Literaturchef) k a n n er in der grölenden Rede Pirinccis nicht die Beschreibung universaler Symptome oder gar die Argumente erkennen. Dessen Denken und Sprechen seien zynisch, überspannt, roh, brutal, enthemmt, pamphletistisch, rausgekotzt, vulgär, verletzend, spießig, beleidigend, volksverhetzend, obszön, verhasst, bizarr, sarrazinesk, menschenverachtend, brutalo-rechts, xenophob, wildgeworden, triumphalistisch, heulend, hitleraffin, gefährlich, wüst …
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Ja nun. Nicht nur einige wenige Bücher bringen den katastrophal gespaltenen Zustand der Gesellschaft auf den schmerzhaften Punkt, sondern indirekt auch manche Rezension, die ungewollt der gestörten Selbstwahrnehmung und dem Wirklichkeitsverlust sich aristokratisch dünkender Eliten Ausdruck gibt.
Es macht schon Spaß zu sehen...
...wie die schöne heile Welt der Ewiggestrigen zerbröselt :-)
Und Sie haben vollkommen Recht: Wie in Afghanistan oder Nordkorea lebt es sich hier.
Und alles nur wegen Multikulti, Toleranz und Offenheit!
Schlimm, schlimm, schlimm.
Früher waren es die Franzosen und die Engländer, über die wir uns aufgeregt haben. Ah ja, und die Holländer auch. Obwohl, so richtig ernst genommen haben wir die Holländer doch nicht.
Aber jetzt erscheinen die einem gar nicht mehr so schlimm. Jetzt sind es die "schlechteren Ausländer", die Frauen, die Umweltschützer und auch noch die "Homos".
Da kann man ja nur unter Bluthochdruck leiden!
Hr. Akif Pirinci
danke für dieses Buch
Der Rest des Artikels ist links-grüne Propaganda, mit der üblichen Realitätsverleugnung
Anmerkung: Wir wünschen uns eine konstruktive Debatte. Bitte tragen Sie mit entsprechenden Kommentaren zu einer solchen bei. Unterstellende und undifferenzierte Beiträge dieser Art werden im weiteren Verlauf von der Moderation entfernt. Danke, die Redaktion/sam
Sinnfrei
So wie immer wenn sich eine kleine Minderheit darüber aufregt, das andere Minderheiten zuviel Aufmerksamkeit erhalten.
Ja, Gleichberechtigung ist eben nicht jedermanns Sache.
Im übrigen, wäre das wirklich linksgrüne Propaganda, dann hätten wir eine andere Regierung, denn die deutliche Mehrheit in Deutschland lehnt die Thesen dieses Herrn genauso ab wie die des Herrn Sarrazin.
Aber logisches Denken stört ja nur, wenn man seine Vorurteile kultivieren will.
Muss man wahrscheinlich nicht lesen.
Sollte das Buch wirklich so extrem sein, hat der Autor sich und seiner Sache wohl einen Bärendienst erwiesen.
Vielleicht verkaufen sich die Krimis nicht mehr so gut.
Die Leser lieben
es - sonst wäre es nicht Platz 1 bei Amazon, oder sind die Leser alle "Rechtsradikale"?
Mag sein, mag auch nicht sein,
dass diese Buchbesprechung recht hat.
Aber Die Zeit so oft *Feuer* gebrüllt, dass ich nicht mehr hinhöre, wenn es wirklich einmal brennen sollte. Und damit ist die Rezension überflüssig, denn man kann sie glauben oder es auch lassen.