Erinnert sich noch jemand an das Spektakel des Jahres 2007 um den vierten großen Bericht des Weltklimarats IPCC? Katastrophe! Apokalypse!, so las und hörte man es damals. Inzwischen ist die Welt offenbar weitergekommen. Die jüngsten Nachrichten und Warnungen aus dem lange erwarteten fünften Sachstandsbericht des IPCC werden, obwohl sie in keiner Hinsicht erfreulicher sind als beim letzten Mal, eher geschäftsmäßig zur Kenntnis genommen. Das spricht für eine gut informierte Öffentlichkeit. Wer sich wunderte – "Huch, es wird wärmer?" –, der hätte schon vor langer Zeit den Kontakt zur Wirklichkeit verloren.
Am kommenden Sonntag wird Teil drei des neuen IPCC-Berichts veröffentlicht. Nach dem wissenschaftlichen Sachstand der Klimaveränderung (erster Teil) und ihrer Auswirkungen (zweiter Teil) geht es nun um die Frage, was sich gegen den Wandel noch tun lässt. Und da gibt es eine echte Neuigkeit: Diesmal wird keine Empfehlung an die Regierungen von Industrie- und Entwicklungsländern ausgesprochen, wie schnell sie ihren jeweiligen Ausstoß reduzieren müssten, damit die globale Erwärmung unter zwei Grad Celsius bleibt.
Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Einer ist methodisch: Der Klimarat ist für Wissenschaft zuständig, nicht für Politik. "Relevant, aber nicht direktiv" sollten seine Veröffentlichungen sein, so das Arbeitsmotto. Auch in der Vergangenheit haben die Forscher ihre Empfehlungen darum nie als solche bezeichnet. Aufgegriffen wurden sie dennoch: 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990, und zwar bis zum Jahr 2020 – Deutschlands offizielles Klimaziel entspricht exakt dem, was der IPCC den Industrieländern 2007 nahelegte.
Ein anderer Grund für die neue Zurückhaltung ist die Haltbarkeit solcher Daten. Die letzten wurden schon kurz nach ihrer Veröffentlichung durch die rasante Konjunktur der Schwellenländer überholt. Seither steigen die globalen Emissionen unvermindert weiter.
Am wichtigsten aber dürfte ein dritter Grund sein. Der IPCC ist ein Gremium der UN. Deren Ziel ist es, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Jeder Versuch, daraus Empfehlungen abzuleiten, käme inzwischen dem Eingeständnis gleich, dass es schon zu spät ist. Falls nämlich das Klima so empfindlich auf Treibhausgase reagiert, wie die Wissenschaft heute annimmt, dann ist eine stärkere Erwärmung praktisch unvermeidlich.
Das heißt noch nicht, dass die Temperaturen tatsächlich um mehr als zwei Grad steigen werden – falls etwa die "Klimasensitivität" geringer wäre als bisher angenommen. Doch Studien weisen seit Langem in die andere Richtung. Nun bekommen die gesammelten Zahlen den Segen des IPCC. Die ZEIT kann darüber vorab berichten, weil der Klimarat sich auf eine wichtige Metastudie stützt, die bereits im vergangenen Herbst publiziert worden ist.* Einer der Autoren ist der deutsche Klimaexperte Niklas Höhne, der auch im letzten IPCC-Bericht schon die Empfehlungen mit verfasst hat.
Um Höhnes Zahlen in allgemein verständliche Sprache zu übersetzen, muss man sich eine lange Kette von Wenn-dann-Sätzen vorstellen, an deren Ende das Zwei-Grad-Ziel erreicht würde:
Wenn selbst in den ärmsten Ländern die Emissionen pro Kopf noch deutlich sinken würden ...
Wenn alle Schwellenländer außer China in ihrer Entwicklung die Phase der fossilen Produktion von Strom und Wärme überspringen und gleich erneuerbare Energien nutzen würden ...
Wenn China bereits in sechs Jahren, und damit viel früher, als selbst die grünsten Optimisten in Pekings Umweltbürokratie es für möglich halten, die Wende hinbekommen würde ...
Kommentare
Zuständigkeiten
Der IPCC ist für die Wissenschaft zuständig - richtig!
Die Politik hällt sich nur für die laufende Wahlperiode für zuständig.
Wer ist zuständig, die Katastrophe für die folgenden Generationen zu mindestens abzumildern?
Die anderen!
Zustaendig dafuer. auf etwas Komfort und Wirtschaftswachstum zu verzichten, um die Welt zu retten, sind immer die anderen.
Es geht um Abwägung: Anpassung oder CO2 Verhinderung
Die Wissenschaft zur Klimaerwärmung ist eindeutig, nicht so die Abwägung ob Anpassung oder CO2 Verhinderung der bessere Weg ist.
Bedacht sollte werden, dass sich die globale Wirtschaft enorm unterscheidet. In Schwellen- und Entwicklungsländern ist Wachstum fast gleichbedeutend mit Ressourcenverbrauch, auch weil arbeits-, enerige-, umwelt- und CO2 intensive Aktivitäten aus dem Westen ausgelagert werden.
Der Westen hat den Höhepunkt seine Ressourcenverbrauchs überschritten. Er ist wirtschaftlich wie politisch an der "Rettung" des Klimas interessiert. Dies ist bestimmt ein nobles Ziel, aber nicht unbedingt uneigennützig. Er ist wenig bereit, eigenen Wohlstand aufzugeben, und beispielsweise beim geistigen Eigentum Kompromisse zu machen. Das unterminiert die Glaubwürdigkeit. Ist es eine neue Form von Neokolonialismus? Der Opiumkrieg der Neuzeit? Unklar!
Die deutsche Energiewende lässt sich rational erklären, wenn sie als eine volkswirtschaftliche Innovation gesehen wird, mit dem Ziel der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Ideologie hat untergeordnete Bedeutung. Leider ist ein technologischer Durchbruch zu sich selbst tragenden erneuerbaren Energien nicht erfolgt. Schade, aber auch keine Katastrophe. Volkswirtschaften müssen innovativ sein, um im globalen Wettbewerb zu bestehen, Klimawandel hin oder her.
Ausführlich siehe:
http://asymmetrieundgleic...
Adaption UND Mitigation
"Die Wissenschaft zur Klimaerwärmung ist eindeutig, nicht so die Abwägung ob Anpassung oder CO2 Verhinderung der bessere Weg ist."
Sie sehen die beiden Maßnahmen antagonistisch, IPCC (siehe z.B. AR5-WG2) und auch die Politik betrachten diese beiden Maßnahmen als komplementär.
Auch bei einem Erreichen des 2°-Ziels (was eine schöne Illusion ist), ist Adaption an diese Erwärmung notwendig. Bei 3° oder 4° sind deutlich mehr und teurere Adaptionsmaßnahmen nötig, wobei die Risiken steigen, dass es Wirkungen gibt, an die man sich nicht anpassen kann (z.B. Aussterben von Tierarten durch Ozeanversauerung).
Das Ziel kann nur lauten: so viel wie möglich Mitigation und hoffen, dass sich an die Folgen hinreichend anpassen kann.
Stimmt so nicht
In der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger im vierten Bericht des Weltklimarats von 2007 kommen die Wörter "Apokalypse" und "Katastrophe" nicht vor.
http://www.bmub.bund.de/f...
Sicher haben ein paar Klimaforscher Horrorszenarien unter die Medien gebracht, die wiederum mit reißerischen Artikeln die Auflage steigern wollten. Aber viel las und hörte man davon nicht. Und nicht die Hysterie ist gestiegen, sondern die Kohlendioxid-Emissionen. Als Zeitungsleser und Internetnutzer nehme ich wahr, dass generell in den letzten Jahren eher wenig über die Klimaforschung berichtet wird. Die allermeisten leben ihr Leben wie bisher. Und die Politik hat es auch nicht eilig, den Klimawandel zu begrenzen.
Noch mal...
1. Das Klima hat sich schon immer 'gewandelt', da die Erde dem Einfluss von Kraftsystemen ausgesetzt sind, die weit über das hinaus gehen, was wir Menschen beeinflussen können. CO2, als Spurengas, spielt da, selbst über die vermuteten(!) Kopplungseffekte nur eine ziemlich unwesentlich Rolle. (Da es Physik und nicht Chemie ist, spielt die Konzentration sehr wohl eine entscheidende Rolle)
Insofern kann der Mensch den Klimawandel überhaupt nicht stoppen oder 'begrenzen'.
2. 'Klima' ist ein statistischer Begriff, der nichts anderes beschreibt als den Verlauf von Wetterdaten (Temperatur, Windstärke, Niederschläge) in einem definierten, zurückliegenden Zeitraum. Sie müssen sich also im Klaren darüber sein, dass Sie das Wetter machen müssen, wenn sie das 'Klima' beeinflussen wollen, Hört sich doch vermutlich auch für sie irgendwie nach frühmenschlichen Tieropfern und sektierischem Größenwahn an. oder?
3. Und selbst, wenn wir es könnten: Wer entscheidet denn, welches Klima wo ist? Denn da sie schon rein physikalisch nicht überall das gleiche Klima haben können. muss es irgendwo heiß und woanders kalt sein. Dürfte spaßig werden...
Eine Billion Tonnen CO2 fuer 2 Grad
Diese Webseite sagt es alles: http://trillionthtonne.org/
2,5% CO2-Reduktion weltweit reichen bei mittleren Annahmen aus, um noch innerhalb der 2 Grad zu bleiben. Wer glaubt, dass die Welt das schafft, fuer den muss ein Begriff jenseits von "Optimist" erfunden werden.
Gefaehrlich wird es aber, wenn die Unmoeglichkeit, das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen in ein "na dann isses ja eh egal" umschlaegt.