DIE ZEIT: Herr Hoyer, der neue Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will 300 Milliarden Euro für Investitionen in der EU mobilisieren. Ist das nötig?
Werner Hoyer: Ja. Es wird in Europa viel zu wenig investiert. Seit Ausbruch der Finanzkrise sind die Investitionen in der EU jedes Jahr gesunken! Wir liegen derzeit das siebte Jahr in Folge unter dem Investitionsniveau von 2007, damit inzwischen ungefähr 15 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Und das hat früher oder später konkrete Auswirkungen auf unsere globale Wettbewerbsfähigkeit.
ZEIT: Woran liegt das?
Hoyer: Europa war in den Jahren der Krise vor allem damit beschäftigt, die akute Bedrohung abzuwenden. Das ist auch gelungen. Aber in dieser Zeit sind uns die Wettbewerber, zum Beispiel in Asien und Amerika, davongelaufen.
ZEIT: Inwiefern?
Hoyer: Ein Beispiel: Wir hatten in der EU einmal das Ziel ausgegeben, drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung für die Forschung auszugeben, Staaten und Unternehmen zusammen. Wir liegen im Durchschnitt bei 1,9 Prozent – und das seit zehn Jahren. Länder wie die USA und Südkorea geben deutlich mehr aus.
ZEIT: Warum ist das ein Problem?
Hoyer: Weil wir unsere Zukunft aufs Spiel setzen. Wird heute weniger investiert, kann morgen weniger produziert werden, weil die Innovationen, die Fabriken oder die Verkehrsnetze fehlen. Wir schädigen damit das Wachstumspotenzial unserer Volkswirtschaften. Deshalb ist auch die hohe Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenstaaten aus ökonomischer Sicht so gefährlich, von den sozialen Folgen mal ganz zu schweigen: Die Menschen sitzen zu Hause – und das in einer Lebensphase, in der sie besonders wissbegierig und leistungsfähig sind.
ZEIT: Sie sagen, dass heute weniger investiert wird als vor der Krise. Vielleicht aber wurde vorher auch zu viel investiert. In Spanien entstanden Vorstädte, in denen niemand wohnen will.
Hoyer: Es gibt tatsächlich diese Übertreibungen. Wir gehen aber davon aus, dass die um solche Effekte bereinigte Investitionslücke immer noch bei 250 bis 300 Milliarden Euro liegt – und da sind Ausgaben für Bildung und Forschung noch nicht berücksichtigt.
ZEIT: Länder wie Italien schlagen vor, öffentliche Investitionen aus den Haushaltsdefiziten herausrechnen, damit trotz des Stabilitätspakts mehr ausgegeben werden kann. Wäre das eine Lösung?
Hoyer: Es gibt keine Alternative zur Haushaltskonsolidierung. Die Schuldenstände sind in den meisten Staaten so hoch, dass die Budgets auf absehbare Zeit knapp bleiben werden. Wir brauchen allein für den Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur – also etwa den Ausbau des Breitbandnetzes – in den kommenden Jahren rund 200 Milliarden Euro, zusätzlich zu den bereits geplanten Ausgaben. Das Geld reicht einfach nicht. Wir müssen wegkommen von der Idee, dass der Staat alles finanzieren kann.
ZEIT: Wer dann?
Hoyer: Private Kapitalgeber. Es gibt ja keinen Mangel an Kapital in der Welt. Im Gegenteil: Die Investoren suchen doch angesichts der niedrigen Zinsen händeringend nach Anlagen, die wenigstens etwas Rendite einbringen.
ZEIT: Wie wollen Sie diese Investoren dazu bringen, Straßen zu finanzieren?
Hoyer: Wir müssen die begrenzten öffentlichen Mittel so einsetzen, dass sie mehr private Investitionen stimulieren, und damit sinnvolle Projekte möglich machen, die derzeit angesichts der Risikoscheu potenzieller Investoren offenbar nicht zu realisieren sind.
Kommentare
(private) Haifische
"Die Investoren suchen doch angesichts der niedrigen Zinsen händeringend nach Anlagen, die wenigstens etwas Rendite einbringen. "
Guckt man sich die Verbindung Staat und Privatwirtschaft an, entdeckt man Prestigebauten wie zB Elbephilharmonie, aber auch kleinere Sachen, die sich im Endeffekt als sinnlose Investition herausgestellt haben, für den, der zahlt. Der Steuerzahler.
Was wird also geschehen, wenn die Privaten zahlen sollen? GAR NICHTS! Denn sie hätten schon längst was gemacht, wenn es die Börse nicht gäbe.
Solange es die Börse gibt, wird dort lieber gezockt.-
meine Rede versinkt im Gelächter der Wirtschaftsleute: BÖRSE ABSCHAFFEN. Ich sag ja nur, tut das, bevor die Börse uns abschafft.
Die nächste Börsenkrise wird entweder eine Währungskrise auslösen, weil ja alles irgendwie verzahnt ist, oder eine Wärhrungskrise wird alle witeren Währungen in den Bach ziehen und dann auch die Börse.
Die Privaten wollen nur Geld sehen. Es gibt keine Aufträge, niemand hat entweder Geld, oder Vertrauen.
ES IST AUS.
Analyse
Die richtige Kur setzt eine zutreffende Diagnose voraus. Dieses Aktienblasen (man sollte nicht so schnell vergessen, daß die letzte die momentane Investitions- und Wachstumsschwäche verursacht hat) treten mit nahezu geschichtlicher Gesetzmäßigkeit seit der Tulpenzwiebelspekulation immer wieder auf und brechen immer wieder genauso gesetzmäßig zusammen. Die Konsequenz der wirtschaftspolitischen Akteure: sie versuchen die Inflation, eine nahezu unvermeidliche Konsequenz dieser Spekulationswellen, "zu verbieten". Man versucht also ein Symptom zu unterdrücken, die Ursache rührt man nicht an. Und da Inflationsvermeidung im Zweifel immer noch vor Arbeitsplatzaufbau geht, führt diese "Falschanalyse" der zugrundeliegenden Zusammenhänge wesentlich zu den Problemen, die heute weltweit (!) zu beobachten sind.
Nötig wäre dazu eine zutreffende Analyse, die dann z.B. auch zu Tage fördern würde, daß z.B. der zweite Weltkrieg weniger von den "Deutschen" oder "Nazis" verursacht wurde, sondern durch die Spekulationskrise in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts, ausgehend von den USA. So etwas will man natürlich nicht wissen. Also darf munter weiterspekuliert werden. Das Volk wird beruhigt, in dem die "Inflation verboten wird". Eigentlich ziemlich lächerlich.
Das ist die Folge
Der Merkel-kapittsparpolitik. Das Geld reicht nicht! Die Folge müssen Arme und Refugees, v.a. Frauen und Kimder, tragen. Das ist unverschämt und unverantwortlich. Reiche Steuerhinterzieher kommen davon. Menschen wie Gustl werden hartherzig verfolgt.
Es bedarf mehr umFairteilung durch faire Löhne und gerechte Steuern, inklusion und Teilhabe.
Natürlich viel niemand investieren...
Die Euro-Krise wird nicht gelöst, mit Mühe werden immer nur die gerade akuten Brände gelöscht. Die wirtschaftliche Entwicklung der Eurozone ist für keinen Investor absehbar. Da gleicht eine Investition einem Lotteriespiel.
Insgesamt ein miserables Zeugnis für die Wirtschaftspolitik der Eurozone. Und nein: Die Rezepte der Keynes-Fanatiker verbessern die Situation ebenso wenig.
Investitionen jenseits
von subventionierten Bereichen sind immer ein Lotteriespiel, denn niemand kann die Zukunft voraussagen. Die Entwicklungen im Energiesektor in D der letzten 3 Jahre sind da ein gutes Beispiel.
Ich versteh das Problem nicht
Kapital gibt es doch massenhaft!? Entweder man schafft Strukturen, in denen private Investitionen in Bildung/Infrastruktur usw. den gewünschten Effekt bringen, oder man erhöht die Steuern (Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer usw.) und der Staat investiert. Wo ist das Problem?
Bei der Infrastruktur sehe ich sowieso nicht, wie das Private übernehmen können. Der Ausbau des Internets ist doch genau ein Beispiel dafür, wie es nicht funktionieren soll. Mein Cousin sitzt in seinem Dorf immer noch mit 2.000er DSL während ich zum gleichen Preis (in einer Großstadt) die 50fache Geschwindigkeit habe.
Ist doch klar, dass die Telekom nur da ausbaut, wo viele Abnehmer sitzen...
Existenzfrage
"Mein Cousin sitzt in seinem Dorf immer noch mit 2.000er DSL während ich zum gleichen Preis (in einer Großstadt) die 50fache Geschwindigkeit habe."
Und, kann Ihr bemitleidenswerter Cousin mit DSL 2000 existieren?