Kann das Zuhause von Christian Kewitsch die Rettung für den RWE-Konzern sein? Kewitsch ist ein Zahnarzt in Bottrop. Er lebt zusammen mit seiner Frau Beate und den beiden kleinen Töchtern Caroline und Juliane in einem schlichten Einfamilienhaus in der Röntgenstraße am Rand von Bottrop. Das Haus stammt aus den sechziger Jahren – aber es steckt voll hochmoderner Technik. Kewitsch führt das gern vor: Er sitzt in einem Sessel in seinem Wohnzimmer, den Malteser-Pudel Rika auf dem Schoß, und wischt mit dem Zeigefinger über den Bildschirm seines iPads. Daraufhin fahren die Rollläden vor der Terrassentür herunter. Mit einem weiteren Wischer gehen die Designlampen im Wohnzimmer an. Auch die Brandmelder kann Kewitsch mit dem Gerät kontrollieren, er sieht, welche Türen und Fenster geschlossen sind. Alles ist vernetzt. Und oben auf dem Dach produziert eine Photovoltaikanlage Strom.
"Smart Home" nennt RWE Kewitschs Zuhause. Es ist ein Projekt, das die Zukunft des Energieriesen sichern soll. RWE hat Hunderttausende Euro in das Eigenheim investiert. Dafür haben die Kewitschs sich verpflichtet, Besuchern von RWE ihr Haus zu öffnen. Der Energieversorger, der jahrzehntelang auf Atomkraft, Kohle und Gas setzte, glaubt, die intelligente Haustechnik sei der Markt von morgen. Und RWE braucht dringend einen neuen Markt. Denn im Moment sieht RWE aus wie ein Konzern von gestern.
Der Konzernchef sieht in moderner Haustechnik ein Millionengeschäft
Der Energieproduzent kommt mit der Energiewende nicht zurecht. Er hat das schlechteste Geschäftsjahr seit 1949 hinter sich. 2013 schrieb RWE erstmals seit 60 Jahren rote Zahlen, machte fast drei Milliarden Euro Verlust. 2014 will der Konzern wieder schwarze Zahlen schreiben. Doch in den ersten sechs Monaten dieses Jahres sank der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 40 Prozent. Schuld daran, schreibt der Vorstand im Halbjahresbericht, sei der extrem milde Winter, aber vor allem "die Krise in der konventionellen Stromerzeugung". Die RWE-Aktie gab nach diesen Zahlen weiter nach und steht nun ganz am Ende des Dax. Der Vorstand will Töchter wie den Ölförderer Dea verkaufen, unrentable Kraftwerke stilllegen und Arbeitsplätze streichen. Selbst die RWE-Konzernzentrale in Essen, das höchste Gebäude der Stadt, ein 130 Meter hoher Glasturm, soll verkauft werden. Aber womit will RWE künftig Geld verdienen? Der Konzern versucht nicht nur verzweifelt, Kosten zu senken, er sucht auch nach einer neuen Identität, nach einer neuen Idee.
Glaubt man Peter Terium, soll die im Haus von Familie Kewitsch stecken. Der RWE-Vorstandsvorsitzende ließ auf der Hauptversammlung im April in der abgedunkelten Gruga-Halle in Essen auf einer Großleinwand erst einen Werbefilm laufen. Darin sah man Familie Kewitsch, wie sie ihr Elektroauto an der eigenen Strom-Zapfsäule lädt und wie sie von Ferne aus die Rollläden in ihrem Haus steuert. Dann schaltete Terium mit seinem Tablet-Computer wieder das Licht in der Halle an. Techniker von RWE hatten dafür extra ein Steuerungssystem gebastelt. Es gehe nicht um eine Spielerei, versicherte Terium, sondern um ein Multimillionen-Euro-Geschäft. RWE kooperiere dabei mit Microsoft, Philips, Miele, Buderus und weiteren Global Playern. Das sei das Geschäft von morgen.
Von einem stark wachsenden Markt spricht auch die Unternehmensberatung Arthur D. Little. Sie schätzt, dass das Geschäft mit der Hausautomatisierung bis 2020 jährlich um zwölf Prozent wächst. Experten sprechen von einem Milliardenmarkt. Google und Microsoft sind jüngst mit Übernahmen in den Markt eingestiegen. Allein für den Thermostathersteller Nest zahlte Google mehr als drei Milliarden Dollar.
Viel Applaus erntete Terium für seine Ideen trotzdem nicht. Viele Aktionäre und auch viele Mitarbeiter glauben nicht, dass dieses Geschäft reichen kann, um einen Konzern von der Größenordnung wie RWE zu erhalten. Momentan arbeiten 65.000 Angestellte bei RWE. Ein mit den Gewerkschaften ausgehandelter Kündigungsschutz gilt nur noch bis zum Jahresende. Bis Ende 2016 sollen fast 7.000 Mitarbeiter gehen. Und das Drama des Konzerns betrifft nicht nur die Mitarbeiter und viele Kleinaktionäre – es bedroht sogar manche Stadt im Ruhrgebiet. Der Verfall des RWE-Aktienkurses und eine deutlich gesenkte Dividende reißen große Löcher in die Haushalte von Mülheim, Essen, dem Hochsauerlandkreis und anderen Kommunen. Sie alle sind Teilhaber bei RWE. Lange freuten sie sich über die enormen Gewinne des Energiekonzerns, jetzt müssen sie drastische Wertverluste verbuchen.
Das Kürzel RWE stand bei Spöttern im Ruhrpott lange für "Ruhe, Wohlstand und Erholung". Arbeitsplätze bei RWE galten als so sicher wie die von Beamten. Sogar Gewerkschafter sagen, dass die RWE-Angestellten lange Zeit ausgezeichnet verdient hätten und der Konzern ein besonderer Arbeitgeber gewesen sei. Betriebsbedingte Kündigungen gab es nicht. Dafür eine Altersteilzeitregelung, die Mitarbeiter schon mit 51 Jahren in den Ruhestand schickte. Das sei nun vorbei, klagte eine Betriebsrätin. Bei RWE gehe es nur noch um Zahlen.
Kommentare
Das Märchen von der kostenlosen Sonne
Die Sonne ist kostenlos, den Verbraucher kostet die Energiewende nicht meht als eine Eiskugel im Monat und Sonne und Wind werden durch moderne Gaskraftwerke ergänzt und damit der CO2-Ausstoß um 40% gesenkt.
Welch schönes Märchen. Die Umlagen und Steuern kosten inzwischen mehr als der Strom, die Überlandleitungen und Speicherseen gibt es wegen Bürgerprotesten immer noch nicht, und nicht Gas, sondern Braunkohle sorgt für die nötige Grundlast. Und die CO2-Emissionen sinken nicht, sondern steigen wieder an!"
Die Stromkonzerne und viele Stadtwerke, die hervorragende Arbeitsplätze boten und den Kommunen viel Geld brachten, leiden unter der Energiewende. Spätestens bei der nächsten Wirtschaftskrise, werden in öffentlichen Schwimmbädern oder im Nahverkehr noch mehr Lichter ausgehen, weil die Quersubventionen aus dem Stromverkauf fehlen.
Verstrahlt
Warum schaut man bei den wahren Kosten und Auswirkungen des Atomstroms nicht so genau hin wie beim bösen Ökostrom?
Die wirkliche Verarsche läuft weltweit bereits seit Jahrzehnten.
Häme in dem Artikel
Es ist so schön eine funktionierende Energieversorgung kaputt zu reglementieren und sich dann hämisch darüber zu äußern, dass RWE kein Geld verdient. Soziale Aspekte werden völlig vernachlässigt die ökologische Dimension der von 200 m Windkraftmonstern zerhackten und belärmten Horrorlandschaften ist auch mehr als zweifelhaft.
Passend dazu ein gerade eben gefundenes Zitat des Foristen wave_of_fire:
Glücklich und gesegnet ist der Die Zeit Leser, der im Prenzlauer Berg bei einem Öko Latte Macchiato über Gender und Frauenquote diskutieren kann nachdem mit dem Porsche Cayenne beim Bio Markt eingekauft hat.
Der Rest muss Leben und seine kleines Vermögen verteidigen.
Energieversorgung...
Mal abgesehen davon, daß wir derzeit eine massive Überproduktion von Energie haben...
Ist RWE selber schuld an seiner Situation. Das es zu einer Kehrtwende in der Energiepolitik kommen würde ist seit beinahe 20 Jahren klar. Wenn die RWE Manager das nicht begriffen haben, dann frage ich mich schon, bei welcher Lotterie die ihre Diplome gewonnen haben.
RWE hat sich nicht um Energiewende und ähnliches gekümmert, sondern nur auf depperten Lobbyismus gesetzt. Und verloren. Recht so, wenn der Laden irgendwann die Türen schließen muß.
Im übrigen trift dieses Verpennen der Energiewende auf nahezu sämtliche der Energieriesen zu. Das notwendige Trassen nicht gebaut worden sind: Das ist die Folge dieser absolut desolaten Managementpolitik.
Um das zu erkennen muß man nicht mal die Grünen wählen.
..RWE..
RWE hätte die ganze Republik mit Windturbinen vollpflastern können. Haben sie aber nicht gemacht und um einen Rolladen zu steuern braucht man RWE nicht.
RWE, der Gestrige?
Was, wenn RWE mal einen Co2-freien Tag einlegt?
https://www.tab-beim-bund...
Wie verblödet muss eine Gesellschaft sein, die nicht mehr merkt, wer denn den Strom für den Wohlstand liefert? Übrigens zu deutlich günstigeren Preisen und unendlich verfügbarer als die vielen Ökostromlieferanten!
Henryk Broder hat das mal Gründeppismus genannt..
Kostengünstig...
Kostengünstig ist der RWE Strom nur dann, wenn man die Folgekosten von Energie aus Atom- und Braunkohle nciht mit ein berechnet.
Wenn man das mit einberechnet, dann gibt es keine teurere Energie. Nicht einmal im Ansatz ähnlich teure...