Wolfgang Schäuble erzählt gerne von seiner Vergangenheit als Steuereintreiber. Schäuble hat seine Karriere beim Finanzamt Freiburg begonnen, und vielleicht liegt es daran, dass er sich auch als Bundesfinanzminister mit großer Leidenschaft dem Eintreiben von Steuern widmet. Nur dass es diesmal nicht um Südbaden geht, sondern um die ganze Welt.
Am vergangenen Wochenende haben sich die Finanzminister und Notenbankchefs der zwanzig größten Industriestaaten, kurz G 20, verpflichtet, einige Steuerschlupflöcher für global tätige Großkonzerne zu schließen. Die Einigung geht auf eine Initiative zurück, die Schäuble vor zwei Jahren zusammen mit seinem britischen Kollegen George Osborne auf den Weg gebracht hat. In zwei Wochen wollen Regierungsvertreter aus mehr als 30 Staaten in Berlin eine Erklärung über den gegenseitigen Austausch von Informationen im Kampf gegen die Steuerflucht unterzeichnen.
Die Industrieländerorganisation OECD bezeichnet das Projekt bereits als die wichtigste internationale Steuerreform "seit 100 Jahren". Sie ist Teil einer ganzen Reihe von Maßnahmen gegen die populärsten legalen und illegalen Steuertricks. Zu diesen Maßnahmen gehört auch ein neues Gremium, das die Einhaltung internationaler Steuerstandards überwacht. Und Deutschland hat mit Ländern wie Singapur bilaterale Abkommen geschlossen, die Steuerbetrügern das Leben schwer machen sollen.
Das Thema Steuergerechtigkeit – es steht ganz oben auf der Agenda der internationalen Politik. Weil sich in Zeiten knapper Kassen großzügige Steuergeschenke nicht mehr vermitteln lassen. Und weil der Wohlfahrtsstaat nicht mehr finanziert werden kann, wenn es nicht gelingt, auch in Zeiten knapper Kassen die Staatseinnahmen zu sichern.
Diese Erkenntnis ist relativ neu. Lange galt, dass Staaten um das Geld der Steuerzahler konkurrieren sollten wie Unternehmen um ihre Kunden. Der Wettbewerb zwinge zum sparsamen Umgang mit den Staatseinnahmen. Was in der Theorie funktionierte, führte in der Praxis jedoch dazu, dass viele Milliarden am Fiskus vorbeigeschleust wurden.
Heute gehen viele Länder, nicht zuletzt die USA, mit Nachdruck gegen Steuersünder vor. Am Montag dieser Woche hat der amerikanische Finanzminister Jacob Lew in Washington beispielsweise ein neues Gesetz angekündigt, mit dem die Behörden verhindern wollen, dass Unternehmen dem Fiskus entgehen, indem sie ihren Hauptsitz ins Ausland verlagern.
Dass die Amerikaner ausreichend Druck ausüben können, um ihre Vorstellungen durchzusetzen, erlebt die Welt ein ums andere Mal: Mit der Androhung von Sanktionen gegen Banken aus Zürich ließ sich am Ende sogar die Schweiz zur Zusammenarbeit mit den amerikanischen Steuerbehörden zwingen. Keine Bank der Welt kann es sich leisten, vom US-Kapitalmarkt abgeschnitten zu werden.
Schäuble hatte also einen mächtigen Verbündeten an seiner Seite, als er seine Initiative auf dem Treffen der G-20-Finanzminister in Mexiko im Jahr 2012 vorstellte. Und als andere Staats- und Regierungschefs den Vorschlag ebenfalls aufgriffen, wurde ein Thema, das bislang vor allem in Fachkreisen diskutiert worden war, zum Gegenstand der Weltpolitik.
Ins Visier hat die Staatengemeinschaft vor allem die in globalen Unternehmen verbreitete Praxis genommen, Gewinne dorthin zu verlagern, wo die Steuersätze besonders niedrig sind. Im vergangenen Jahr deckte eine Untersuchung des US-Senats auf, wie Apple mithilfe eines Geflechts von Tochterfirmen Steuerzahlungen in Milliardenhöhe vermied. Google ist es gelungen, den Steuersatz auf Auslandsgeschäfte durch Transaktionen mit Tochtergesellschaften auf Bermuda, in Irland und in den Niederlanden unter drei Prozent zu drücken.
Kommentare
Schöne Absichtserklärungen
Die Steuerschlupflöcher sind doch bekannt. Beispiel Großbritannien: Ausländer, die dorthin ziehen, und ihr Geld weiterhin im Ausland verdienen, brauchen nur das Geld zu versteuern, das sie für ihr Leben nach Großbritannien einführen. Der Rest wird gar nicht versteuert.
So ist es kein Wunder, dass für Multimillionäre geeignete Luxus-Penthäuser in London mehr als knapp sind. Natürlich alle nicht von den Bewohnern selber gekauft (dann müssten diese ja Steuern auf den Kaufpreis zahlen), sondern von irgendwelchen Holdings aus Bermuda und Co.
Stopft Großbritannien nun dieses Steuerschlupfloch, crasht der Finanzplatz London in sich zusammen, denn die Millionäre werden dann weiterziehen. Vielleicht nach Dubai, vielleicht auf die Antillen, vielleicht in die Niederlande, die zusammen mit Irland derzeit eines der attrakivsten Steuerschlüpflöcher für Unternehmen bieten.
Da vom Steuerwettbewerb die Rede ist
Weitere Details, bzw. Informationen über die Absichten Schäubles:
"Das Bundesfinanzministerium arbeitet einem "Spiegel"-Bericht zufolge an einem neuen Steuersparmodell für Unternehmen. International tätige Firmen sollten künftig wie in anderen Ländern Einnahmen aus Patenten und Lizenzen günstiger versteuern können als zum gegenwärtigen Tarif von rund 30 Prozent, berichtete das Nachrichtenmagazin am Sonntag."
http://derstandard.at/200...
Steuerfluch
Nach der Steuerflucht kommt dann halt die Republikflucht.
Immer mehr Unternehmen werden komplett ins Ausland abwandern.
Womöglich wird mehr verloren als gewonnen.
Dann sollen
sie doch "fliehen"
wenn die Unternehmen abwandern wollen, dann tun die das sowieso.
Es wird schon jetzt seine Gründe haben, warum sie noch hier bleiben. Schon mancher kam auf die Welt, als er feststellen musste, dass in vielen "Billigländern" z.B. die logistischen Angelegenheiten nicht mit denen hier zu vergleichen sind.
Vielleicht könnte man ja einmal die Firmen unterstützen, die noch hier in Deutschland produzieren und nicht, um ein paar Euro zu sparen, Billigprodukte aus dem Ausland.
Damit würde man die heimische Wirtschaft unterstützen aber auch die daran gebundenen Arbeitsplätze.
sicherlich, ich weiss, es gibt viele, die eben darauf angewisen sind, diese Billigware zu kaufen, weil sie sich die anderen Produkte nicht leisten können. Vermutlich weil ihre Arbeitsplätze bereits vernchtet wurden.
Aber alle anderen könnten aktiv etwas dazu tun.
Und wer nicht glaubt, dass sich Produktion in Deutschland auch rentiert, ohne Arbeitsplätze abzubauen, ohne Kurzarbeit etc. der schaue mal auf youtube nach Wolfgag Grupp, oder google sonst einmal danach.
Wer nur noch hier ist um das Land und seine Arbeitskräfte auszubeuten, der soll verschwinden. Vielleicht kehren dann mal wieder Werte wie Redlichkeit und Anstand ein.
Super-Sache das ....
Und wie wäre es Herr Schäuble, wenn Sie erst einmal im eigenen Haus aufräumen würden? Die Steuerschlupflöcher, die Konzern im eigenen Land nutzen (können und dürfen ), spotten - wie ich aus eigener Anschauung weiß - jeglicher Beschreibung. Auch nur einen Bruchteil davon aufzuzählen, würde der Platz nicht reichen.
Steuer"gerechtigkeit"?
Aber gerne. Nur bitte auch und zuerst vor der eigenen Tür kehren!
Steuerflucht lässt sich nachhaltig nur international stoppen
Natürtlich stimmt Ihr Hinweis, vordringlich vor der eigenen Tür zu kehren,
aber international tätige Firmen/Konzerne werden Sie nur mit international abgestimmten Maßnahmen wirklich zur Steuer Räson bringen können.
bestes Beispiel Amazon, der Konzern betreibt u.a. viele Verteilzentren in Deutschland, nutzt die volle Infratsruktur des Landes, zahlt aber so gut wie keine Steuern hier.
Wenn jetzt wieder die Drohung kommt, dann verlagern die einfach woandedrs hin... wie bitte wollen Sie deutsche Pakete z.B. über die Caymann Inseln effektiv und kostengünstig "verteilen"...