Die Idee von Roosegarde und dem Infrastruktur-Dienstleister Heijmans ist aber nur ein erster Schritt hin zur Fahrbahn der Zukunft. In einer weiteren Stufe sollen fahrbahnnahe Windräder einen für Elektroautos reservierten Teil der Straße mit Energie speisen. E-Autos, die auf dieser "Prioritätsspur" unterwegs sind, könnten per Induktion ihre Batterie mit dem Strom aus der Fahrbahn aufladen.
Außerdem könnten Sensoren entlang der Straße stehen und vorbeifahrende Autos erkennen. Dann müsste man nicht mehr – wie heute in den Niederlanden – auch leere Autobahnen die ganze Nacht über beleuchten, sondern nur ganz gezielt die Bereiche, die gerade befahren werden. Die Energie für die Beleuchtung käme dann ebenfalls von den Windrädern.
Roosegaarde und Heijmans spekulieren nun auf Aufträge aus aller Welt. "Für Indien , das mit ständig überlasteten Stromnetzen und immer wieder mit stundenlangen Stromausfällen zu kämpfen hat, wären unsere Konzepte ein Segen", äußert sich der Designer überzeugt.
"Immer noch günstiger, als eine neue Erde zu erschaffen"
Aufträge aus Deutschland indes dürften die Fahrbahn-Revolutionäre in absehbarer Zeit kaum erhalten. Hierzulande sind Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften in aller Regel nicht beleuchtet – und die zuständigen Behörden sehen darin auch kein Sicherheitsmanko, das es zu beseitigen gälte. "Für die Sicherheit des Fahrzeugverkehrs verfügen alle Fahrzeuge nach dem Straßenverkehrszulassungsrecht über eigene Beleuchtungsanlagen", heißt es aus der Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt). Daher benötige man "aus Verkehrssicherheitsgründen" grundsätzlich keine Beleuchtung der Straßen.
Internationale Unfallstatistiken können den Vorteil der Beleuchtung auch nicht beweisen. In Belgien ereignen sich pro Million Einwohner weit mehr Unfälle als in Deutschland, wo Fernstraßen dunkel bleiben. Bei der Entscheidung über Straßenbeleuchtung seien zudem wirtschaftliche Aspekte zu beachten, gibt die BASt zu bedenken. Die Innovationen von Roosegaarde und Heijmans mögen auf lange Sicht zwar durchaus wirtschaftlich sein, doch die notwendigen Investitionen sind eine Hürde und dürften den großen Auftragsschub verhindern.
Die Frage, was es pro Autobahnkilometer kosten würde, einen Teil der Ideen oder gar das komplette Innovationskonzept umzusetzen, will oder kann das Studio Roosegaarde derzeit nicht beantworten. Man stecke noch mitten in den Verhandlungen, sagt eine Firmensprecherin. Für die immer gleiche Journalistenfrage hat man sich beim Studio Roosegaarde inzwischen eine blumige Standardantwort zurecht gelegt: "Unsere Ideen umzusetzen kostet mehr, als herkömmliche Straßen zu bauen – aber immer noch weniger, als eine neue Erde zu erschaffen."
Kommentare
Reizüberflutung
Ich kann mir nicht vorstellen, dass leuchtende Bodenmarkierungen und Sicherheitshinweise positiv dazu beitragen, andere Verkehrsteilnehmer besser zu sehen und zu erkennen; Zumal diese gleich gut oder schlecht beleuchtet bleiben wie jetzt.
Riskanter Ansatz
Die Idee der aktiv leuchtenden Fahrbahnmarkierung ist zunächst einmal gut. Allerdings hat sie einen Haken: Sie generiert die Illusion einer erhöhten Sichtweite, weil die Straße weit zu erkennen ist. Dadurch können sich die Geschwindigkeiten erhöhen.
Eventuelle Hindernisse bleiben aber unbeleuchtet und damit unsichtbar, was das Unfallrisiko eher erhöht. Außer man geht davon aus, dass Autobahnen per Definition hindernisfrei sind.
Gäbe es dieses Problem nicht, könnte man das Ganze auch noch eleganter lösen, d.h. ohne komplizierte Energiespeicherfarben.
Man müsste "lediglich" relativ einfache Fluorezenzfarben auf die Straßen auftragen und die Scheinwerfer um UV-Lampen erweitern, z.B. mit Energiesparlampen.
Das unsichtbare UV-Licht würde von den Farben in sichtbares Licht umgewandelt werden, die Straße leuchtet. Gleichzeitig wird der Gegenverkehr nicht geblendet, weil UV unsichtbar ist. Auch Nebel könnte aus diesem Grund durchdrungen werden, ohne für den Fahrer Licht zu reflektieren.
Zuviel UV Licht
ist nicht gut fürs Auge.
Außerdem ist diese Umsetzung noch stromfressender, da gerade UV-Lampen einen hohen Verbrauch haben.
Die "normalen" handelsüblichen UV-Leuchtstoffröhren habe keinen hohen bzw. gezielten Wirkungsgrad, so dass ein Beleuchten der Straße mit diesen Lampen nur einen schwachen Leuchteffekt herbeiführt.
Hmm...
"Unsere Ideen umzusetzen kostet mehr, als herkömmliche Straßen zu bauen – aber immer noch weniger, als eine neue Erde zu erschaffen."
Nun, das grenzt den finanziellen Rahmen auch nicht unbedingt ein..
Bleibt noch die Frage nach der Haltbarkeit: nach wie vielen Jahren muss nachgebessert werden, und was macht man im Winter, wenn Matsch&Eis sich auf den Leuchtstreifen häufen?
Na, was wohl...
"was macht man im Winter, wenn Matsch&Eis sich auf den Leuchtstreifen häufen?"
Immerhin haben Sie nicht gefragt, wie man unter dem Schnee oder Eis die Schnee und Eiswarnungen erkennen soll..