Erstens: Eine Befristung bedeutet weniger Gehalt. Nach den Daten der Hans-Böckler-Stiftung verdienen Hochschulabsolventen in befristeten Stellen im Schnitt 19 Prozent weniger als diejenigen, die sofort eine unbefristete Stelle bekommen. Forscher der Universität Amsterdam haben herausgefunden, dass man nicht nur am Anfang, sondern jahrelang weniger verdient, wenn man mit einer Befristung in den Beruf einsteigt. Das liegt vor allem daran, dass man schlecht große Gehaltssprünge verlangen kann, wenn man am Anfang wenig verdient hat.
Zweitens: Wer befristet angestellt ist, muss sich mehr anstrengen. Martina Perreng, die Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund, bezeichnet Zeitverträge als "super Instrument für Arbeitgeber, Mitarbeiter gefügig zu machen". Befristete würden eher Überstunden machen, weniger Urlaub nehmen, Aufgaben erledigen, die gar nicht in ihren Bereich gehören, und auch weniger Geld fordern – aus Sorge, dass ihre mögliche Entfristung sonst in Gefahr gerät.
Befristete verdienen weniger
Drittens: Mit einer befristeten Stelle kann man kaum seine Zukunft planen. Wer keine unbefristete Stelle hat, weiß nicht, ob er nach zwei Jahren wieder auf die Suche gehen und vielleicht in eine andere Stadt ziehen muss. David sagt: "Wenn ich eine Familie hätte, würde ich mir eine andere Stelle suchen." Mit einer befristeten Stelle eine Wohnung zu kaufen oder ein Kind zu kriegen erfordert einigen Mut. Wer befristet angestellt wird, kommt nie so richtig an.
Optimisten argumentieren, dass sich das Problem bald von selbst löse: Der demografische Wandel führe dazu, dass Firmen in Zukunft stärker auf die Wünsche von Absolventen eingehen müssten – da die langfristig weniger würden. Christian Hohendanner vom IAB ist sich da nicht so sicher. Bei einer geringeren Zahl von Bewerbern werden sich die Unternehmen vielleicht nicht mehr wie bisher die besten aussuchen können. "Zeitverträge werden dann möglicherweise verstärkt eingesetzt, um die Eignung der Bewerber zu testen", sagt Hohendanner. Den Befristungen könnte noch eine lange Zukunft bevorstehen.
Kommentare
Zeitlich begrenzte Verträge
Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass es bei technischen Berufen Leiharbeit gibt. Mit angestrebten Quoten von 20%. Das ist ja auch nicht anders als ein Zeitvertrag. Vielleicht sogar schlechter weil man ja als Leiharbeiter noch mehr "Flexibilität" hat. Oder besser gesagt ist.
An anderen Stellen wird aber auch übertrieben: Warum muss zum Beispiel jedem Azubi eine Übernahmegarantie gegeben werden? Dann hat man ja von Anfang an keinen Leistungsdruck mehr.
Für mich hört sich das stark nach einem ungeschickten Agieren der Gewerkschaften an: Neue Mitglieder durch unnötige Versprechen anlocken, die Stammbelegschaft durch die Verschiebemasse der Leiharbeiter Schützen und genau bei denen wegschauen, die es wirklich brauchen.
Um aus dieser Situation herauszukommen, würde ich einen Marktkonforme Eingriffe vorschlagen: Arbeitnehmer mit zeitlich begrenzten Verträgen müssen für Ihre Unsicherheit durch ein höheres Gehalt (z.B. sichergestellt durch eine Zuschlag gegenüber unbefristet angestellten) entschädigt werden. Dadurch haben manche Arbeitnehmer einen Vorteil eines höheren Gehaltes und auch Unternehmen ist es weiterhin möglich ihre Kapazitäten flexibel zu gestalten. Mit dem Unterschied, dass sie selber die Kosten der Flexibilität tragen und nicht die Arbeitnehmer.
Sie fordern also, dass ausgerechnet diejenigen Firmen, ...
... die schon knapp kalkulieren müssen und nur befristete Verträge anbieten können, mehr Geld auf den Tisch legen sollen?
Ich fürchte, Sie müssen noch ein bisschen üben, bevor sie den Arbeitgebern die Zugeständnisse für Ihre Angestellten entlocken können, die Gewerkschaften noch nicht erwirken konnten.
Unsere Arbeitspolitiker sind daran gescheitert, für prekär Beschäftigte wie Leiharbeiter einen leicht zu rechtfertigenden Aufschlag festzuschreiben. Was lässt Sie glauben, dass das für Berufsanfänger leichter gelingt?
Sie dürfen nicht vergessen, dass alles, was Arbeitgeber Geld kostet, die deutsche Wirtschaft schädigt und das sehr unmittelbar auf die Politik zurück fällt.
Auf lange Sicht führt der Freihandel zur globalen Preisangleichung. Die sanften Einstiege bei Berufsanfängern und prekär Beschäftigten der letzten Jahrzehnte waren nur Vorboten einer Lohnentwicklung nach unten.
Wir haben bisher alle Chancen verpasst, für die bei uns gehandelten Waren vergleichbare Sozial- und Umweltstandards zu forcieren. Wenn wir diesen Handelsaspekt weiter ignorieren, werden auch bei uns die Standards erodieren.
Handel bringt Wandel. Billighandel bringt Billigwandel.
Befristete werden nicht streiken und nicht einer Gewerkschaft
beitreten, um mit anderen Betroffenen zusammen ihre Probleme zu diskutieren. Sie werden sich auch nicht trauen, für den Betriebs- bzw. Personalrat zu kandidieren.
Falsch,
Akademiker bringen es nicht fertig sich gewerkschatlich zu organisieren, warum das so ist, das ist die große Frage.
Auch verhuren sich dt. Akademiker in D und sind damit Teil des Problems, denn es ist doch unschön wenn man eine Lücke im Lebenslauf hat und man angeblich nichts wert ist, da arbeitet man dann schon mal gerne für 1500 Monat/brutto. Finde besonders den Spruch mit der Lücke gut, dass macht bei der zukünftigen Rente in D kaum was aus.
Und das Ing und Informatiker unbefristete AV in D fordern können halte ich mal für ein Gerücht, dazu ist der Markt einfach zu übersättig.
Ansonsten sind Gehälter zwischen 1800 - 2600 (nach 10 Jahren) bei einem weltweit tätigen Ingenieurconsulter in Chemnitz nicht erklärbar.
Wie Arbeitskräftemangel aussieht konnte ich hier in Can erfahren. Wunsch nach Befristung durch AG abgelehnt, Gehaltsforderung von selbst erhöht plus halbjährliche Anpassungen, plus Benefits.
Solange in D die Akademiker das Spiel nicht von selbst beenden wird sich nichts ändern. Kenne Firmen in D im Ing. Bereich, wo die Bewerber gesagt haben, dass sie lieber Hartz IV beziehen, als für den Lohn zu arbeiten. Einige haben zu gemacht, weil sie ihre Aufträge nicht mehr abarbeiten konnten und Kunden verloren haben bzw. mit Regressforderungen wegen Nichterfüllung fertig waren. Eine Chefin muss jetzt täglich bis 1-2 in der Frühe arbeiten, damit die Aufträge erledigt werden, denn sonst sind die Kunden weg, ist kurz vor dem Zusammenbrechen.
Demografie korrigiert die Entwicklung
Wie es im Beitrag anklingt, ist es zurzeit auch eine Frage des Berufes bzw. der Branche. Etliche Branchen können es sich kaum mehr erlauben, qualifizierte Leute per Zeitvertrag als flexible Manövriermasse "hinzuhalten".
Im Gegenteil, ich kenne junge Leute, die den Spieß umdrehen und quasi die "Auswahl" haben.
Ich selbst hatte (früher) schon Zeitverträge, wo ich im Dezember nicht wusste, was im Januar ist. Zeitverträge möchte ich aber nun nicht ganz verteufeln, allerdings sind sie auch ein Instrument der "Beliebigkeit" und die Furcht sich nicht auf einen Menschen einzulassen oder festzulegen wollen sowie eine einseitige Risikovermeidungstrategie. Vielleicht spiegelt sich darin auch die in unserer Gesellschaft zunehmde "Bindungsangst", zum Beispiel auch von Paaren sich bloss nicht zu früh auf ein Kind festzulegen. Den Kinder sind quasi das Gegenteil von Zeitverträgen.
Angesichts der demografischen Entwicklung in D sind Zeitverträge evtl. bloß eine Episode. Insgesamt denke ich, sollte die Gesellschaft bzw. die Menschen wieder mehr die Balance finden und der Job, bzw die Ökonomie nicht so klar das Leben domminieren wie in den letzten Jahren. Dies sage ich aus eigener Erfahrung als fast schon Workaholic......
Befristete Arbeitsverträge wirken sich auf alle Bereiche ...
... der Gesellschaft aus. Auch wenn der demografische Wandel eine Änderung des Arbeitgeberverhaltens nach sich ziehen würde, haben die vielen Jahre der befristeten Arbeitsverträge dafür gesorgt, dass junge, aktive Menschen eine unsichere Zukunft hatten. So werden auch weniger Familien gegründet, weniger Kinder geboren, weniger stabile Beziehungen und Verortungen hergestellt.
Ich beschwöre jetzt nicht eine Gesellschaft wie in den 60er Jahren, wo Familien - häufig mit mehreren Generationen an einem Ort - noch überlebensfähig waren. Die Zeiten ändern sich eben. Nachdenklich macht mich dennoch, dass durch die sogenannte "Flexibilisierung" der Arbeitswelt Eltern, Kinder und Enkel auseinander gerissen werden oder - im Falle der Kinder und Enkel - überhaupt nicht auf die Welt kommen, weil die aktive Generation ihre Zukunft nicht sicher planen kann.
Über all dem steht dann die Forderung des Staates nach mehr Kindern, der mit wenig effektiven Maßnahmen die Familien dazu bringen möchte, diese zu bekommen.
Es wäre eigentlich alles relativ einfach: Die Schaffung eines Umfelds für die junge, arbeitende Generation, das sichere Arbeitsplätze bietet, das einen Arbeitnehmer (gleichgültig, ob Frau oder Mann) wertschätzt, das Familie und Beruf ohne 60-Stunden-Woche oder Pendeln vereinbar macht.
Die Realität sieht leider anders aus.
Liebe Grüße
Bastetqueen