Auf eine erneute Anfrage des Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz von den Grünen antwortete die Regierung nur kurz: "Die Bundesregierung hat die Einführung von Genehmigungspflichten für die Ausfuhr von Technologien zur Überwachung des Internets oder des Telefonverkehrs in den EU-Sanktionsverordnungen gegen Syrien und Iran aktiv unterstützt. Die entsprechenden Regelungen sind Anfang 2012 in Kraft getreten. Die Bundesregierung wirkt auch an den Diskussionen zu einer möglichen Ausweitung des Kontrollregimes für Überwachungstechnik auf internationaler Ebene im Rahmen des Wassenaar Arrangements mit und stimmt sich hierzu mit den internationalen Partnern ab."
Nun will von Notz Taten sehen, schreibt er in einem Blogeintrag: "Bundesregierung und das federführende Ministerium für Wirtschaft und Technologie können dann zeigen, wie ernst es ihnen tatsächlich ist, wenn wir unseren Antrag für eine verbesserte Kontrolle entsprechender Ausfuhren in Kürze in den Bundestag einbringen."
Das BKA testet derzeit ein Produkt der Firma Gamma
"Es ist paradox, wenn europäische Regierungen einerseits betonen, wie wichtig es ist, dass Bürgerjournalisten Nachrichtensperren durchbrechen und unter Einsatz ihres Lebens Informationen aus autoritären Staaten liefern – und europäische Firmen die Machthaber dieser Staaten gleichzeitig mit der Technik versorgen, um Aktivisten zu verfolgen", sagt auch Matthias Spielkamp, Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen in Berlin.
Sollte die OECD Trovicor und Gamma International nachweisen können, dass sie zu Menschenrechtsverletzungen beigetragen haben, wäre das auch für die Bundesregierung peinlich. Denn weil das "Kompetenzzentrum Informationstechnische Überwachung" den Staatstrojaner der Firma Digitask nicht mehr einsetzen darf und vor 2014 auch keinen eigenen entwickelt haben wird, testet das BKA derzeit ein Produkt von Gamma. Es handelt sich dabei um die Überwachungssoftware FinFisher oder FinSpy. Die hatte auch das Regime in Bahrain eingesetzt.
Martin J. Muench, der bei Gamma für das FinFisher-Produktportfolio zuständig ist, streitet Geschäftsbeziehungen mit Bahrain ab. Er hat wiederholt gesagt, eine Version der Software sei bei einer Messe gestohlen, kopiert und "anderswo" eingesetzt worden. Sein Unternehmen habe FinFisher jedenfalls nicht an Bahrain verkauft und kooperiere im Übrigen mit den Exportkontrolleuren der USA, Großbritanniens und Deutschlands.
Kommentare
deutscher Januskopf
Bei Staatsbesuchen gibt sich Merkel als große Mahnerin im Namen der Menschenrechte, im eigenen Land aber wird vieles getan, um aus den weltweiten Verstoßen gegen sie Profit zu schlagen.
Deutsche Überwachungssoftware muss in Deutschland bleiben.
Dafür wurde sie entwickelt.
Es reicht ja wohl, wenn Tötungsgerätschaften an einschlägige Länder exportiert wird. Die sollen schießen und nicht nachfragen.
Information zum besseren Verständnis: Hier war Ironie im Spiel.
gestohlen, ja klar
Und in der Eile hat der Dieb auf der Messe seinen Aktenkoffer voller Geld vergessen, oder?
Ist solche Software demokratiekonform?
Ich finde wir sollten generell darüber diskutieren, ob solche Überwachungssoftware überhaupt von irgendwelchen Behörden verwendet werden sollte, Demokratien (und solche, die sich so nennen) eingeschlossen.
Unsere Sicherheitsbehörden führen uns vor Augen, wie wenig man sie unter Kontrolle hat und die berechtigte Vermutung, das sie in Verbrechen verstrickt sind und die Aufklärung behindern, sollte Anlass genug sein darüber nachzudenken, ob solche Programme, inklusive der danach lechzenden Innenminister, nicht die viel größere Gefahr für Bürgerrechte und Demokratie sind.
Die mediale Öffentlichkeit hat sich für meinen Geschmack viel zu sehr damit abgefunden, dass Innenminister als "hardliner" oder "law & order"-Politiker bezeichnet werden und Methoden mit schwammigen Begriffen wie "Terrorismus" und regelmäßiger Panikmache rechtfertigen, die die Stasi sich in ihren wildesten Träumen nicht erträumt hätte.