Er kam, um zu schmeicheln. Als Christian Friege, Chef des Ökostromanbieters Lichtblick, dem diesjährigen re:publica-Publikum seine Aufwartung machte , war er voll des Lobes. "Das Internet verändert Machtgefüge, Märkte, Marken!", rief er den meist jungen Zuhörern zu. Das Web 2.0 ermögliche eine neue Debattenkultur, auch beim Thema Nachhaltigkeit: "Es kann die Energiewende kritisch begleiten und damit auch beschleunigen." Die Botschaft des re:publica-Sponsors war deutlich: Liebe Blogger, bloggt grün.
Aber bitte nicht bei Twitter, hätte er vielleicht noch hinzufügen sollen. Dreimal die Note ungenügend vergab Greenpeace gerade an den amerikanischen Micro-Blogging-Dienst. Die Beurteilungen sind Teil einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie. How dirty is your data? , haben die Autoren sie provokant genannt. Untersucht wurde der Energiemix, den zehn große IT-Unternehmen – darunter Google, Microsoft, Apple, Amazon, Facebook und Yahoo! – nutzen. Außerdem bewertete Greenpeace die strategischen Standortentscheidungen der Konzerne sowie ihre Bemühungen um Transparenz.
Die Ergebnisse sind eher unerfreulich: Ökologische Nachhaltigkeit spielt in der Firmenpolitik der meisten Marktführer bislang kaum eine Rolle. Facebook etwa betreibt große Serverzentren im US-Bundesstaat North Carolina, dort gibt es Steuervergünstigungen und billigen Strom aus Kohle und Kernkraft. In unmittelbarer Nachbarschaft haben sich deshalb auch schon Google und Apple niedergelassen.
Zwar investiert Google andernorts vorbildlich in Wind- und Solarenergieanlagen , hält sich aber – wie die Konkurrenz auch – bedeckt, wenn es um die Veröffentlichung vom Gesamtverbrauch geht. "Google verfolgt seit 2007 das Ziel, CO2-neutral zu sein", sagt der deutsche Pressesprecher Ralf Bremer auf Nachfrage. "Das Einzige, was wir nicht veröffentlichen, sind die Standorte oder Zahl unserer Datencenter."
Dabei wäre genau das die entscheidende Frage: Wie groß ist denn nun der Carbon Footprint , den die Weltbevölkerung beim E-Mailen, Onlineshoppen, Videogucken oder Fotoverwalten mittlerweile hinterlässt? Das Problem: Es ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten. In den USA verbrauchen die Serverparks drei Prozent des nationalen Stroms, schätzt Greenpeace. Nicht eingerechnet ist dabei die Energie, die für die Telekommunikationsnetze und an den Endgeräten selbst aufgewendet wird. Weltweit fließen rund 1,5 bis 2 Prozent der global erzeugten Energie in Rechenzentren; bis 2020 wird sich der Wert verdreifachen, möglicherweise sogar vervierfachen.
Ihre wackelige Datenbasis verschleiert die Studie nicht, es geht ohnehin eher um einen propagandistischen Vorstoß. Um den blinden Fleck im Auge der digitalen Gesellschaft: "Da die Cloud unseren digitalen Konsum weitgehend unsichtbar macht – weil Informationen jederzeit magisch einfach herbeigeholt werden können –, fällt es uns schwer zu realisieren, dass unser digitalisiertes Leben mehr und mehr Strom verschlingt." Längst bleiben die Laptops Tag und Nacht online und aufgeklappt: Klick, aktualisieren, klick, runterladen, klick weiterleiten. Wie viel Energie dabei durch den weltweiten Kabelsalat fließt, tja, wer weiß das schon. Und wen kümmert’s?
Kommentare
Facebook, Twitter und Co...
...ist hauptsächlich eine gewaltige Ressourcenverschwendung.
Nicht nur Zeit (was schon schlimm genug wäre), natürlich auch Energie.
Aber wie man an der Kommentarflut ersehen kann, geht den "Bewohnern" der virtuellen Welt, die Realität am verlängerten Rückgrat vorbei.
Immer schön die Augen vor der bösen Realität verschließen...
Virtualität vs. Realität?
Mir scheint, Sie gehören zu den vielen Menschen, die glauben, das Gegenteil von "virtuell" sei "real". Dem ist aber mitnichten so!
Das Gegenteil von "virtuell" ist "physisch". Wenn dem nicht so wäre, wäre Ihr Kommentar (ebenso wie meiner und der aller anderen hier) irreal, also in Wirklichkeit nie gepostet worden ...
Carbon Foodprint? Mehr als der Carbon Foodprint interessiert mich der Quecksilber oder ähnlicher Foodprint für die Herstellung der Rechner, dem Abbau der Metalle, die verarbeitet werden wobei schon mal Säuren zum Einsatz kommen, die die Umwelt stark belasten.
Doch heutzutage spricht der Mainstream ja nur noch von Carbon Foodprint und verharmlost die wahren Gefahren für die Umwelt.
Anscheinend ist auch bei ZEIT niemand bereit mal wieder die Umweltdebatten der 80er Jahre wiederzubeleben, denn es geht eigentlich gar nicht um Umwelt- oder Naturschutz, sondern nur um knallhartes Carbon Foodprint Marketing.
Foodprint?
Ist das ein Druck aus Lebensmittelfarbe? Hier geht's um einen Fußabdruck, eng. "Footprint"!
Pc jetzt schlimmer als Auto oder weniger Schlimm oder gleich?
Also einige Grüne fordern ja immer wieder 5D-Mark bis zu 5€ pro Liter Kraftstoff !
Um den Verbrauch zu senken.
Wäre es dann nicht konsequent zu sagen:
Internet = 1€ / min
TV = 1 € / Min
Ach ja weniger Autos sind ja besser.
Das heißt weniger Inet ist auch besser.
Oder muss man nicht gleich konsquenterweise fordern:
Weniger Menschen = besser?
Grauenhaft
Entfernt. Bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl und argumentieren sachlich. Danke, die Redaktion/se.
Falsches Forum
Ein "Schmutz" heißt nicht automatisch, dass man vor jedem anderen Schmutz die Augen verschließen soll und nicht darüber berichten darf.
Über Foxconn wurde an anderer Stelle berichtet; wenn Sie nichts über Green-IT lesen wollen, dürfen Sie eben nicht auf den entsprechenden Link klicken.