Um die Pressefreiheit ist es derzeit in Europa nicht so gut bestellt. In Ungarn und in Italien kann von freier Presse nur noch eingeschränkt gesprochen werden, auch in Frankreich und vielen osteuropäischen Ländern hat sich die Situation durch staatliche Eingriffe und zunehmende Medienkonzentration massiv verschlechtert. Selbst Deutschland befindet sich lediglich auf Platz 17 der Rangliste für Pressefreiheit, die jährlich von der Organisation Reporter ohne Grenzen erstellt wird.
Nicht-EU-Mitglied Island hat einen Weg eingeschlagen, um die Situation zu verbessern und dieser könnte für ganz Europa zum Vorbild werden. In Island wurde am 15. April das erste von insgesamt 13 Mediengesetzen erlassen, die unter dem Akronym IMMI firmieren. IMMI steht für Icelandic Modern Media Initiative – es ist der Versuch, Presse- und Meinungsfreiheit im digitalen Zeitalter zu sichern und Transparenz zu gewährleisten, wie es in der Präambel heißt.
Journalisten und ihre Quellen sind in digitaler Umgebung nur unzureichend geschützt, lautet die zugrunde liegende Annahme. Denn im globalen Internet versagen nationale Abwehrrechte für Journalisten. Niemand kann beispielsweise die chinesische Regierung effektiv daran hindern, die Online-Aktivitäten eines deutschen Reporters zu kontrollieren und so dessen Quellen aufzudecken.
Island möchte mit IMMI beweisen, dass nationale Gesetze sehr wohl international wirken können. Dank des Mediengesetzes können Interessierte ihre Aktivitäten über Server laufen lassen, die in Island und insofern unter dem Schutz von IMMI stehen. Das Modell gewährleistet die sichere Kommunikation zwischen Informanten und Journalisten und schützt vor den Eingriffen Dritter in die technische Infrastruktur – es schaltet die klassischen Internetdiensteanbieter aus.
Gleichzeitig bietet das isländische Recht nun sehr viel mehr Schutz für Whistleblower, Menschen also, die mit internen und meist vertraulichen Dokumenten an die Öffentlichkeit gehen, um Missstände aufzuzeigen. Dazu ist in der Initiative ein weit reichendes Informationsfreiheitsgesetz enthalten, das gleichzeitig staatliche Behörden zu umfassender Zusammenarbeit mit Journalisten verpflichtet.
Allerdings gibt es nicht wenige Interessengruppen und Nationen, die über den isländischen Vorstoß weniger erfreut sind. IMMI schützt schließlich neben Journalisten auch Gruppen und Organisationen, die unter Umständen in anderen Ländern als terroristische Vereinigungen gelten. Der Schutz von Servern der al-Qaida beispielsweise wird sich international schlecht verteidigen lassen. Und wenn Island anfängt, selbst zu entscheiden, wer unter den Schutz von IMMI fällt und wer nicht, untergräbt es damit den eigentlichen Sinn der Initiative.
IMMI kann daher nicht als Lösung der Probleme der digitalen Welt gelten. Die Initiative ist vielmehr ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Idee eine "Schweiz der Bits" zu errichten, sei einen Versuch wert, wie der Stuttgarter Medienjurist Carsten Ulbricht findet: "Das Konzept der Steueroasen funktioniert deshalb so gut, weil Geld immer dorthin wandert, wo es am besten geschützt und am wenigsten kontrolliert wird. Dasselbe gilt auch für andere immaterielle Güter wie Informationen und Websites."
Kommentare
Go Island!
"Im Jahr 2009 versuchten die Isländer zu verstehen, wie es zu der schwersten Wirtschaftskrise in der Geschichte ihres Landes kommen konnte. Mangelnde Transparenz und impotente Medien wurden daraufhin als Problem ausgemacht. Durch einstweilige Verfügungen und Vetternwirtschaft konnten Banken kritische Berichterstattung verhindern, wie geheime Dokumente belegten, die auf der Plattform Wikileaks im August 2009 veröffentlicht wurden."
Da haben sie uns klar was vorraus. Investigative Medien - die gibt es leider in Deutschland nicht wirklich ausreichend, machmal frage ich mich ob es sie überhaupt gibt.
Es wäre vllt gut gewesen wenn wir auch ein bisschen mehr von der Finanzkrise abbekommen hätten, dann wäre uns auch mehr an Aufklärung gelegen.
Ansonsten finde ich auch: Das ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.
Pirateninsel
Wenn Island die "Schweiz der Bits" werden will, muss es sogar umstrittene Inhalte unbesehen zulassen, so wie es die Schweiz mit ihren Konten tut. Ausnahmen wären dann nur auf ausdrückliches und begründetes Ersuchen anderer Staaten möglich.
Die andere Frage ist, ob die Macht der Bits so gewichtig wirkt wie die Macht des Geldes - ob also Island dem zu erwartenden Druck von allen möglichen Seiten etwas entgegensetzen kann.
Die interessanteste Frage ist aber, ob diese Weichenstellung nicht Islands EU-Kandidatur endgültig untergräbt. Es ist schwer vorstellbar, dass die EU-Bürokratie so eine Pirateninsel in ihrer Mitte dulden würde.
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Entfernt. Bitte diskutieren Sie das Artikelthema gemäß der Netiquette. Danke. Die Redaktion/lv
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soviel zu Meinungsfreiheit.....
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Entfernt. Bitte beteiligen Sie sich sachlich. Danke. Die Redaktion/lv