Der HTTP-Statuscode 404 hat es weit gebracht. So ziemlich jeder dürfte die Fehlermeldung kennen, sie bedeutet: Ihr Browser hat zwar den gewünschten Server erreicht, aber der Server findet die von Ihnen angefragte Seite nicht. Es gibt Seiten, auf denen die kreativsten 404-Versionen gesammelt werden, die sich Serverbetreiber ausgedacht haben. Und die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) hat sogar einen 404-Feiertag erfunden, den 4. April.
Die EFF wollte damit auf Zensur in öffentlichen Bibliotheken und Schulen hinweisen. Zu weit gehende Jugendschutz-Filter in deren Netzwerken würden verhindern, dass Besucher und Schüler wichtige Informationen etwa über Gesundheitsthemen abrufen können.
Nun gibt es einen neuen Statuscode, der dafür besser
geeignet wäre: 451 – "diese Seite ist aus rechtlichen Gründen nicht
erreichbar".
Ein Google-Ingenieur will vor Zensur warnen
Der Vorschlag kommt von Tim Bray. Der einstige Google- und heutige Amazon-Angestellte hatte ihn vor dreieinhalb Jahren bei der Internet Engineering Task Force (IETF) eingereicht, die unter anderem Standards im Netz entwickelt. Seit dem 17. Dezember gilt der Vorschlag als angenommen, nur die offizielle Stellungnahme der letztlich verantwortlichen Internet Engineering Steering Group fehlt noch.
451 ist damit der neueste der insgesamt
mehr als 60
HTTP-Statuscodes. Mit diesen Codes gibt ein Server dem Client – also zum
Beispiel dem Browser – einen maschinenlesbaren Hinweis darauf, ob und wie eine
Anfrage verarbeitet wird. Die erste Ziffer weist dabei immer auf die jeweilige
Statusklasse hin. Statuscodes, die mit einer 1 beginnen, besagen: Die Bearbeitung der Anfrage durch den Server dauert noch an. Eine 2 bedeutet: Die Anfrage war erfolgreich. Bei einer 3 muss der Client weitere Schritte unternehmen. All diese Codes bekommt ein normaler Nutzer nicht zu sehen. Anders ist das bei jenen, die mit einer 4 oder 5 anfangen. Sie besagen, dass es sich bei einer fehlerhaften
Anfrage um ein Client- oder ein Serverproblem handelt, und werden im Browser in vielen Fällen angezeigt.
Nach der ersten Ziffer wird in der Regel
fortlaufend durchnummeriert. In dieser Hinsicht ist 451 eine Ausnahme, denn es
gibt nur einen Code 449, aber keine 450. Die Erklärung: Tim Bray wollte
Serverbetreibern eine Möglichkeit geben, transparenter als bisher darauf
hinzuweisen, "wenn Gesetze oder politische Entscheidungen ihren Betrieb beeinflussen".
Sprich, wenn Zensurmaßnahmen verhindern, dass bestimmte Inhalte im Internet
zugänglich gemacht werden dürfen. Die 451 ist ausdrücklich ein Verweis auf Fahrenheit 451 von Ray
Bradbury.
Ein politisches Easter Egg
In dem 1953 veröffentlichten dystopischen Roman beschreibt Bradbury eine Gesellschaft, in der es verboten ist, Bücher zu lesen oder zu besitzen, weil sie aufrührerisches Denken und Handeln fördern könnten. Die Feuerwehr ist dazu da, Bücher zu verbrennen, mechanische Hunde jagen und töten ihre Besitzer.
Die 451 ist also eine Art politisches Easter Egg. Es mag untypisch für eine technische Organisation wie die IETF erscheinen, unpassend ist es angesichts der vielerorts zunehmenden Zensur im Netz sicherlich nicht. Mark Nottingham, Vorsitzender jener Arbeitsgruppe, die den Vorschlag von Bray zuerst bearbeitet hatte, schreibt in seinem Blog, der Zensurhinweis hätte auch in einer 403-Meldung (Forbidden) untergebracht werden können. Doch die 451 sei ein klarer, maschinenlesbarer und damit leichter auszuwertender Code. Verschiedene Projekte wollten "in der Lage sein, das Netz automatisiert nach 451-Meldungen abzusuchen, um Zensur zu katalogisieren". Denkbar sei zudem, dass Serverbetreiber ihren Nutzern neben dem 451-Code noch einen Hinweis auf Techniken zur Umgehung von Zensur zeigen, wie zum Beispiel den Tor-Browser.
Nottingham räumt aber auch ein, dass dies nicht immer möglich sein wird: "Manche Regierungen werden den Gebrauch von 451 untersagen, um ihre Zensurmaßnahmen zu verstecken." Dann wäre auch die Zensurwarnung zensiert, und dagegen könne auch die IETF nichts machen.
Kommentare
Wird das wirklich jemals auftauchen? Die Zensierer haben doch auch ein Interesse daran, das niemand ihr Wirken mitbekommt oder?
Ich habe es letztens in Moskau zum ersten mal gesehen, als ich oppositionelle News und Blogs lesen wollte...
Ohne jetzt mehr als den Teaser gelesen zu haben: Fahrenheit 451? ^^
Steht in meinem Bücherregal. Übrigens auch gut verfilmt worden. Man muß Nerd-Humor manchmal einfach großartig finden.
Die Lektüre des Artikels schafft da bereits Abhilfe, denn er geht auf die Bedeutung des Codes und die Gründe für dessen Wahl ein.
Wie üblich ist es hilfreich, dies zu beherzigen: Erst informieren, dann kommentieren.
NOCH RÜHRT UNS DAS nicht
doch dieses ganze System das brüstet, so viel Macht zu haben, von dem der alte Snowden wieder und wieder wiederkaut, wie schrecklich es sei, ist wahrscheinlich das EI, das irgendwann auslaufen wird. Keiner kann übersehen, wie fehlerhaft die Maschinen sind und viele werden irgendwann mal merken, dass den Diensten so ziemlich alles entkommt, was sie mühsam zusammengesucht haben. Ihre unendlichen Daten, wofür sie keine Auswerter haben, Flugzeuge die plötzlich im Flug ihr Programm verlieren und weg sind, Autorückruf Lawinen und Terroristen die so ziemlich jede Kontrolle unbeschadet passieren. Eine ATIMUT die Verschleierung, die der Welt Furcht vor totaler Überwachung einjagen soll. Es war der Rabbi Löw der schon vor einigen Jahrhunderten davor warnte, dass der GOLEM stürzen wird. DIGITAL ist nicht gleich gut und es ist noch abzuwarten, wer da wirklich Bradbury's Vision verwirklichen wird.
Denn was die Chats, SMS und sozialen Medien mit unserer Sprache machen, könnte das gewesen sein, was er voraussah. Dass die Globalisierung das Menschsein auf kleinsten gemeinsamen Nenner zwingt, könnte er gemeint haben. Dass FUCK U GOETHE der Renner ist und Starwars Rekorde feiert, könnte darauf hinweisen, dass mit den letzten Rentnern Weisheit ausstirbt. NICHT SO EILIG HERR BEUTH
Wieso rührt uns das nicht? Sie scheinen nicht auf dem neusten Stand zu sein, was Zensur in Deutschland und EU angeht.
Es ist schon verrückt. ich bin jedes jahr mehrmals in der Türkei und benutze dort Smartphone mit Internet drauf. Und es wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Herkömmliche VPN Anbieter wurden auch schon gesperrt. (Also PPTP Verbindungen) http://vpn-anbieter-vergl... Nun habe ich den Anbieter gewechselt und es geht wieder einwandfrei. Aber sonst geht nicht einmal Whatsapp durch! Komisch aber das ist nicht immer so, einmal geht es für 10min und dann wieder einen Tag nicht mehr!
Vielleicht sollten wir uns auch um Zensurmechanismen hierzulande kümmern. Was geht einem die Türkei an?
Nicht jede Zensur ist politisch motiviert sondern kann auch wirtschaftliche Hintergründe haben und theoretisch sogar eine Kombination von beiden sein.
Ein gutes Beispiel hierfür wäre die GEMA. Dank ihres Wirkens, ist Deutschland ein zweites Mal eingemauert worden mit der Folge, dass kulturelle Güter (hier Musik) aus aller Welt garnicht nur sehr eingeschränkt verfügbar sind.
Wir reden hier nicht von Raubkopien sondern von Inhalten die von den jeweiligen Produzenten weltweit gezielt und ganz legal der Weltöffentlichkeit dargeboten werden und für sowie von der GEMA niemals zur Vermarktung vorgesehen sind.
Das hier wirtschaftliche Interessen Inhalte zensieren liegt nahe.