Bewertungsportale im Internet müssen
Beanstandungen ernsthaft überprüfen. Gegebenenfalls müssen sie den
Bewerter auffordern, ihren Kommentar näher zu begründen und den
Arztbesuch zu belegen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe
entschied. Dabei dürfe die Prüfpflicht der Portalbetreiber aber nicht so
weit gehen, dass Bewertungsportale faktisch nicht mehr betrieben werden können.
Im konkreten Fall wehrt sich ein Zahnarzt gegen eine Bewertung mit der Schulnote 4,8 auf dem Arzt-Bewertungsportal Jameda. Der Zahnarzt vertritt die Auffassung, der Bewerter sei gar nicht bei ihm in Behandlung gewesen. Jameda hatte die Bewertung zunächst gelöscht, nach einer Prüfung aber wieder eingestellt.
Der BGH verwies den Streit zur weiteren Klärung an das Oberlandesgericht (OLG) Köln zurück. Jameda müsse in einer solchen Situation den Bewerter auffordern, den Arztbesuch genau zu beschreiben und Unterlagen vorzulegen, die die Behandlung belegen könnten, etwa Rezepte, Bonusheft "oder sonstige Indizien". Eine Weitergabe an den Arzt komme in Betracht, wenn trotzdem die Anonymität des Bewerters gewahrt bleibt.
Im Interesse der Meinungs- und Medienfreiheit seien zwar Meldungen aller Art grundsätzlich zu dulden, aber Beanstandungen müssten sorgfältig und gewissenhaft geprüft werden, sagte der vorsitzende Richter Gregor Galke. Im vorliegenden Fall hätte Jameda den Verfasser der umstrittenen Bewertung auffordern müssen, etwa Bonushefte oder Rezepte vorzulegen. Das habe der Portalbetreiber allerdings versäumt.
Voigtland bezeichnete die
BGH-Entscheidung als "erfreuliches Urteil für die Stärkung des
Persönlichkeitsrechts". Künftig werde es so für Betroffene leichter, sich
gegen ungerechte Bewertungen zu wehren. Darüber hinaus hat das Urteil weitreichende Folgen auch für andere Internetportale, die
ihre Prüfprozesse nun anpassen müssen, sagte eine BGH-Sprecherin. Die Portale
müssen seit einem BGH-Beschluss aus dem Jahr 2011 zwar prüfen, wenn sich
ein bewerteter Arzt oder Anwalt beschwert. "Das lief aber dann im
stillen Kämmerlein ab, das Ergebnis wurde dem Beschwerdeführer dann
mitgeteilt und das war's", sagte Voigtland.
Der zuständige VI. Senat des BGH stellte gleichzeitig aber klar, das solche Nachweise weiterhin anonymisiert werden dürfen. Laut Telemediengesetz dürfen personenbezogene Daten wie etwa der sogenannte Klarname eines anonymen Bewerters nur dann preisgegeben werden, wenn dieser einverstanden ist, wenn der Staatsanwalt ermittelt oder wenn etwa Urheberrechte verletzt werden.
Kommentare
"Das jugendsprachliche Verb dissen (von englisch to diss, wahrscheinlich abgeleitet von disrespect)[1] bedeutet so viel wie (jemanden) „schlechtmachen“, „schräg anmachen“, „respektlos behandeln“ oder „schmähen“. Seit 2000 ist das Wort dissen im Duden verzeichnet.[2]" so schreibt es wikipedia. Es ging aber doch eher um schlechte Bewertungen, sind diese automatisch ein "Schlechtmachen", wenn es doch auch schlichtweg darum gehen kann, ass eine schlechte Bewertung gerechtfertigt ist?
Wenn ich schreibe "also, ich musste trotz Termin drei Stunden warten, ich wurde unfreundlich behandelt und die Diagnose wurde ohne weitere umfassende Untersuchung gestellt", dann ist dies eine schlechte Bewertung, ist aber imho kein Dissen weil es ja auf Fakten beruhen kann.
Oder geht es darum, dass wirklich die ungerechtfertigten Bewertungen schwieriger werden? Das sehe ich durch das Urteil nicht gegeben.
Ich denke, Sie haben den Artikel entweder nicht gelesen oder einfach nicht verstanden... Es geht hier um eine nicht berechtigte Kritik. Sollte dies berechtigt sein, dann dürfen Sie das natürlich kundtun und von mir aus Schulnote 4 vergeben. Wobei es hier schlicht und einfach um Augenwischerei geht. Sie legen ein Rezept oder das Bonusheft vor, und dann dürfen Sie behaupten was Sie wollen. Von dem her ist der Titel eigentlich richtig formuliert, das Dissen wird erschwert,
"Eine Weitergabe an den Arzt komme in Betracht, wenn trotzdem die Anonymität des Bewerters gewahrt bleibt. "
Ich lach mich tot.
@ J-R
"Eine Weitergabe an den Arzt komme in Betracht, wenn trotzdem die Anonymität des Bewerters gewahrt bleibt. "
Wieso soll eine anonyme Weitergabe nicht möglich sein?
Wenn z.B. beim Bonusheft (Zahnarzt) der Patientenname unkenntlich gemacht wird, dann ist immer noch an Hand des Praxisstempel ersichtlich, dass der Patient tatsächlich in der Praxis war.
Der Zahnarzt weiß dann zwar, dass ein Patient XYZ bei ihm in Behandlung war, er weiß aber nicht, wer es war.
Bereits jetzt ist es doch so, dass auf Jameda negative Bewertungen auf Drängen des Arztes oft gelöscht werden. Dazu kommt noch, dass Ärzte oft sehr offensichtlich ihre Bewertungen frisieren. Vor allem bei Ärzten, die für "Premium" zahlen, sind die Bewertungen extrem gut.
Faszinierend, wie wenig die Meinungsäußerungsfreiheit gegenüber der Meinungshörfreiheit zählt.
Muss nun etwa jeder Journalist, der sich zu Syrien öußert auch nachweisen, dort gewesen zu sein? Es würde reichlich Druckerschwärze sparen und ggf auch zu besserer Berichterstattung führen. Aber dies ist doch nicht mein Deutschland, um in den Worten von Frau Merkel zu bleiben, die ich, ich muss es gestehen, nicht persönlich getroffen habe.
Darf die ZEIT online nun noch Meinungsäußerungen zulassen ohne Zeugnis oder Dokument? Oder sind Ärzte anders, wie anders?
Ich frage mich, wohin das Urteil führen wird. Auf der einen Seite verstehe ich, dass man sich vor Rufmord schützen muss, auf der anderen Seite frage ich mich, wie ich über eine Unverschämtheit eines Anwalts nachweisen soll, wenn es auf Grund dieser keine Dokumente gibt ( z.B. nach 3 Stunden Warten Nachhause gegangen )
Was soll beispielsweise yelp machen, wenn jemand für sämtliche schlechte Bewertung ein Nachweis möchte.
Das dürfte vor allem zu mehr deutschsprachigen Boards und Portalen im nichteuropäischen Ausland sorgen, irgendwas abseits der Zugriffe der deutschen Justiz. Ich persönlich erwarte keine grundlegende Signalwirkung dahingehend, dass Persönlichkeitsrechte besser gewahrt würden. Richtig ist, dass große Plattformen damit in Ihrer bisherigen globalen Strukturierung Probleme haben könnten.