Arlo Gilbert ist sauer. In etwa sechs Wochen werde sein Haus aufhören zu funktionieren, schreibt der Unternehmer aus Austin in einem Blogeintrag. Am 15. Mai nämlich wird sein Heimautomatisierungshub Revolv vom Hersteller, der Alphabet-Tochter Nest, abgeschaltet. Gilberts Gartenlampen, sein Sicherheitssystem und seine smarte Beleuchtung werden dann nicht mehr automatisch laufen. Das 300-Dollar-Gerät sei somit weniger wert als ein etwa gleichgroßer Becher Hummus aus dem Kühlregal, schreibt Gilbert.
Revolv kam Ende 2013 auf den Markt und gehörte zu den Hubs, also Steuerungszentralen, fürs automatisierte Eigenheim. Der handgroße Kasten konnte sich mit verschiedenen "smarten" Gegenständen verbinden und sie über eine App steuern. Die Nutzer konnten etwa einstellen, dass die Kaffeemaschine eingeschaltet wird, wenn morgens der Wecker klingelt, um nur ein Beispiel zu nennen. Ende 2014 übernahm Nest das Unternehmen hinter Revolv, stoppte aber gleichzeitig dessen Verkauf. Neun Monate später schluckte Google wiederum Nest für 3,2 Milliarden Dollar.
Ein Verkaufsschlager war Revolv nicht und die Verantwortlichen von Nest gaben bereits bei der Übernahme an, vor allem das Team dahinter übernommen zu haben, und nicht einzelne Produkte. Die Expertise von Revolv sollte vor allem in die eigene Plattform Works with Nest fließen, aber zumindest konnten die Käufer von Revolv das Gerät weiterhin nutzen. Bis jetzt jedenfalls.
"Wir investieren all unsere Energie in Works with Nest", heißt es als Ankündigung auf der Website von Revolv. Die App, die mit den Servern des Unternehmens verbunden ist, soll ab dem 15. Mai nicht mehr funktionieren. Sämtliche Nutzerdaten werden gelöscht. Eine Möglichkeit, Revolv lokal und gewissermaßen offline weiter zu nutzen, gibt es nicht, das Gerät ist somit wertlos.
Es gibt gute Gründe für das Ende von Produkten
Nicht alle Revolv-Besitzer beklagen die Entscheidung so lautstark wie Arlo Gilbert. Wohl auch, weil das Gerät seit anderthalb Jahren nicht mehr verkauft wird und es vermutlich nicht mehr allzu viele Menschen überhaupt nutzen. Auf Twitter und den Websites von Fachportalen aber wird die Entscheidung von Nest, und damit unweigerlich von Alphabet, rege diskutiert.
Aus Unternehmenssicht lässt sich das Ende von Revolv nachvollziehen. Die Verkaufszahlen waren überschaubar, die Software wurde seit knapp einem Jahr nicht mehr aktualisiert, was ein Sicherheitsrisiko bedeuten könnte. Die Garantieansprüche sind für die Käufer mittlerweile erloschen und möglicherweise hat Nest inzwischen tatsächlich bessere Geräte mit ähnlichen Funktionen im Angebot. Dass einzelne Produktreihen beendet werden, ihr Support eines Tages ausläuft, Ersatzteile nicht mehr hergestellt werden oder eben Server abgeschaltet werden, ist bekannt und notwendig. Auch ein großes Unternehmen wie HP hatte in der Vergangenheit bereits einzelne Produkte binnen kürzester Zeit wieder abgeschossen.
Der Unterschied ist, dass die meiste Hard- und Software in der Regel weiterhin funktioniert. Wer heute noch Windows XP nutzen möchte, kann das gerne tun, darf aber nicht mehr auf den offiziellen Support hoffen. Auch mit einem acht Jahre alten iPhone lässt sich noch telefonieren, und dass ein WLAN-Radiowecker plötzlich seinen Dienst einstellt, weil der Hersteller die Server abschaltet, scheint geradezu absurd.
Doch genau vor dieser Realität warnt Gilbert. Sein vor zwei Jahren gekauftes Gerät sei demnächst nicht mehr als ein Briefbeschwerer. Er könne sich zwar problemlos einen Ersatz leisten, aber ihm ginge es um das Prinzip. Zum Abschluss seines Blogeintrags stellt er die Frage: Wenn Software und Hardware so eng verbunden sind, bedeutet das, dass die Hersteller künftig einfach nach dem Ende der Garantielaufzeit einzelne Geräte abstellen können?
Kommentare
Ein internet der Dinge bedingt nicht automatisch Cloud- bzw. Serverdienste eines Herstellers.
Wenn man Komponenten Kauft, die einfach auch "stand alone" oder zur Not auf eigenen Servern laufen können, kann man auch beim Internet der Dinge über zehn oder mehr Jahre Spaß haben.
Oder kurz gesagt: Die Abhängigkeit von Clouds oder Firmenservern ist doof ;)
Volle Zustimmung. Es ist moegelich, und auch nicht wirklich schwierig, eine Hausautomation dezentral, ohne Abhaengigkeit von einem zentralen Cloud-Server aufzubauen.
Cloud-services sollten nur dort benutzt werden, wo sie unumgaenglich sind. M.E. ist das aber fast nie der Fall.
Solange es nur die Hersteller sind, die ihren Service einstellen, ist das zwar unangenehm, aber nicht so dramatisch.
Aber stellen Sie sich mal vor, Ihr "Smart Home" würde von Verbrechern gehackt und ausgeraubt. Oder: das Kontrollgerät wird gehackt und man lässt sie erst nach Zahlung eines hübschen Sümmchens wieder ins traute Heim...
So eine Art "locky" für das "Smart Home"...
Genau deshalb mag ich manche Dinge altmodisch: Haustürschlüssel, Bargeld, etc...
Bargeld? Wieviel Bargeld horten sie den zu Hause? Nicht das sie mich falsch verstehen, ich bin auch dafür daß Bargeld und Bargeldzahlungen nicht abgeschafft werden, aber meistens habe max. 50 Euro im Geldbeutel und alles andere liegt auf dem Konto bei der Bank. Wenn die Bank plötzlich sagen sollte daß sie mir nichts mehr von meinem Geld gibt, dann sehe ich in die Röhre auch wenn es Bargeld weiterhin geben sollte.
Noch ein Argument mehr gegen das "Internet der Dinge".
Durch ein Smartphone gesteuerter Toaster? - So etwas absurdes ist ja nicht einmal Monty Python oder den Autoren von Star Trek eingefallen.
Das ist so nicht ganz richtig. Bei Star Trek gibt es Replikatoren, die mittels einer Sprachsteuerung jedes beliebige Essen erschaffen können, indem sie auf eine zunächst lokal vernetzte Datenbank (der Schiffscomputer) als auch via Subraum mit großen Rechenzentern wie z.B. Memory Alpha verbunden sind. Und ja, die können auch Toast machen. Star Trek ist sogar das beste Beispiel für das Internet der Dinge, da alle Gerät, vom Kommunikator über den Trikorder, das Holodeck oder das Diagnosebett miteinandervernetzt sind - mit allen Vor- und Nachteilen.
Der Unterschied ist, dass die Ingenieure bei Starfleet nicht nach finanziellen Verbesserungen streben... und dass es keine Smartphones mehr gibt, weil diese überflüssig geworden sind. Selbst die Insignienkommunikatoren sind im Grunde nichts weiter als reine Audio-Input-Output Systeme, die durch den Hauptcomputer des Schiffes gesteuert werden (und eine begrenzte Reichweite bei Außenmissionen selbst durchführen können).
Übrigens: Happy First Contact Day. LLAP
Man sollte aufpassen, daß man Geräte verwendet,die Quelloffen sind. Die kann man auch woanders integrieren.
Im übrigen kann man das Internet der Dinge auch ohne fremde Server und Cloud betreiben. Eigentlich benötigt man nicht einmal Internet. Solche Systeme sind dann autark.