Überfall an Heiligabend
Vor vier Jahren bereiste ich mit Freunden Uganda. Über Weihnachten waren wir in Fort Portal im Westen des Landes nahe der Grenze zur Republik Kongo. Wir checkten am 23. Dezember im guesthouse ein und verbrachten eine ruhige erste Nacht. An Heiligabend kamen alle Gäste zum Dinner im Esszimmer zusammen. Draußen dämmerte es, die breiten Türen zur Veranda waren geöffnet, auf der Wiese davor standen Liegestühle.
Wir hatten gerade ein paar Löffel Vorsuppe genommen, als ein Schuss zu hören war, Glas klirrte. Der Nachtwächter kam ins Esszimmer gestürmt, fuchtelte mit seiner Taschenlampe und schrie: "Überfall! Überfall!" Er rannte an uns vorbei in die Küche. Wir Gäste zögerten kurz. Dann stellten wir uns mit dem Rücken zur Wand gegenüber der Terrasse auf. Mit stampfendem Puls starrten wir nach draußen. Wir warteten darauf, dass uns die Männer mit vorgehaltener Waffe Portemonnaies und Smartphones abnehmen würden. Aus der Küche hörten wir die Köchin kreischen.
Kurz darauf rannte der oder einer der Räuber von links nach rechts draußen über die Wiese. Mittendrin machte er plötzlich halt. Es sah so aus, als bückte er sich, um etwas aufzuheben. Im Schein der Terassenlichter sah ich sein Gesicht – und sein Gewehr. Dann war er weg.
Als
einige Minuten nichts passiert war, inspizierten wir unsere Zimmer. Mein
Rucksack war noch da, aber meine Freunde im Nachbarzimmer vermissten Kamera,
Laptop und Pässe. Die Scheibe in der Tür war zersplittert, unter dem Bett lag
eine Gewehrpatrone. Ob der Räuber auf den Nachtwächter gezielt oder nur in die
Luft geschossen hatte, wussten wir nicht. Später als geplant aßen wir den
Weihnachtsbraten, den die holländische Gastgeberin servierte. Dazu tranken wir
Bier und lauschten einem weltreisenden Briten, der plötzlich sämtliche Erlebnisse
erinnerte, in denen Messer, Pistolen, Räuber und Entführer eine Rolle spielten.
Subtext: Alles nicht so schlimm. Und tatsächlich verlor der Vorfall eben mit
jeder seiner Geschichten ein wenig an Dramatik. Gut schliefen wir trotzdem
nicht.
Alexander Krex
Benommen in Bhutan
Die Nächte können ziemlich lang werden beim Zelt-Trekking. Und ziemlich kalt. Hinter den Gipfeln des Himalayas versinkt die Sonne schon vor 17 Uhr, danach ist Dunkelheit und ein bisschen Campingkocherwärme und ein Schluck Schnaps aus dem Flachmann des Guides. Unser Basislager für den Jomolhari-Trek in Bhutan befindet sich auf 4.000 Metern Höhe, nachts liegt die Temperatur bei minus zehn Grad. Schlafen kann ich gerade nicht, obwohl ich völlig erschlagen bin von unserem Tagespensum.
Am nächsten Morgen bin ich überrascht, dass ich aufwache, weil ich mich gar nicht erinnere, dass ich in den Schlaf gefunden habe. Leider ist das Aufwachen alptraumhaft; ich fühle mich, als hätte ich gleichzeitig einen Kater, eine Fischvergiftung und einen Migräneanfall. Schon Gutenmorgensagen ist zu viel für mich, nach jeder Silbe muss ich würgen. Höhenkrankheit, konstatiert der Guide. Kann jeden treffen. Wenn es nach einem Tag nicht besser wird, muss ich die Tour abbrechen. Hirn- und Lungenödeme drohen, wie ich hinterher im Netz nachlesen werde.
Zurücklassen können sie mich Bündel Selbstmitleid nicht, also werde ich auf eins der Packponys gesetzt. Das Packpony hat das nicht gern, weil es auf das Tragen von Säcken und nicht von Menschen trainiert worden ist. Es lässt mich seine Missbilligung deutlich spüren, denn es geht immer so dicht an die Granitfelsen heran, die den schmalen Pfad den Berg hinauf begrenzen, dass es mir fast die Kniescheiben wegrasiert.
Auf fast 5.000 Metern halten wir zwei auf dem Yale-La-Pass
an. Die Aussicht über diese sehr entlegene Region im Himalaya ist noch viel schöner
als alles, was Fototapeten-Designer sich ausdenken können. Noch ganz weit unten
sehe ich den Rest der Gruppe, der sich im Zeitlupentempo den steilen
Zickzackkurs hinaufquält. Bei diesem Anblick fühle ich mich – in mir wohnt
eben doch ein Faulpelz – schlagartig wieder obenauf.
Carmen Böker
Kommentare
"Ich will wieder nach Hause"!
Deutschland ist nun mal eines der besten Länder der Welt. Viel Grün. Tolle Wälder. Meer. Wir haben eine freiheitlich demokratische Grundordnung, Die Gesundheitsversorgung ist auf Spitzennieveau.
Das ist ja auch der Grund, warum Deutschland im Ausland so beliebt ist.
Im fernen Ländern findet man solch eine optimale Kombination leider nur selten. Da sind dann die Freiheitsrechte mal schnell eingeschränkt, z.B. als Frau. Oder die Gesundheitsversorgung ist eine Katastrophe etc pp.
Ich empfehle als Urlaubsgebiet Überseedepartments von westlichen Staaten. z.B. ehemalige französische Kolonien. Da hat man dann alle Vorteile des Westens zuzüglich Sonne und Wärme.
Neugier auf andere Welten, schon mal davon gehört?
Da wo ich hingehe/fahre, bin ich in 1 bis 2 Tagen Auto wieder hier. Oder in Gefilden, die in Struktur usw. unseren entsprechen.
Das beschränkt meinen Radius nur sehr marginal bis garnicht. .
Dass heißt aber nicht, daß da nicht auch der Horror passieren kann. Der kann auch passieren, wenn man daheimbleibt. Ist dann halt kein Flußpferd, sondern ne Kuh.
Ein LKW-Unfall auf der A2 stellt locker jeden Horror im fernen Ländern in den Schatten. Und nach den schikanösen Grenzkontrollen scheinen sich manche Leute ja regelrecht zu sehnen.
Genau das ist das Schöne am Reisen. Es bringt uns mal kurz raus aus unserer, nach allen Seiten abgesicherten, komfortablen, vorraussehbaren und langweiligen Blase.
Ein ein verärgertes Nashorn ( vom Fahrzeug aus erlebt), eine schlechte Unterkunft, Zahnschmerzen oder Höhenkrankheit, ( das gehört nun mal im Hochgebirge dazu) sind, nehmen Sie mir meine Arroganz bitte nicht übel, halt normale Erlebnisse und kein Grund ,,ich will nach Hause zu schreien".
Reisen ist Abenteuer und häufig ein an die Grenzen gehen. Dessen sollte man sich bewusst sein. Für alle, die so etwas nicht mögen, empfehle ich einen normalen Pauschalurlaub, am besten im eigenen Land.
Ich denke immer wieder gerne an meine, sehr erlebnisreichen Reisen zurück und möchte nicht eine Strapaze und nicht ein ,,Abenteuer" missen.
Das unterschreibe ich genauso! Im Nachhinein erzählt man doch vor allem genau die Erlebnisse, die nicht ganz glatt liefen. Wir jedenfalls können mittlerweile sehr über die Nashorn-Geschichte lachen. In dem Moment im Auto allerdings, haben wir uns wirklich nach Hause gewünscht ;-)
kaum, nachdem ich wieder in Deutschland ankam, gleich beim Grenzübertritt, mußte ich stark frieren (wegen der sozialen Kälte) , begann der Horror - "ich will wieder zurück"
Wo waren Sie denn gewesen, wenn man fragen darf?