Kinder sind für die Gesellschaft wichtig, doch der Einzelne kann kaum vernünftige Gründe fürs Kinderkriegen nennen. Denn sie kosten Mutter und Vater Geld und Kraft, machen Lärm und Schmutz. Karriere und Einkommen leiden, wenn man sich Zeit für den Nachwuchs nimmt. Laut einer repräsentativen Umfrage von forsa im Auftrag der Zeitschrift Eltern sagen folgerichtig 79 Prozent der befragten Kinderlosen, das Leben sei ohne Kinder anstrengend genug. Und 74 Prozent wollen ihren Lebensstil vorerst nicht für ein Kind einschränken. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass nur 22 Prozent beschließen, nie Kinder zu wollen.
Kinder bekommt man dann doch, weil in vielen Menschen ein irrationaler Wunsch wächst, der auf Erfüllung drängt. Es geht darum zu lieben und gebraucht zu werden. Die forsa -Umfrage zeigt, dass schon zwei Drittel der jungen Erwachsenen einen solchen Wunsch verspüren. Männer sind übrigens nicht die Kinderverweigerer, als die sie oft gelten. Zumindest behaupten die jungen Männer zu 70 Prozent, Kinder zu wollen. Junge Frauen sind skeptischer – nur 61 wünschen sich Nachwuchs. Trotzdem schieben die Zwanzig- bis Dreißigjährigen (Männer wie Frauen) das Kinderkriegen meist auf. Denn obwohl der Kinderwunsch reine Gefühlssache ist, wird die Entscheidung, wirklich ein Kind zu bekommen, im Kopf getroffen.
Und so werden Kinder zu einem "Projekt", wie die Auswerter der Studie schreiben, das sich anzustellen hat hinter rational besser zu begründenden Projekten: Zwei Drittel wollen vor der Geburt eines Babys eine solide finanzielle Basis schaffen. Eine gute Ausbildung und ein guter Job haben vor allem für Akademiker Vorrang. Das ist vielleicht noch etwas, woran die Politik etwas schrauben kann, denn Studenten, Praktikanten, Jobber und Menschen, die sich von einem befristeten Vertrag nach dem anderen hangeln, gehen wirklich ein hohes Risiko ein, in Armut zu leben, wenn sie sich für Kinder entscheiden. Elterngeld greift hier selten. Für viele Kinderlose (61 Prozent) wäre eine verlässliche Kinderbetreuung eine Erleichterung. Daran wird gearbeitet.
Doch das Leben durchplanen wollen die Menschen vor dem Kinderkriegen auch im Privaten. 44 Prozent der Interviewten gaben an, dass ihnen für ein Kind schlicht die oder der Richtige fehle. Und fast 70 Prozent befürchten, dass ihre Beziehung durch den Stress mit Baby nicht halten würde. Dann schließlich wird das Bedürfnis, wirklich alles richtig machen zu müssen, selbst zum Hinderungsgrund. Viele der Befragten sehen schon voraus, dass sie, wie andere Eltern, vom eigenen Perfektionsdruck in Erziehungsfragen gestresst werden.
Und so ist es nicht erstaunlich, dass knapp die Hälfte der Kinderlosen sich wünscht, diese Entscheidung einfach überhaupt nicht treffen zu müssen – und dass die Kinderfrage einfach wieder zu einer Gefühlsentscheidung würde: Über eine ungeplante Schwangerschaft würden sich jedenfalls laut Umfrage 48 Prozent der Frauen und 44 Prozent der Männer freuen.
Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa Anfang Dezember 2010 rund 1000 Deutsche zwischen 25 und 45 Jahren ohne leibliche Kinder.
Kommentare
Die Lösung ist überaus einfach
Man führe statt einer Frauenquote eine Elternquote für Spitzenpositionen ein.
Nope...
Eine Elternquote in Spitzenpositionen würde nur erstens dazu führen, dass das Problem des Fachkräftemangels in diesen Positionen sich nur noch verschlimmert. Zweitens fehlen trotz allem Führungsqualitäten, da lediglich aufgrund der "Quote" eingestellt wird. Drittens hilft diese Quote nur einem sehr geringen Teil von sehr gut gebildeten Eltern, aber der Masse der akademischen Mittelschicht wird so nicht geholfen.
Aber die Umfrage zeigt eigentlich die wirkliche Debatte: Die Vermeidung von jeglicher Verantwortung bei gleichzeitigem Anspruchs-Denken auf genug Kapital damit der Lebensstandard nicht sinkt, und nun schreit jeder nach Vater Staat damit er bloß den eigentlichen Erwachsenen ihre Entscheidung abnimmt.
Soll man ehrlich sein? Man muss sich im Leben schlichtweg entscheiden! Sei es für Familie, oder für Beruf, wie auch immer. Das musste man aber schon immer, ebenso ist es illusionär, in seinem Leben jegliches Wissen anzuhäufen, oder alle Länder zu besuchen.
Diese Umfrage hingegen ist lediglich das Zeugnis einer vom Wohlstand verwöhnten Generation, die lediglich nicht genug bekommen kann!
heute noch Nachwuchs?
finanziell ist das heute kaum noch zu stemmen. Und das Umfeld ist trotz der Friedenszeiten in Europa eher als negativ zu bezeichnen. Werde mich vermutlich gegen Kinder entscheiden! Schade, aber es geht nicht anders!
"finanziell ist das heute kaum noch zu stemmen."
Das hat mich sehr erheitert. Die Baby-Boomer waren wohl allesamt Schwarzmagier, dass die in den 50er und 60er Jahren mehr Kinder bei weniger Wohlstand zustande gebracht haben. Damals beschränkte sich Medienkonsum größtenteils auf Radio hören und Bücher lesen. Und Waschmaschinen und Fernseher waren für weite Teile der Bevölkerung noch unerschwinglich. PCs, mit denen man sich online über die gar schröckliche Armut heute, die Kinder angeblich unmöglich machen, beschweren kann, gab es schonmal gar nicht. Einen Telefonanschluss (mit "Schnur") hatten auch nur wenige, Handys niemand.
Wem Mittelklassewagen und Unterhaltungselektronik wichtiger sind als das Familienglück - bitte. Bei uns soll doch jeder nach seiner Facon selig werden, wie der alte Fritz schon sagte. Aber so zu tun, als seien Kinder finanziell nicht zu stemmen, ist lächerliche Heuchelei. Wer Kinder um ihrer selbst willen liebt und deswegen welche haben will, für den sind die Kinder gesetzt und der materielle Schnickschnack optional, nicht umgekehrt. Nur Materialisten müssen ihren Egoismus verschleiern. Deswegen liest man mit Regelmäßigkeit, Kinder könne man sich gar nicht mehr leisten.
Da fehlt noch etwas im Artikel
Nämlich der Hinweis ob es sich um "Paare" handelt oder "Singles", die befragt wurden. Der folgende Link auf einen Artikel ist zwar älter, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der Anzahl der Single-Haushalte (14,2 Millionen im Jahr 2002) verringert hat. Somit ist die Frage nach dem Kinderwunsch statistisch gesehen nur sinnvoll wenn "Paare" gefragt werden.
Was verstehen Sie unter "Kinderwunsch" ?
Ich verstehe darunter den Wunsch nach einem Kind. Den haben sowohl Singles, als auch Paare (übrigens können die beiden Personen, die ein Paar bilden, den durchaus unabhängig voneinander haben). Ach ja, und dann gibt es noch homosexuelle Paare, schon gehört ? Die Frage des Kinderwunsches stellt sich also erst einmal völlig unabhängig von der jeweiligen Beziehungssituation. Nur seine Erfüllung ist in einer heterosexuellen Beziehung realistischer. Mangel eines geeigneten Partners rangiert deswegen auch an erster Stelle als Grund für unerfüllten Kinderwunsch.
Vernünftig? Was ist denn vernünftig?
Ist es vernünftig, zehn oder zwölf Stunden täglich zu arbeiten, um sich ein schönes Haus mit tollen Möbeln kaufen zu können, in dem man kaum jemals ist? Oder ist es evtl. vernünftiger, von Transferleistungen zu leben und auf niedrigem materiellem Niveau frei von Zwängen zu sein?
Ist es verünftig, sich einen Porsche Cayenne zu kaufen, wo doch ein gebrauchter Dacia Logan im Prinzip alles kann, was der Cayenne auch kann?
Ist es vernünftig, zu schnackseln? Besser bleibt man noch eine Stunde länger im Büro, vielleicht kann man sich dann noch mehr Dinge leisten, die allerdings dann auch wieder nicht vernünftig sind?
Verwechseln sie eventuell hier Vernunft mit rein ökonomischen Überlegungen? Geld = Vernunft?
Ja...
...die Überlegung geht in die richtige Richtung, allerdings:
"Oder ist es evtl. vernünftiger, von Transferleistungen zu leben und auf niedrigem materiellem Niveau frei von Zwängen zu sein?"
...schreibt sowas sicher nur jemand, der es nicht kennt. Kein Zustand kennt mehr (unangenehme) Zwänge als der der quasi-Mittellosigkeit. Manche mögen sich damit identifizieren und daraus eine Lebenskunst machen, aber das dürfte eine Minderheit sein.