Auf dem Dachboden des Hauses eines ehemaligen Beamten des hessischen Verfassungsschutzes haben Ermittler 2006 mehrere Schriften zur NS-Zeit gefunden, unter anderem Auszüge aus Hitlers Mein Kampf. Fahnder hatten das Haus im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gegen den Beamten durchsucht. Von dem Mann erhoffte sich die Polizei Hinweise auf den Mörder eines türkischen Ladenbesitzers in Kassel. Er war das letzte Opfer der Mordserie an Migranten, die Mitgliedern der Neonazi-Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) angelastet wird.
Nach Informationen des Tagesspiegels war der Verfassungsschützer in seiner Jugend rechtsextrem und wurde in seinem Ort "der kleine Adolf" genannt. In Sicherheitskreisen hieß es, der Mann sei mehrfach überprüft worden, ohne dass ein Hinweis auf eine weiter bestehende rechtsextreme Gesinnung entdeckt wurde.
Offen ist, was der Verfassungsschützer am Tag des Mordes, dem 6. April 2006, am Tatort, einem Internetcafé in Kassel, zu suchen hatte. Der Beamte chattete nach Tagesspiegel-Informationen mit seiner Geliebten, als mutmaßlich die beiden Männer des Jenaer Neonazi-Trios, Uwe M. und Uwe B., erschienen und den deutschtürkischen Betreiber des Internetcafés, den 21-jährigen Halit Yozgat, erschossen.
Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge war die offizielle Darstellung bisher gewesen, dass der Mann das Internet-Café des Opfers etwa eine Minute vor der Tat verlassen habe. Der Beamte sei inzwischen vom Dienst suspendiert, hieß es.
Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten nach Tagesspiegel-Angaben alle Personen, die sich ungefähr zur Tatzeit in dem Lokal aufgehalten hatten. Fast alle Zeugen machten auch eine Aussage, nur der Verfassungsschützer meldete sich nicht. Die Polizei holte ihn ab, er wurde im Polizeipräsidium vernommen und konnte am nächsten Abend wieder gehen.
Auch die weiteren Ermittlungen ergaben keine Hinweise, der Verfassungsschützer könnte mit den Todesschützen in Verbindung gestanden haben. Die Waffen, die der Mann in seiner Wohnung lagerte, waren registriert. Die Staatsanwaltschaft betonte, es gebe auch keine Anhaltspunkte für das Gerücht, der Verfassungsschützer habe sich an sechs Tatorten der Attentatsserie aufgehalten.
Kommentare
Unfaßbar!
Das kann ja wohl gar nicht sein das dieser Gehaltsempfänger des Verfassungsschutzes noch frei rumläuft. Staatsanwaltschaft, Verfassungsschutz und Richter scheinen beim Rechtsblick komplett blind zu sein. Das ist eine Verhöhnung der Opfer. Hier müssen unmittelbar Diensaufsichtsbeschwerden und eigentlich Stafanzeige gegen die Verantwortlich gestellt werden. Scheinbar bewegen sich die Verantwortlich außerhalb unserer demokratischen Grundordnung. Es muss unbedingt ermittelt werden, ob es eventuell faschistische Geheimlogen gibt in den Richter, Staatsanwälte und Verfassungsschützer gemeinsame Sache machen. Bei Bestechungs- und Steuerdelikten sind unsere Staatsanwälte und Richter ganz schnell mit der Untersuchungshaft, hier wird ein Verdächtiger der sehr wahrscheinlich in eine perverse Mordserie verwickelt nicht in Gewahrsam genommen, weil er unter Schutz des Verfassungsschutz steht?
Volker Bouffier, Roland Koch...
Was weiss wohl sein ehemaliger Chef, der heutige hessische Ministerpräsident und damalige Innenminister Volker Bouffier von der ganzen Sache? Es ist doch wohl davon auszugehen, dass dieses "Vorkommnis" sowohl bei den Vorgesetzten des Beamten beim hessischen Verfassungsschutz, sondern auch im Ministerium für "Gesprächsbedarf" sorgte...
Zudem: hat nicht die hessische Landesregierung unter dem Duo Roland Koch ("Ehrenwort!") und Volker Bouffier immer lautstark getönt, eine "brutalstmögliche" Durchsetzung von "Law and Order" zu garantieren?!
in Verfassungsschutzkreisen
läuft das Sammeln von Nazimaterial vermutlich unter "berufliche Weiterbildung".
"Naiver" gehts kaum
"Die Waffen, die der Mann in seiner Wohnung lagerte, waren registriert."
Wozu braucht der "kleine Adolf" Waffen?
Das Beispiel zeigt wunderbar, wie "argwöhnisch" der Umgang mit Rechtsradikalen ist, wenn sie mit den Staatsorganen konfrontiert werden! Im Kinderjargon nennt man ein solches "Spiel" einfach BLINDE KUH ....
Diese Geschichte wird immer skandalöser.
Ich bin gespannt, was da noch alles zum Vorschein kommen wird. Dass Morde in Anwesenheit von "Verfassungsschützern" passieren, die anschließend über fünf Jahre lang angeblich nicht aufgeklärt werde können, ist ein unglaublich starkes Stück.