Alice Schwarzer vergleicht die jahrzehntelange Verharmlosung der Pädophilie mit der aktuellen Toleranz gegenüber der Prostitution. In der aktuellen Ausgabe der ZEIT schreibt Alice Schwarzer, "die Parallele zwischen Pädophilie und Prostitution" dränge sich jetzt regelrecht auf, denn bei beiden gehe es um Macht und um Sexualpolitik. "In der Prostitution herrscht – ganz wie bei der Pädophilie – nicht Gleichheit, sondern Ungleichheit", so Schwarzer.
Der Missbrauch von Kindern sei in der alten Bundesrepublik verschleiert worden: "Bei der Pädophilie konnte der Zeitgeist vierzig Jahre lang unwidersprochen das angebliche Recht der Kinder auf Sex propagieren (dahinter steht das der Erwachsenen). Die Prostitution verharmlost der Zeitgeist – und mit ihm das geltende Gesetz – seit zehn Jahren. Prostitution sei ein 'Beruf' wie jeder andere. Vor allem aber sei sie 'freiwillig', und es handele sich dabei um 'einvernehmlichen Sex' – ganz wie bei der Pädophilie."
Schwarzer sieht sich wieder in einer ähnlichen Außenseiter-Situation wie in den siebziger Jahren. 1968 sei sie keine Studentin, sondern berufstätig gewesen, "und geprägt von der französischen Lust am Widerspruch und Regelbruch. Ich gehörte also nie dazu. Was nicht immer einfach ist, aber frei macht."
Damals habe sie die Linke kritisiert, die in ihrer Begeisterung für die "sexuelle Befreiung" die Augen vor Kindesmissbrauch schloss. Heute legt sie sich mit dem liberalen Mainstream an, der die Prostitution für eine normale Dienstleistung hält und die Armuts- und Zwangsprostitution nicht sehen will. Dabei genüge "der gesunde Menschenverstand, um zu begreifen: Ein Mensch ist keine Ware, so wie ein Kind kein Erwachsener ist." Schwarzer prognostiziert, dass der Kampf gegen das "System Prostitution" so zäh sein wird, wie der gegen das "System Pädophilie".
Hart ins Gericht geht Schwarzer auch mit den "Töchtern und Enkelinnen" des Feminismus. Sie hätten den Kampf für Gleichberechtigung aufgegeben und würden sich mit den Folgen einer männlich bestimmten Sexualpolitik nicht mehr kritisch auseinandersetzen: "Hierzulande hat die Befriedigung – und sollte man sagen "Beerdigung"? – des Ringes um Gleichberechtigung innerhalb von nur zwei Generationen (fast) geklappt."
Den Beitrag von Alice Schwarzer finden Sie von Donnerstag an in der aktuellen Ausgabe der ZEIT. Die gesamte Ausgabe können Sie als E-Paper, App oder für Ihren E-Reader von 18 Uhr an hier herunterladen.
Kommentare
Alte Menschen
Je älter die Menschen werden, desto wunderlicher werden sie. Beispielsweise ist meine Oma in den letzten Jahren ziemlich wunderlich geworden. Vor allem sind ihre festen Überzeugungen zu radikalen Ansichten geworden. Alice Schwarzer ist übrigens genauso alt wie meine Oma.
man hat ja die wahl
Man kann sich dafür Entscheiden Interviews von aktiven Prostituierten zu lesen, die sich ja per Definition in Abhängigkeit befinden, oder von Ehemaligen. Für letztere muss man noch nicht mal die EMMA lesen.
Man könnte sich Studien von Hilfsorganisationen oder gar der Bundespolizei anschauen oder einfach behaupten, die prüden Konservativen wollen dem ehrbaren Bürger sein Recht auf sexuelle Dienstleistung vorenthalten.
Man könnte auch einfach masturbieren, oder aber eine Frau dafür bezahlen gedanklich ganz weit wegzudriften während man sich davon versucht zu überzeugen doch nicht so erbärmlich zu sein. Letzteres hat aus meinem Bekanntenkreis erst einer fertiggebracht - armes Würstchen - hatte nie ne Freundin.
Man könnte sich mit den Argumenten von Frau Schwarzer auseinandersetzen oder arme Kommentarleser wie mich mit absurden Anekdoten aus der Verwandtschaft belästigen.
Vielleicht sollte man Frau Schwarzer ...
... einfach in guter Erinnerung behalten, und ihren zunehmend abwegigen Thesen, nicht diese Aufmerksamkeit zukommen lassen.
Werbung für Bild machen
und sich gegen Sexismus äußern. Mehr brauch man doch zu dieser Person nicht mehr zu sagen. Nicht jede Frau die der Prostitution nachgeht ist eine Sexskalvin. Hat sie psychische Probleme oder Minderwertigkeitskomplexe? Möglicherweise, aber das haben auch Millionen Menschen in diesem Land die nicht als Sexarbeiter tätig sind.
Frau Schwarzer ist mittlerweile ein Witz und der Feminismus Debatte in Deutschland hat sie in den letzten Jahren eher gescheitert als geholfen. Feminismus heißt doch bei ihr nicht die weiblichen Werte in der Gesellschaft mehr ein zu bringen, sondern das Frauen die herzlos und psychopatisch mit Kurzhaarfrisur jetzt auch ein großes Unternehmen führen können oder sogar einen Staat sie müssen sich eben nur genau so machtorientiert und skrupellos verhalten wie Männer in den selben Positionen.
Den Kompass verloren...
hat Frau Schwarzer leider seit einiger Zeit.
Ich war mal ein Anhänger (ja, tatsächlich), aber momentan tut Alice S. wirklich alles, um ihr eigenes Denkmal abzutragen. Sowohl bei der Kachelmann-Affäre (und die Bildzeitungstante war nicht besser), als auch bei der jetzigen, offensichtlichen Kampagne zur Auflagenstärkung eines Feministenblättchens liegt sie weit daneben. Schade. Zeit zum Abtreten.
Frau Schwarzer...
...relativiert hier vorallem erstmal die Pädophilie. Das ansich empfinde ich schon als einen Skandal.
Das Grundlegende Problem der Prostitution liegt vorallem darin, das es Menschen gibt die diesem Gewerbe unfreiwillig nachgehen. (soweit liegt Frau Schwarzer richtig)
Hier muß man nach Lösungen suchen. Wenn ein Erwachsener Mann oder eine Erwachsene Frau aber die Entscheidung trifft, ihren "Körper" zu verkaufen, dann hat kein Mensch das Recht dies zu kritisieren.
Wenn Frau Schwarzer einem Menschen dieses Recht abspricht, dann ist das nichts anderes als ein Diktat.
Hinzu kommt das es Bereiche der Prostitution gibt, die sogar extrem Sinnvoll sind. Ein Paradebeispiel wäre hier die Sexualarbeit mit Behinderten.
http://www.spiegel.de/pan...
Eine generelle Kriminalisierung ist einfach nur falsch..
MfG
Schwarzer und ihr Feminismus in der Glaubwürdigkeitsfalle
Sollte es Schwarzer wirklich um die Würde und das psychosoziale Wohlergehen von Frauen gehen, wäre es nur folgerichtig, den global ausufernden Mädchen- und Frauenhandel und ihre mafiösen Hintermänner-Strukturen anprangern und offensiv gegen das ausbeuterische Zuhälterwesen kämpfen.
Doch als Meisterin der Selbstvermarktung und undifferenzierten Pauschalisierung versteht sie von "Prostititution" und "Sexarbeit" zwischen den Geschlechtern soviel wie von der Lebenswirklichkeit von Männern und Frauen, geschweige denn von Müttern, überhaupt. "Es gibt nur zwei Möglichkeiten, sich gegenüber Alice Schwarzer zu verhalten: totale Unterwerfung oder große Distanz", sagt Schwarzer-Biografin und "taz"-Chefredakteurin Bascha Mika.
Den Umgang mit ihr nicht devoten Mitarbeiterinnen bei EMMA bezeichnete sie als "frauenverachtend, bösartig und gemein".
"Alice nimmt die 'Goldene Feder' vom Bauer-Verlag an, der viel Geld mit Porno verdient. Sie macht Werbung für ‚Bild‘, eines der sexistischsten Blätter der Republik. Damit ist sie absolut unglaubwürdig." befand 2008 die Journalistin Ingrid Kolb, Feministin aus Schwarzers Generation in: http://www.spiegel.de/kul...