Nun sind also die Niederländer auch so weit: Das Parlament verbietet die Vollverschleierung. Nicht so rigoros wie Frankreich. Das Verbot gilt nur in öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Schulen und in Bussen und Bahnen. Aber immerhin bis zu 400 Euro Bußgeld kann es kosten, dort eine Burka, einen Nikab – oder auch einen Motorradhelm zu tragen. Um den Islam soll es angeblich gar nicht gehen, sondern man solle den Menschen in die Augen sehen können, sagt Ministerpräsident Mark Rutte.
Es scheint doch einiges für das Verhüllungsverbot zu sprechen, oder? Stellen Sie sich ein 14-jähriges Mädchen im Unterricht vor, das komplett verhüllt ist. Wie soll sie in Debatten und Diskussionen ernst genommen werden, wenn die anderen Schüler ihr Gesicht, ihre Mimik, nicht sehen können? Wie soll ein Lehrer alle gleich behandeln, wenn eines der Kinder sich abschottet? Ist ihm zuzumuten zu unterscheiden, ob hier das Kindeswohl gefährdet ist, weil das Mädchen in ihrer Familie unterdrückt wird, ob die Jugendliche selbst radikal ist oder ob sie vielleicht einfach nur eine übertrieben gläubige Phase durchmacht?
In einer Umfrage kam heraus, dass auch die Mehrheit der Deutschen für das sogenannte Burka-Verbot ist. Jeder Dritte wünscht sich immerhin ein Teilverbot, wie es die Niederlande gerade beschließt.
Die gleichen Frauen werden immer wieder kontrolliert
Doch ein nationales Verbot ist nur scheinbar eine gute Idee. Denn was soll es bringen? In Frankreich gibt es das Verbot schon seit 2011, es ist sogar noch ein Burkini-Verbot etwa an den Stränden von Nizza hinzugekommen. Die Erfahrungen sind ernüchternd. Immer wieder werden dieselben wenigen Frauen kontrolliert und zu einem Bußgeld verdonnert. Im Zweifel übernimmt ein reicher Geschäftsmann die Kosten. Die Frauen tragen den Schleier trotzdem weiter. Und die Gefahr besteht, dass andere sich gar nicht mehr hinaustrauen. Denn manch ein Franzose fühlt sich durch das Gesetz bestätigt in seinen Ressentiments gegen alle Muslime – und pöbelt sie auf der Straße an. Statt überzeugt zu werden von unseren vermeintlich freiheitlichen Werten, sehen sich die Frauen als Opfer von Diskriminierung. Manche tragen Kopftuch oder Nikab mehr als Zeichen des Protests denn aus Glaubensgründen.
Noch absurder wird es, wenn man sich die Zahlen anschaut: In Frankreich gibt es etwa 2.000 vollverschleierte Frauen, in den Niederlanden sind es gerade mal 100 bis 150. Wie viele burkatragende Schülerinnen, Richterinnen oder Krankenschwestern müssen da wohl mit einem nationalen Verbot unschädlich gemacht werden? Die meisten Musliminnen wollen selbst gar nicht so herumlaufen.
Kommentare
Ein Rechtsstaat kann zwang ausüben. Z. B. gibt es auch einen Zwang einen Führerschein zu haben wenn man ein KFZ bewegen will. Deshalb stellt sich die Frage gar nicht.
Eben, wenn das Strafmass zur Abschreckung nicht ausreicht, dann müssen die Strafen eben erhöht werden.
Sehr guter und wichtiger Artikel! Durch Verbote wird man keine unterdrückte Frau retten können und bedient nur populistische Agenden. Wer sind wir auf der anderen Seite um einer Frau zu verbieten sich aus freiem Willen zu verschleiern.
"Durch Verbote wird man keine unterdrückte Frau retten können"
Es ist aber ein erster Schritt. Durch die Gewährung der Vollveschleierung tut man den Frauen, die das tragen müssen erst Recht keinen Gefallen.
Und das Märchen der Freiwilligkeit glauben Sie wohl selbst nicht
Den betroffenen Frauen sollte klar sein, dass es unangenehm für sie wird wenn sie sich dem Willen des niederländischen Volkes widersetzen. Sie haben die Möglichkeit frei und in Würde in diesem Land zu leben. Auch ihre Bekenntnisfreiheit wird garantiert.
Ich hoffe, dass der Staat nicht zurückweicht. Im Fall des Falles müssen die Strafen verschärft werden.
Entfernt. Bitte äußern Sie sich sachlich zur Debatte. Danke. Die Redaktion/nw
Wilders regiert bereits
Die offizielle Bestätigung als neuer Ministerpräsident folgt dann später und erscheint nur noch als Formsache.
Immer diese Fixierung auf die Rechten.
Es ist entnervend, wie dies die Debatte erschwert.
Es geht hier nicht um Links oder Rechts, sondern darum, ob wir das Tragen der Burka in dieser Gesellschaft akzeptieren wollen.
Dazu gibt es selbst in muslimischen Kreisen geteilte Meinungen.
Leider kommt dann immer jemand der behauptet, dass dies ein Erfolg der Rechtspopulisten und ein Eingriff in die Freiheit der Muslime wäre.
Ist es nicht.
Kritisch wird die Burka in allen Bereichen der Gesellschaft gesehen. Unabhängig ob lechts oder rinks. Ja nicht einmal die Frage ob Christ oder Moslem sollte hier entscheidend sein.
Also sparen wir uns doch diesen Links oder Rechts Unsinn und diskutieren möglichst unidiologisch darüber, ob ein Burkaverbot sinnvoll ist oder nicht.
Ich halte es für ein Zeichen gegen den radikalen Islam und begrüße es daher. Unabhängig davon, ob es als Maßnahme besonders effektiv ist.
Jetzt sie.