Zu jeder anständigen Hafenrundfahrt gehört ein Abstecher zu Hamburgs berühmtester Werft. Ihr Schwimmdock Elbe 17 ziert Postkarten und Souvenirs, Tausende Touristen fotografieren von den Landungsbrücken aus die blau-gelb lackierten Kräne, Gerüste und Hallen auf der anderen Seite der Elbe. Hamburg ohne den Traditionsbetrieb Blohm + Voss – das ist nicht denkbar für echte Hanseaten. Doch wie lange es den Betrieb noch in der aktuellen Form geben wird, ist fraglich – ausgerechnet ein alter Konkurrent, die Lürssen-Gruppe aus Bremen, hat die Werft an der Elbe gekauft.
In Hamburg ist in der Politik, bei Gewerkschaften und der
Hafenwirtschaft darüber durchaus Erleichterung zu spüren. Denn seit Jahren hat
Blohm + Voss große Probleme, neue Großaufträge für Neubauten zu gewinnen. Der
Schiffbauer galt als angeschlagen. Der bisherige Eigner, der Investment-Fonds Star
Capital Partners, sollte nur ein
Geldgeber auf Zeit sein – wie lange der Investor noch Blohm + Voss behalten
würde, das fragten sich bereits viele Experten.
2011 hatten die Briten die Werft von ThyssenKrupp Marine Systems erstanden. Lürssen soll schon seit Jahren großes Interesse an einer Übernahme gehabt haben. "Mit Blohm + Voss übernehmen wir eine Werft, die über vielseitig einsetzbare Fazilitäten an einem strategisch günstigen Standort verfügt", teilte der Bremer Werftenverbund mit.
Hamburg braucht eine Werft für große Containerschiffe
Über den Preis sprechen die Beteiligten nicht und sie nennen keine Details des Deals, solange das Kartellamt die Übernahme nicht genehmigt hat. Auch wie viele der aktuell rund 1.000 Beschäftigten von Blohm + Voss weiterhin angestellt bleiben werden, verraten beide Werften nicht. Lürssen kündigt lediglich ein "langfristiges Engagement" an.
Dieses Versprechen hört der Hamburger Senat gern. Denn der Hafen braucht eine Werft, die auch große Containerschiffe reparieren kann, um nicht für die internationalen Reedereien an Attraktivität zu verlieren. "Die Übernahme von Blohm + Voss durch Lürssen ist eine große Chance für den maritimen Standort Hamburg. Damit wird der Werftbetrieb auf ein solides Fundament für die Zukunft gestellt", sagt dann auch Wirtschaftssenator Frank Horch. "Es ermöglicht Blohm + Voss, neue Kunden zu gewinnen und dadurch dauerhaft Beschäftigung am Standort Hamburg zu sichern."
Bei der Werft geht es aber nicht nur um rationale
ökonomische Gründe, Blohm + Voss ist ein wesentlicher Bestandteil der Hamburger
Vergangenheit. Der Schiffbauer pflegt seine maritime Tradition. Und auf der
Werft ist man stolz auf die Firmengeschichte: "Seit 1877 machen wir das, wofür
wir auf allen Weltmeeren berühmt sind: Schiffe bauen, Schiffe umbauen und
Schiffe reparieren. Für Seefahrer, für Visionäre und für Unternehmen. Danach
schauen wir ihnen bis zum Horizont hinterher und machen uns wieder an die
Arbeit", heißt es da etwas klischeehaft.
Wie diese Arbeit künftig konkret aussehen wird, dazu hält der Käufer aus Bremen sich bedeckt. Blohm + Voss solle weiter in den Bereichen Reparatur und Refit (Überholungen) aktiv sein, um den Lürssen-Kunden "noch bessere Servicebedingungen anbieten zu können", teilt Peter Lürßen, Geschäftsführender Gesellschafter der Lürssen Maritime Beteiligungen mit. "Zusätzlich möchten wir die Kompetenzen und Erfahrungen der Werft und ihrer Mitarbeiter im Neubau komplexer Marineschiffe nutzen, um deren Fertigung am Hamburger Standort fortzuführen. Inwieweit wir den Standort zukünftig zur Fertigung von Jachten nutzen werden, wird vor allem von der Marktentwicklung abhängen und ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu beantworten."
Kommentare
Die IG Metall war bei den Übernahmeverhandlungen gänzlich außen vor und wurden von der Kapitalseite völlig in Dunklen belassen. Sowas wäre noch vor 20 Jahren undenkbar gewesen.
Die einst so stolze und mächtige Gewerkschaft ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ich sage: den ganzen Vorstand sofort auswechseln. [...]
Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion/ms
++ Die IG Metall war bei den Übernahmeverhandlungen gänzlich außen vor und wurden von der Kapitalseite völlig in Dunklen belassen. Sowas wäre noch vor 20 Jahren undenkbar gewesen. ++
Ich finde das gut und richtig!
Die IG M findet ja auch CETA richtig und notwendig und ist auch sonst immer der erste Gewerkschaftsverband, der Beifall klatscht, wenn marktkonforme Reformen anstehen.
Oder wenn es darum geht, Waffentechnik an widerliche Despotenregime zu verkaufen, weil an Krieg und Unterdrückung anderer ja schließlich die eigenen Edel-Arbeitsplätze hängen.
Wer dem Kapital so devot ins Rektum kriecht, hat es auch verdient, von diesem in den Hintern getreten zu bekommen.
Das Dock Elbe 17 ist kein Schwimmdock, sondern ein Trockendock. Wer einen Artikel über Blohm und Voss schreibt sollte so einen Fehler im ersten Satz nicht machen.
Wahrscheinlich bauen die Hansekoggen für die deutschen Museumshäfen.
Bremen ist bereits so ein Museumshafen. Bei einer Hafenrundfahrt sieht man mehr Museumsschiffe als Frachter. Und zwar 5 Museumsschiff und 4 kleine Kümos. Noch nicht einmal Überseeschiffe.
Deshalb gibt es Bremerhaven
"Fregatten für die Marine liefen zwar vom Stapel. Sie machten aber vor allem Negativschlagzeilen: Wegen Problemen mit einer Brandschutzfarbe im Schiffsinneren wurden sie viele Monate später fertig als bestellt."
Gar kein Problem - bei einem deutschen Rüstungsauftrag erwartet mittlerweile kein Mensch mehr das die bestellte Ware pünktlich, zum vereinbarten Preis, în vereinbarter Güte, genau wie bestellt und in einem Stück (und nicht in etwa inTeilen oder als Bausatz) geliefert wird.
Ach ja, und das sie bei der verspäteten Auslieferung nicht schon wieder veraltet ist, deshalb gleich im Depot eingelagert wird und nach 20 Jahren eh dann, immer noch neu verpackt, weggeschmissen wird.
Die junge Bundeswehr zum Beispiel bestellte damals Panzer Modell HS-30 von Hotchkiss, einem Hersteller der selber zugab hier keine großen Erfahrungen zu haben nach einem ... zur Ansicht gelieferten Holz- und Pappmodell. Und hatte den ersten Rüstungsskandal am Hals weil auch einiges andere nicht so ganz sauber war. Egal ...
Also, unsere Werften arbeiten nur in bester Tradition. Keine Aufregung also. ^^