Linken Demonstranten begegnet das Land Hamburg mit einer Haltung, die man, gelinde gesagt, wenig entgegenkommend nennen muss. Man duldet, was man dulden muss, weil das Versammlungsrecht schließlich im Grundgesetz steht. Übermäßige Sympathie für eine linke Gegenkultur aber soll dieser rot-grünen Regierung niemand nachsagen.
Das zeigt sich gerade im Streit um die Zeltlager der Demonstranten. Wer einen ganzen Tag lang demonstrieren will, muss irgendwo schlafen, und das gemeinsame Protestcamp ist nicht nur kostengünstig, sondern auch unter Erlebnisgesichtspunkten eine hübsche Ergänzung zum politischen Abenteuerspielplatz der linken Szene rund um G20.
Nicht mit uns, sagt dazu das Land Hamburg – und hat damit vor dem Hanseatischen Oberverwaltungsgericht Recht bekommen. Weil Zeltlager als solche nicht unter dem Schutz des Versammlungsrechts stehen, hatten die Veranstalter eine Massenunterkunft für bis zu 10.000 Demonstranten im Hamburger Stadtpark trickreich als "Antikapitalistisches Camp" mit allerlei politischer Begleitprogrammatik angemeldet. Damit waren sie in erster Instanz auch erfolgreich.
Man kann es verbieten
Der zuständige Hamburger Bezirk Nord hatte zuvor die gesamte Veranstaltung mit Blick auf den nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch einer öffentlichen Grünfläche kurzerhand untersagt. Das Verwaltungsgericht dagegen war der Ansicht, man müsse im Zweifel zugunsten der Veranstalter davon ausgehen, dass es sich trotz aller Übernachtungsmöglichkeiten insgesamt doch um eine politische Versammlung handle. Demnach hätten die Demonstranten ihre Zelte unter dem Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit aufschlagen dürfen.
Das sieht das Oberverwaltungsgericht nun anders. Politik, schön und gut, und vieles, was im Camp geschehen solle, trage zweifellos den Charakter einer politischen Versammlung – aber eben nicht alles, und vor allem nicht: die Übernachtungszelte. Wieso nicht? Ganz einfach: "Der Wunsch von Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern, an der Versammlung möglichst bequem und lange teilnehmen zu können, ist vom Schutzbereich des Art. 8 GG nicht umfasst."
Nun sind auch Dinge, die nicht unter dem Schutz des Grundgesetz stehen, darum nicht automatisch verboten. Aber man kann sie verbieten, und das hat das Land getan. Zudem hat die Polizei bereits angekündigt, dass sie allen Demonstranten, die sich mit ihren Zelten irgendwo im Stadtgebiet in die Büsche schlagen, eine unruhige Nacht bereiten werde. Weshalb man als linker Demonstrant in den Tagen um G20 in Hamburg entweder freiwillige Gastgeber oder das Geld für ein Hotelzimmer benötigen wird.
Es sei denn, die letzte Instanz, das Bundesverfassungsgericht, sieht das anders. Hier geht es immerhin um ein Grundrecht, und wer sich in seinen Grundrechten missachtet fühlt, kann seine Sache im Zweifel vor dem Bundesverfassungsgericht klären lassen.
Kommentare
Da haben die Behörden umsichtig reagiert; solche Camps werden leicht zur dauerhaften Einrichtung; kennt man ja vom Stuttgarter Schlosspark her ... einige Stuttgart21-Gegner und Parkschützer hatten das grüne Idyll vereinnahmt und hausten dort ... und niemand wollte mehr im Park spazierengehen wegen dieser "Siedlung" ...
Das hat mit Umsicht nichts zu tun, sondern damit, die Leute vom Protest gegen G20 abzuhalten.
Abgesehen davon, haben sie gesehen, wie der Stuttgarter Schlossgarten aussah, nachdem die Baumaschinen darüber hergefallen waren? Mit hatte er mit Zeltlager deutlich besser gefallen, als hinterher ohne Bäume.
Also ich kann die Aufregung um das urteil (auch durch den Autor) nicht verstehen. Der Artikel suggeriert, daß die Stadt Hamburg das Zelten gezielt den linken G20-Gegnern verboten haben, jedoch wage ich zu bezweifeln, daß Wildcampen(nichts anderes ist das Protestcamp) in Hamburg sonst auch nicht so gern gesehen ist.
Außerdem denke ich, daß jeder der schon einmal einen Festval-Zeltplatz nach dem Wochenende gesehen hat, verstehen kann warum Hanburg selbiges nicht im Stadtpart möchte. Dieser wäre nämlich für die folgenden Wochen nicht mehr so ein schönes Ausflugsziel. Dafür sehe ich Erlebnisgesichtspunkten eine hübsche Ergänzung zum politischen Abenteuerspielplatz genausowenig als Argument wie Der Wunsch von Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern, an der Versammlung möglichst bequem und lange teilnehmen zu können
Alternative Lebensvorschläge werden jedenfalls nicht dadurch damonstriert, daß man kostenlos im Naherholungsgebiet der lokalen Bevölkerung übernachtet und die Aufräumarbeiten dem kapitalistischen Feind überlässt. Im Gegenteil es lässt die Proteste vergleichsweise lächerlich wirken.
Es ist eben kein Wildcampen, wenn ein "Zeltlager" im Stadtpark angemeldet wird. Denken Sie doch bitte erst einmal nach, bevor Sie schreiben.
Desweiteren:
- "Hamburg" ist es ziemlich scheißegal, ob dort ein Camp steht oder nicht. Der Stadtpark sieht jedes Wochenende im Sommer aus wie Sau, weil dort zig tausende Menschen grillen, chillen, schlafen etc. Außerdem finden dort regelmäßig Konzerte (z.B. Rolling Stones im September statt. (Googlen Sie doch mal. Wenn Sie aus Hamburg kämen wüssten Sie das. Was gibt Ihnen eigentlich das Recht im Namen der "lokalen Bevölkerung" zu sprechen.)
- "Alternative Lebensvorschläge"? Was hat denn der G20 Gipfel damit zu tun?
Entfernt. Verzichten Sie auf pauschale Diffamierungen. Die Redaktion/ts
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Wer einen ganzen Tag lang demonstrieren will, muss irgendwo schlafen
Genau. Aber dass auch die Übernachtung eine geschützte Demonstration sein soll, ist aberwitzig.
Gut, dass wenigstens das OVG verhindert, dass im Stadtpark die Vögel beim Übernachten aus ihren Nestern fallen.
Nur das die Top Hotels schon von der Ehrenwerten Gesellschaft belegt sind.
Da sollte doch dem kleinen Bürger wenigstens ein Park zugänglich sein, um zu nächtigen. Unter den Brücken, ist dank der Politik der Herrschenden, leider kein Platz mehr.