Guten Morgen,
eigentlich wollte ich nur mit der Nachricht beginnen, dass, the same procedure as every year, Nachrichtensprecher Jan Hofer die Alsterfontäne per Knopfdruck aus dem Winterschlaf erweckte, dass die Innenstadt – die Schwäne sind ja auch schon da – nun also schon fast wieder bereit ist für die üblichen sommerlichen Großveranstaltungen für Sportler, Straßenabsperrer und knatternde Rentnerrocker. Und man dem Springbrunnen zum 30. Jubiläum neue Technik spendierte, die das Wasser bis zu 100 Meter hochschleudern kann. Was bei entsprechendem Wind vielleicht nützlich sein könnte, wenn die um die Alster kreisenden Motorräder doch irgendwann stören.
Aber eine Abonnentin hat uns noch von ihren Erfahrungen mit dem Termin-Service der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) berichtet. "Ich bin offenbar eine der wenigen, die diesen Service genutzt haben, mit dem Ergebnis, dass ich nach drei Tagen einen Rückruf bekam mit der Auskunft, einen Termin in vier Wochen könne man mir leider auch nicht verschaffen." Die Leserin brauchte einen internistischen Rheumatologen – doch die sind offenbar derart nachgefragt, dass die allermeisten nur noch Privatpatienten nehmen.
Könnte man, statt Patienten mit der Hotline zu verjuxen, nicht vielleicht mal dieses Problem angehen?
Mehr Kompetenz für das Alter(n)?
Und schon kommt ein neues Highlight des Gesundheitswesens in Sicht: Jeder Hamburger Bezirk soll ein Zentrum für Altersmedizin bekommen. SPD und Grüne haben schon einen Antrag bei der Bürgerschaft eingereicht. Sylvia Wowretzko, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, möchte bereits kommendes Jahr die erste "Institutsambulanz für Altersmedizin" in der Hansestadt eröffnen.
Frau Wowretzko, wieso brauchen wir Zentren für Altersmedizin? Sind Senioren in Hamburg bisher unterversorgt?
Nein, die Versorgung reicht aus, aber sie muss besser vernetzt werden. Wir werden immer älter, viele Menschen haben am Ende des Lebens gleich mehrere Erkrankungen auf einmal. Zum Beispiel Diabetes und Demenz oder Herz- und Gelenkprobleme. Für sie ist es sehr beschwerlich, von einem Facharzt zum nächsten zu laufen. Deshalb wollen wir diverse Fachärzte zusammenbringen.
Bedeutet das für die Krankenhäuser, an die Sie die Ambulanzen andocken wollen, nicht einen großen Mehraufwand?
Im Gegenteil. Wir möchten mit der Initiative unnötige Krankenhausaufenthalte alter Menschen verhindern. Bisher werden Betroffene oft stationär behandelt. Das ist nicht nur aufwendig, sondern auch sehr belastend. Wenn Senioren künftig alle nötigen Ärzte in einem Kompetenzzentrum antreffen, tauschen sich die Mediziner auch besser aus. Außerdem stehen im Fokus der Idee Krankenhäuser, die bereits geriatrische Abteilungen haben. Die werden ausgebaut und optimiert, sollen zum Beispiel neben der medizinischen Versorgung auch beraten oder Präventionsmaßnahmen anbieten.
Wird dafür auch neues Personal eingestellt?
Das muss man im Einzelnen sehen. Grundsätzlich soll das vorhandene Personal auch für das neue Institut zur Verfügung stehen.
Die Kassenärztliche Vereinigung hält Ihren Antrag für überflüssig – es werde längst daran gearbeitet, solche Zentren auf den Weg zu bringen.
Die Idee ist nicht neu, das stimmt. Aber
umgesetzt wurde sie immer noch nicht. Deshalb ist es doppelt gut, wenn wir das
Anliegen auch auf einen politischen Weg bringen. Viele Ärzte setzen eine
bessere Vernetzung leider damit gleich, Kompetenzen abzugeben oder sich infrage
stellen zu lassen. Wir dagegen sagen: Mehr Vernetzung entspricht mehr
Kompetenz.
Aus für "Soko Silvester"
Die "Soko Silvester" wird aufgelöst,
berichtete gestern "Die Welt". Die Sondereinheit der Hamburger Polizei hatte in
den vergangenen Monaten versucht, jene Männer zu ermitteln, die in der Nacht
zum 1. Januar Frauen auf dem Kiez sexuell genötigt hatten. Das Team von 24
Mitarbeitern werde bereits ab kommender Woche reduziert, berichtete die Zeitung
unter Berufung auf Polizeisprecher Jörg Schröder, es übernehme die
Fachdienststelle für Sexualdelikte im Landeskriminalamt. 243 Anzeigen von 403
Geschädigten waren nach Silvester bei der Hamburger Polizei eingegangen. Gegen
21 Tatverdächtige ermitteln die Beamten, sieben mögliche Täter sitzen in
Untersuchungshaft. Die Ermittlungen, hieß es, seien äußerst schwierig gewesen.
Es habe zunächst zwar viele Zeugenaussagen gegeben, aber kaum "objektive
Beweismittel". Handy-Aufnahmen waren qualitativ oft zu schlecht. Zum
vorläufigen Erfolg führten schließlich Bilder eines Fotografen, der zur
Tatzeit am Neujahrsmorgen an der Großen Freiheit Aufnahmen gemacht hatte. Mithilfe
der hochauflösenden Fotos konnten die Beamten Verdächtige zur Fahndung
ausschreiben. Der "Welt"zufolge wohnen alle bisher Festgenommenen in
zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in Hamburg, Eschershausen,
Seevetal und Elmshorn.
Gute Prognose macht Wind
Deutsche Windenergie-Firmen rechnen für die kommenden Jahre mit steigenden Umsätzen, ergab eine Studie der HSH Nordbank mit 80 Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. "Das ist durchaus überraschend", sagt Lars Quandel, Abteilungsleiter Energie & Versorger der Nordbank. Legt doch das neue Gesetz für Erneuerbare Energien (EEG) fest, dass Unternehmen ab 2017 nicht mehr eine pauschale Summe für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien kassieren können. Allerdings: "Das neue Gesetz wird das Interesse an Projekten im europäischen Ausland steigern", sagt Quandel. Dort gelten oft wirtschaftsfreundlichere Gesetze. Und die Technik stammt zu einem guten Teil von deutschen Firmen.
Moby Dick in der Elbe
Jan-Peter Mahlstedt gibt Vollgas und steuert seinen Bus direkt in die Elbe. "Platsch!" Wasser klatscht an die Windschutzscheibe. Die Passagiere sind gefasst, aber blicken doch nervös um sich. "Und schwimmt er?" – "Jo, schwimmt", beruhigt Mahlstedt die Teilnehmer der Pressefahrt. Erleichtertes Aufatmen. Das soll es künftig häufiger geben. Zwei Hamburger wollen Stadtrundfahrten durch die HafenCity zu Land und zu Wasser anbieten. Der "HafenCity Riverbus", den Fred Franken und Jan-Peter Mahlstedt gestern vorstellten, wirkt auf ersten Blick fast wie ein normaler Bus. Doch eigentlich ist er ein Schiff auf Rädern, das wie ein großer weißer Wal jedoch noch etwas wackelig die erste Runden durch das Hafenbecken zieht. "Bitte bleiben Sie sitzen!", ermahnt Unternehmer Franken und gibt eine kurze Einweisung zur Sicherheit: Hinten gibt es zwei Notausgänge, dort werden im Falle des Falles die Rettungswesten verteilt. Und wenn sich die Passagiere auf beide Sitzreihen gleichmäßig verteilen, damit das Boot nicht schwankt, schafft es zu Wasser rund 14 km/h und das angeblich bei bis zu sechs Windstärken. Die ersten Touristen sollen ab April mitfahren: von der Brooktorkaibrücke bis Entenwerder 45 Minuten zu Land und anschließend 35 Minuten auf der Elbe. Knapp eine Million Euro haben die beiden Gründer investiert, ähnliche Schwimmbusse gibt es bereits in Lissabon und Rotterdam. Dennoch brauchte es Jahre und diverse Gutachten, bis das Fahrzeug hier zugelassen wurde. Zuletzt geriet auch noch die zuständige PR-Agentur RaikeSchwertner in die Kritik wegen der Geschäftsbeziehungen des PR-Beraters Wolfgang Raike zu Hamburgs ehemaligem Tourismuschef, Dietrich von Albedyll. Mit dem Projekt "HafenCity Riverbus" habe das nichts zu tun, beteuern die Gründer. Er glaube nicht an Unregelmäßigkeiten, sagt Franken. "Sonst hätte es wohl nicht so lange gedauert."
Frauen an Bord
Grimmig, fast wütend blickt Laskarina Bouboulina ihre Mannschaft an. Den Revolver im Gürtel, zeigt sie mit ausgestrecktem Arm auf das Meer hinaus. Dort gilt es, die Unabhängigkeit der Heimat zu erkämpfen. Das Gemälde der Heldin des griechischen Befreiungskrieges ist Teil einer neuen Sonderausstellung im Maritimen Museum Hamburg. Unter dem Titel "Frauen an Bord. Eroberung einer Männerdomäne" stellt das Haus die Geschichte und Gegenwart seefahrender Frauen vor. Und schnell wird klar: Das weibliche Geschlecht spielt und spielte auf dem Meer eine weit größere Rolle als gedacht. Hier trifft man jede Menge Piratinnen, Seenotretterinnen, Reederinnen, Marinesoldatinnen. Allen gemein: ein selbstbewusstes, wenn nicht gar herausforderndes Auftreten – angesichts der männlichen Kollegen auf dem Schiff bisweilen überlebenswichtig. Neben Fotos, Texten, Uniformen und Gemälden gibt es Informationen über den Frauenanteil und zu den Themen Diskriminierung und sexuelle Belästigung in der Schifffahrt. "Letztere gibt es, aber sie ist nach unseren Erkenntnissen nicht höher als in anderen Berufszweigen auch", sagt Ausstellungsmacher Wulf Brocke. "Ich führe das auf die starke soziale Kontrolle auf dem begrenzten Raum eines Schiffes zurück."
Sonderausstellung vom 18. März bis 15.Juni, im Eintrittspreis für das IMMH enthalten, geöffnet wochentags von 10 bis 18 Uhr
Mittagstisch
Mutti ist die Beste
Nicht Vaterland. Auch nicht Homeland. "Mutterland" eben. Lassen wir mal beiseite, ob die Erinnerung an Mutters Mittagstisch bei einigen Menschen unliebsame Erinnerungen wachrufen könnte. In diesem Delikatessenhandel mit angeschlossenem Bistro im Bieberhaus wird man von früh (8 Uhr) bis abends (21 Uhr) umfassend und tagesfrisch verpflegt. Frühstück gibt es hier ohne kleinliche Zeitbeschränkung. Mittags punkten "Klassiker" wie Maultaschen (ungewöhnlich im Format, aber gut gefüllt mit Weiderind und Spinat) für 8,90 Euro oder Quiche mit Ziegenkäse-Spinat-Füllung plus kleinem, gemischtem Salat (6,90 €). Empfohlen wurde uns auch der "Hornochse", zwei hausgemachte Frikadellen mit Kartoffelsalat und Senf (9,80). Man trinkt dazu selbst gemachte Limonade – Kräuter, rote Beeren oder Zitrone für 3,60 Euro – und wirft beim Espresso (1,80 €) rasch einen Blick in die vielen ausliegenden Zeitschriften. Zum Abschied gibt es einen neongrünen Osterhasen oder eine Tafel Hafen-Schokolade – eben wie bei Muttern.
"Mutterland" (Stammhaus), Ernst-Merck-Straße 9–11, Ecke Kirchenallee
Anna von Münchhausen
Was geht
Frühling auf dem Dom: "Oh Mann ist das schööön!" – heute startet wie angekündigt das Spektakel auf dem Heiligengeistfeld. Zuckerwatte, Karussells, Völkerwanderung. Frühlingsdom, heute von 15 Uhr bis Mitternacht. Montag bis Donnerstag 15–23 Uhr; Freitag und Samstag 15–0 Uhr, Sonntag 14–23 Uhr
Wenn zu wenig reinkommt: Journalistin Kathrin Hartmann diskutiert mit Lesern ihr Buch "Wir müssen leider draußen bleiben".Thema: Armut in unserer Konsumgesellschaft. Heute, 19 Uhr, W3-Saal, Nernstweg 34
Mini-Gitarren, großer Spaß: Das "Ukulele Orchestra of Great Britain: 30 Plucking Years" präsentiert Cover-Versionen moderner Hits. Heute, 20 Uhr, Laeiszhalle, Johannes-Brahms-Platz
Was kommt
Zurück in den Suppentopf: Der arme Mann muss ganz schön leiden. Im Musical "Vom Fischer und seiner Frau – Das Nordical für die ganze Familie" singt er dem Publikum sein Leid. Geeignet für Kids ab 6 Jahren. Samstag, 11 und 14 Uhr, Sprechwerk, Klaus-Groth-Straße 23
Kommt Zeit, kommt Hausrat: Im Workshop "Möbel Upcycling" lernen Sie, wie man in kurzer Zeit aus alten Dingen Neues bastelt. Samstag, 11 bis 17 Uhr, Werkstatt MöbelVerrückt,Westerkamp 13
"Werde munter, mein Gemüte": Die "Matthäus-Passion" erfüllt mit ihren Chorälen und Arien die Michaeliskirche. Sonntag, 18 Uhr, St. Michaelis, Englische Planke 1
Lauf in den Frühling: Wer richtig stark ist,
läuft 21 Kilometer lang an Apfelkuchen mit Sahne vorbei – beim Halbmarathon
durch das Alte Land. Sonntag, 10 Uhr; Start: Francoper Straße, mehr
Informationen unter www.lghnf.de
Hamburger Schnack
Neulich beim Trödler: Als Kunde kann ich mich nicht für einen Bilderrahmen entscheiden. Verkäufer: "Nu komm mal in die Pödde, ich muss gleich noch nach Aldi, Hülsen kaufen. Aber bevor du dich entscheidest, rauchen wir noch eine!"
Gehört von Felix Amsel
Meine Stadt
Zum Schluss noch eine gute Nachricht: Helene Fischer ist zur Wachsfigur erstarrt! Sie singt nicht mehr, nicht mal mehr auf Englisch! Sie tanzt auch nicht mehr. Sie steht einfach nur da und lächelt so herzig, dass sie einem doch wieder leidtun kann – ach so: im Panoptikum, dem Wachsfigurenkabinett am Spielbudenplatz. Na dann ...
Das war sie wieder, die Elbvertiefung. Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, worüber wir unbedingt berichten sollten? Schreiben Sie uns: elbvertiefung@zeit.de
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Montag lesen wir uns wieder, wenn Sie mögen!
Ihr
Mark Spörrle
PS: Gefällt Ihnen unser Letter, leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an unter www.zeit.de/elbvertiefung. Dann schicken wir Ihnen die neue Elbvertiefung, solange Sie wollen, immer montags bis freitags ab 6 Uhr.
Kommentare
"Könnte man, statt Patienten mit der Hotline zu verjuxen, nicht vielleicht mal dieses Problem angehen? "
Wieso, das ist in Hamburg doch Usus. Terminanfrage beim Facharzt, Gegenfrage: Wie sind Sie denn versichert? Als Kassenpatient gibt es dann Termine in 4, 5 Monaten. Selbst dann ist noch nicht garantiert, dass man eine Behandlung, geschweige denn eine gute erfährt.
Ähnlich ist die Situation inzwischen bei Hausärzten. Wenn sie nicht ohnehin Aufnahmestopp haben, versorgen sie nur Patienten in der Praxis. Hausbesuche? Fehlanzeige. Nur ja kein kritisches Wort, sonst wird man gleich rausgeekelt...
Und so telefonieren sich Patienten und Angehörige munter durch den Stadtteil, um einen Arzt oder Therapeuten zu finden, der ins Haus kommt. Völlig unerklärlich, denn eigentlich sind wir ja in Hamburg medizinisch überversorgt.
Ws sollen denn diese schönen Ambulanzen, wenn ein Grossteil der Patienten gar nicht in der Lage ist, Haus und Wohnung zu verlassen, geschweige denn dorthin zu gehen? Gerade weil die alten Herrschaften multimorbide, schwach und eingeschränkt sind.
Mobile Interventionsteams könnten Diejenigen erreichen. um die es eigentlich geht. Das würde die Gesundheitsversorgung alter Menschen verbessern, Klinikeinweisungen reduzieren, evt. Heimunterbringungen verhindern.
MVZs gibt es doch in Hamburg schon, auch in gut versorgten Stadtteilen. Die Ärzte müssen endlich zu den Menschen, nicht umgekehrt. Das kann man nicht allein den Hausärzten auf die Augen drücken, da müssen alle ran!