Der Mensch braucht Raum, aber der Raum braucht den Menschen nicht. Dieses Ungleichnis findet seine perfekte Spiegelung in den Bildern von Julian Faulhaber. Der in Berlin lebende Fotograf zeigt Gebäude während und nach ihrer Fertigstellung, bevor sie für die Nutzung oder das Publikum geöffnet werden. Seine Studien im Bildband LPDE wirken zwangsläufig unbeseelt, künstlich, oft sogar wie digital erstellte Modelle einer noch zu bevölkernden Architektur. Oder führen all diese Räume ein Eigenleben, das ihren Erbauern, den Menschen verschlossen bleibt?
Fotografie: Alles schöner ohne uns
Der Zauber menschenleerer Räume: Julian Faulhaber fotografiert Supermärkte, Bürohäuser, Tonstudios, bevor sie zur Nutzung freigegeben werden.
Kommentare
Der Fotograf als Schmarotzer. Es ist eben leicht, interessante Bilder zu machen, wenn man interessante Architektur oder andere Kunstwerke fotografiert. Natürlich kann das auch danebengehen - ein wenig handwerkliches Geschick ist da schon erforderlich. Mehr aber auch nicht. Und der Verzicht auf Lebewesen in den Bildern macht es noch leichter. Wenig beeindruckende Leistung.
Lieber egojen,
dann bin ich ja schon beinahe gespannt auf Ihren, vielleicht ja an dieser Stelle, veröffentlichten Link zu von Ihnen atemberaubend einfach fotografierten Bildern der Architektur.
Ihre Argumentation bewegt sich auf einem ähnlichen Niveau, wie die, deren Vertreter der Meinung sind, dass z.B. ein Kandinsky von jedem Kind angefertigt werden könne.
Die Diskreditierung von künstlerischem Schaffen endet damit nicht einmal nur beim Künstler. Jahrzehnte der Kunst- und Kulturwissenschaft werden durch solche Aussage auch deprofessionalisiert und marginalisiert.
Die Fotografien dürfen Ihnen natürlich nicht gefallen, auch ohne Argumentation — alles weitere empfinde ich als schade.
Mit besten Grüßen,
d44w
Das geht kürzer, d44w: A so a Schmarrn!
Ich muß egojen zum Teil recht geben. Die Fotos sind gelungen. Aber nach dem Motto: "Du kannst es, aber Du tust es nicht", gibt es mit Sicherheit Unmengen an Fotografen, die ähnliche Bilder haben, die aber in der Versenkung des Computers verschwinden.
Es ist halt auch schwer, ein Publikum zu finden, ähnlich wie in der Malerei.
egojen, der "Fotograf als Schmarotzer" soll, so sehe ich es jedenfalls, provozieren.
Es geht bei diesen vorgestellten Fotos ja gerade nicht darum, eine interessante Architektur oder ein Kunstwerk abzulichten, sondern eben jene durch eine ungewöhnliche Perspektive, ungewöhnliche Farben oder ungewöhnliche Stimmungen zu einem eigenständigen Kunstwerk zu erheben, dass sich von abgebildeter Architektur oder darstellender Kunst abhebt. Architekturaufnahmen, bei denen soweit alles stimmt, also Belichtung, Schärfentiefe, Kontraste sind mit heutiger Technik relativ leicht herzustellen. Bei den gezeigten Fotos ist aber aus meiner Sicht die Darstellung wichtiger als der Gegenstand. Und da unterscheidet sich der schöpferisch-künstlerische Fotograf ganz wesentlich vom Dokumentar-Fotografen.
Ich zähle mich eher zu den letzteren und finde daher die vorgestellten Fotos aus einer künstlerischen Perspektive spannend und bereichernd.
Allerdings ist es auch hier wie im richtigen Leben, über Geschmack lässt sich vortrefflich streiten oder eben auch nicht.
Tankstelle und Hinterausgang sind übrigens meine Favoriten.
"... Unmengen an Fotografen, die ähnliche Bilder haben ..." – so was kann auch nur jemand schreiben, der nicht erkennt, was in den hier gezeigten Bildern an Aufwand in jeder Beziehung steckt. Na ja, sei's drum ...
Wundervolle Bilder. Besonders Nr. 6 hat was. Es ist vollkommen senkrecht gestellt, aber der Schatten an dem Element in der linken unteren Ecke führt zu dem (falschen) Eindruck, das Element selbst sei geneigt ... Toll gesehen.
>>...aber der Raum braucht den Menschen nicht.<<
Das stimmt gar nicht, wenn es um den vom Menschen geschaffenen Raum geht. Denn dieser würde sehr schnell wieder zerfallen und vergehen, wenn ihn die Menschen nicht pflegen würden.
Auch der Raum als solches, das Unermessliche braucht den Menschen; denn ohne den Menschen als Beobachter wäre der Raum nicht, weil ihn niemand erkennen würde. Vergl. das Anthropische Prinzip, wonach es einen Beobachter braucht, damit die Welt existiere.
Oder stärker noch bei Meister Eckhardt: wäre ich nicht, wäre Gott nicht.
Also ohne Beobachter, hier ohne den Menschen, kann Raum nicht sein.
Die Werke Faulhabers befassen sich also nicht mit Raum an sich, sondern mit dem vom Menschen geschaffenen Raum und bleibt dabei im Profanen haften. Das mindert aber nicht die enorme hohe Qualität seiner Fotoarbeiten.
der mensch erhält die nutzung indem er den raum pflegt, der raum steht unter der nutzung. folglich geht es nicht um den raum sondern um die nutzung. daher braucht der raum nicht den menschen aber der mensch den raum als form der nutzung. somit dient der mensch durch pflege des raumes sich selbst um die nutzung zu gewährleisten und nicht dem raum. ein raum kann auch ohne mensch existieren, dann nicht mehr als ausformung menschlicher nutzung, lediglich als raumform.
Ein schöner Blick auf Formen, durch die Stilisierung noch einmal verstärkt.
Amüsant daran: Computerspiele versuchen mit viel Mühe, von diesem Look wegzukommen.
Heinrich v. Schimmer, Berufsfotograf
Sie sagen es, Herr v. Schimmer!
Als Kind hatte ich ein Memory-Spiel ähnlicher Bildauffassung. Auch da wusste man oft nicht gleich, was auf dem Foto abgebildet war. Das war damals noch neu und nahm die Computerspiel-Ästhetik vorweg.
Edward Hopper scheint bei der Tankstelle, Bild Nr. 14, Pate gestanden zu haben. Nur bei genauem Hinsehen bemerkt man, dass Dach und Zapfsäulen modern sind.
Bleibt die Frage: Ist das Kunst? Oder ist es nur perfekt?