Eisiger Wind und Regenwetter lassen die Sozialbauten im Viertel Al Menzah 6 von Tunis noch ein wenig trister wirken. Auf einem Parkplatz markieren Kränze und Kerzen den Ort, an dem der linke Oppositionspolitiker Chokri Belaid am vergangenen Mittwoch erschossen wurde. Er hatte gerade das Mietshaus verlassen, in dem er wohnte, und sich auf den Beifahrersitz seines Autos gesetzt. Die Schüsse trafen ihn in die Schläfe, den Hals und die Brust.
"Kommen Sie ruhig", hatte seine Witwe am Telefon auf die Bitte um ein Gespräch geantwortet, "aber nur dann, wenn Sie mit der Macht nichts zu tun haben." Basma Khalfaoui Bealid ist nicht die einzige, die hinter dem professionell ausgeführten Mord eine Organisation mitten im Staatsapparat vermutet.
Im Hausflur und in der sparsam eingerichteten Wohnung herrscht ein Kommen und Gehen. Freunde und Verwandte erscheinen, sie weinen stumm, und Basma Khalfoui rafft sich von Zeit zu Zeit zu einem Interview auf. Gerade ruft das algerische Fernsehen an. "Morgen ist dann damit Schluss" sagt sie, die Kraft gehe ihr aus. In der linken Hand knüllt sie ein Papiertaschentuch.
"Alles hat 2008 angefangen"
"Mein Leben mit Chokri hatte sich 2008 geändert", erzählt Khalfoui. "Damals setzte er sich als Rechtsanwalt für die aufständischen Arbeiter in der Phosphatregion ein." Er sei oft wochenlang weggewesen, und wenn er zurückkam, sei er braun gebrannt und erschöpft gewesen. "Die Revolution beginnt jetzt, sagte er immer. Er hat ja recht behalten, alles hat 2008 angefangen", sagt sie.
Basma Khalfaoui spricht wie unter Schock. Sie wirkt keineswegs so kämpferisch wie auf den Bildern, die gerade um die Welt gehen. Sanfte Stimme, weiche Gesichtszüge, graue Locken, sitzt sie dem deutschen Journalisten gegenüber und muss sich sichtlich zusammennehmen, um zu erzählen, wie sie den schrecklichen Mittwochmorgen erlebt hat. "Ich war in einem anderen Zimmer, bei den Mädchen, um sie für die Schule fertigzumachen. Um zehn nach acht höre ich es zweimal knallen, aber ich dachte mir nichts dabei. Da kam mein Bruder hereingestürzt und fragte: Basma, was ist das? Ich warf ein Kleid über und rannte auf den Balkon. Ich sah den Chauffeur, er sagte weinend 'Basma, komm raus, sie haben auf Chokri geschossen'".
Der Chauffeur steht aufgrund der Zeugenaussage einer Nachbarin mittlerweile unter Verdacht, den Mord geschehen haben zu lassen, nachdem ein Unbekannter kurz mit ihm gesprochen habe.
Kommentare
endlich sentzen sich die muslime zur wehr
den muslimen in den nordafrikanischen ländern dämmert langsam, dass der radikale islam eine gefahr für ALLE menschen ist. zum glück sind viele lybier, tunesier und ägypter nicht so leicht zu blenden...
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Falsch, es dämmert den Menschen dort dass die Umstürze ein Fehler war. Der Arabische Frühling wurde von gut ausgebildeten Städtern ausgelöst, diese sind aber eine Minderheit da gerade in Ägypten ein großer teil der Bevölkerung Analphabeten sind und deswegen war es abzusehen das die Islamisten an die Macht kommen.
In Libyen wird bis heute gekämpft und der Staat steht vor dem Zerfall!
Hoffen wir, dass die Steinzeitfundamentalisten
endlich dahin verschwinden, wo sie hingehören: In die Steinzeit. Schon Popper sagte im Hinblick auf die Faschisten, " keine Toleranz den Intoleranten".
Langsam scheinen es auch die etwas gebildeteren unter den Moslems zu merken, was Sache ist.
Mursi ist jedenfalls nicht die Lösung
Unglaublich
Der tunesische Religionsminister Noureddine El Khademi kritisierte die Anwesenheit der Witwe und ihrer beiden Töchter auf der Beerdigung Chokri Belaids, die er als Verletzung der muslimischen Beerdigungsriten und "Aggression gegen den heiligen Charakter der Gräber" bezeichnete.
Das kann doch nicht wahr sein? Da wird der Familienvater/Ehemann ermordet und die Hinterbliebenen dürften laut diesem Religionsminister nicht einmal zu Beerdigung erscheinen. Sollen diese radikalreligiösen Ansichten aus grauer Vorzeit etwa die Früchte einer Revolution sein?
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Es war von Anfang klar dass diese an die Macht kommen, das haben alle Kenner dieser Region vorhergesagt. Nur naive Spinner haben was von Demokratie gefaselt! Die Nato hat in Libyen Islamisten an die macht gebombt, wir haben nun praktisch Irak vor unsere Haustür. In Syrien versucht der Westen nun das gleiche zu erreichen wie in Libyen!
"Alles hat 2008 angefangen"
Reformen sind Revolutionen vorzuziehen.
Hoffentlich halten jetzt die vernünftigen Strukturen.
Ein Mord ist schlimm,
doch es kann noch viel schlimmer kommen.