Einhundert Soldaten: Russen, Armenier, Tschetschenen und Männer aus der Ostukraine, mehr brauchten die Separatisten der Donezker Volksrepublik nicht für die erste Eroberung des Flughafens in Donezk. Mitten in der Nacht vom 25. zum 26. Mai 2014 wurden sie in ihrer Kaserne geweckt, über ihren Auftrag informiert und in Zivilfahrzeugen zum Flughafen gefahren. Dort brachten sie sich auf allen Stockwerken in Stellung, ließen die Passagiere gehen und nahmen das Terminal unter Kontrolle. "Die Angestellten des Flughafens arbeiteten weiter", sagte einer dieser Soldaten später. Am Morgen danach landeten auf dem 4.000 Meter langen Rollfeld noch zwei Passagiermaschinen. So, als wäre nichts geschehen.
Wer die aktuellen Bilder des Terminals sieht, kann sich kaum vorstellen, dass diese Kriegsruine, zerstört von Tausenden Maschinengewehrkugeln und Grad-Raketen, vor acht Monaten noch einer der modernsten Flughäfen Europas war. Der Donetsk International Airport, kurz DOC, ist zum wichtigsten Schauplatz des Ukraine-Krieges geworden. Kein Ort in der Ostukraine ist seit dem Ausbruch der Gefechte stärker umkämpft als die Hangars, Terminals, der Tower und die Parkhäuser, die erst vor der Fußball-EM 2012 für mehrere Millionen Euro neu errichtet worden waren. Die Separatisten und die ukrainische Armee kämpfen dort um jeden Meter. Keine Seite gibt nach, obwohl sämtliche Gebäude längst verwüstet sind. Aber warum?
Es ist vor allem die Symbolik. Wie in jedem Krieg bekommen einzelne Schlachtfelder mehr Bedeutung, weil sie psychologisch für mehr stehen als andere. So reagierte die ukrainische Armee bereits nach der ersten Eroberung im Mai 2014 entschlossen auf die Besetzung. Mit Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Bodentruppen versuchte sie, die Separatisten vom Flughafen zu vertreiben. Allein das Datum dieser ersten heftigen Kämpfe hatte sinnbildlichen Wert. Es war Tag eins nach der Präsidentschaftswahl, die Petro Poroschenko mit mehr als 50 Prozent der Stimmen gewonnen hatte.
Seitdem versucht die ukrainische Armee jedes zurückeroberte Stockwerk und jede Hangar-Halle zu verteidigen. Welche Seite gerade wie viel auf dem Flughafengelände kontrolliert, ist schwer zu beurteilen. Mal verkünden die Separatisten, sie hätten den gesamten Flughafen in ihrer Gewalt, mal meldet die ukrainische Seite Erfolge. Die Soldaten, die dafür ihr Leben riskieren, werden Cyborgs genannt und von vielen Ukrainern wie Helden verehrt. Sie haben bis heute einzelne Abschnitte des Flughafens gehalten, auch wenn Dutzende oder Hunderte dabei starben.
Fast täglich kommen weitere Tote hinzu. Und fast täglich erhöht sich damit die empfundene Bedeutung für den Gewinn oder Verlust des Flughafens. Die Toten dürfen nicht umsonst gefallen sein. Diese Annahme geht so weit, dass Mitarbeiter der Präsidialverwaltung in Kiew vom "Stalingrad des Ukraine-Krieges" sprechen, wenn sie über die Schlacht um den Donezker Flughafen reden. Wer hier siegt, hat mehr als einen Flughafen gewonnen.
Kommentare
gut dann könnte man das
wenigstens klar benennen und endlich mal beweisen, dass Kriegsgüter direkt aus Russland geliefert werden....und nicht immer nur Mutmassungen
Genau Beweise wollen wir sehen!!!
Genau, Beweise muss man bringen, aber das gilt nur für die westlichen Medien. Wenn die russischen Medien EU und USA dämonisieren, haben sie natürlich recht. Wenn die ukrainische Armee aus Spaß unschuldige ermordet dann ist es so. Der Westen beliefert die Ukraine mit Waffen, CIA Agenten und FBI (was auch immer die in der Ukraine zu suchen haben) sind schon längst mit Black Ops im Krieg unterwegs. Alles muss nicht bewiesen werden. Der Kreml sagt es, also stimmt es!
Die westlichen Medien sind die bösen, gleichgeschalteten, die den westlichen Geist mit ihrer Propaganda vergiften. Die russen berichten zwar ähnlich einseitig, aber die Wahrheit pur!
Frage:
Was ist noch einmal der Grund dafür, dass der zivilisierte Westen es nicht schafft, beiden Seiten klar zu machen, dass dieses ewige sich gegenseitig Totschießen aufhören muss, wenn man ein willkommener Wirtschaftspartner sein möchte?
Ich verkneife mir (fast) jede Vermutung bzgl. der Frage, welcher Flughafen früher in Betrieb ist, DOC oder BER...
Versuch einer Antwort
Der Ukraine-Bürgerkrieg ist hauptsächlich ein EUSA-Angriff auf Russland, um mit "Nationbuilding Ukraine" und dessen "EU-isierung" über die Ausgrenzung seines russischen Ur-Teils Druck aufzubauen.
Es geht um die Selbstfindung EUROPAS in der Abgrenzung zu Russland!
Nachdem Politik und € eher zur Spaltung Europas beitragen, scheint nun das alternativlose Einfordern eines verbindlichen europäischen RechtsStandpunkts im RU-Konflikt nun der ultimative Weg, endlich einen europäischen Grundpfeiler zu bekommen.
Alles oder Nichts.
Die Legitimation europäischer Eliten wackelt mitsamt ihren Staaten. Man ist bereit, eine Art europäischen Einigungskrieg zu riskieren (siehe 1871) im Schutze eines starken Freundes.
Deshalb geht es um noch GRÖSSERES, das Eigentliche - es geht um Neuaufteilung der Welt zum Zwecke ihrer intensivierten Kapitalisierung.
Wachstum braucht Raum und Völker ;-) Mehr denn je.
Die Schnittstelle zwischen Europa und Asien soll neu formatiert werden:
Russland! ...nicht zum ersten Mal. (die kennen DAS)
Dazu beginnt es KLEINER - eben der Neuordnung seines jungen, vielvölkischen, korrupten Nachbarstaats mit EINER? Vor-Geschichte und EINER? Zukunft. Den RU stets durchgefüttert hat, gehörten sie doch mal Jahrhunderte zusammen.
Die Erzwingung EINER Ukraine erzeugt so zwangsläufig ZWEI.
Russland wird NIE seine brutal angegriffenen Volksleute im Stich lassen.
Und die ukrainische Regierung muss den Krieg führen.
Weil es um mehr geht als EINE Ukraine, viel mehr.
War and Peace and War
Ich würde die Bedeutung des Flughafens nicht überbewerten. Mich erinnert dieser Artikel etwas zu sehr an den ersten Tschetschenienkrieg, in dem die Westpresse geschlossen der Argumentation der russischen PR folgte und ein Junktim zwischen dem Ende des Krieges und dem Besitz der Ruinen Groznys herstellte.
Wie das wirklich endete wissen wir.....
Abgesehen davon werden Kriege nicht notwendigerweise nur auf dem Schlachtfeld entschieden. Es gibt genügend Armeen, die (fast) jede Schlacht gewonnen haben, deren Staat aber den Krieg letztlich desaströs verloren hat. Hier spielen zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle, und die sind im Ukraine Konflikt ganz besonders stark präsent. Insbesondere die politischen Unwägbarkeiten lassen die Frage nach Sieg oder Niederlage relativ erscheinen.
Was diesen Krieg betrifft, so ist durchaus möglich, dass er uns noch Jahre begleitet - unabhängig davon wer fürs erste die Ruinen der Gegenseite in Besitz nimmt. Er kann sich jederzeit auch auf eine ganz andere Ebene verlagern.
Danke!
Sehr guter Beitrag und Einwand und vor allem endlich mal etwas anderes als die ewig gleichen Tatsachenverdrehungen, Relativierungen und Verleugnungen der sogenannten "Putinversteher".
Leider vergisst Herr Dobbert
uns mitzuteilen, dass der Flughafen für die Armee noch eine ganz andere Bedeutung hat. Von dort bzw. nahe dort, kann man nämlich wunderbar die Wohngebiete Donzeks beschießen. Dies hat in den letzten Tagen die OSCE, HRW und heute Amnesty International festgestellt und angeprangert.
Aber macht ja nichts, dafür ist ein Forum ja da, dass die Leser auch mal dem Journalisten an die Seite springen, wenn dieser, bei all seiner mühsamen Recherche etwas "übersehen" hat.
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf unsachliche Polemik. Danke, die Redaktion/sam