Hohe Rauchwolken standen über der jemenitischen Hauptstadt. Schwere Raketenexplosionen und Maschinengewehrfeuer waren in Sanaa zu hören, als saudische Kampfflugzeuge am Morgen die Luftwaffenbasis Al-Duleimi nahe dem Zivilflughafen sowie den von Aufständischen besetzten Präsidentenpalast angriffen. Seit Donnerstagfrüh herrscht Krieg auf der Arabischen Halbinsel.
Hunderte Bewohner versuchten, mit ihren Habseligkeiten aus den Wohnvierteln zu fliehen. "Die Leute sind total verängstigt. Es ist furchtbar, überall in der Hauptstadt wird bombardiert", berichtete ein jemenitischer Journalist dem Sender Al Arabiya. Über lokale TV-Kanäle wurden alle Ärzte aufgerufen, in die Krankenhäuser zu kommen. Mindestens 13 Menschen sollen bei den Angriffen ums Leben gekommen sein, wahrscheinlich jedoch sehr viel mehr. Mehr als 100 saudische Jets waren nach Angaben aus Riad an den Angriffen beteiligt, sowie 30 Flugzeuge aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und acht aus Bahrain. Man werde alles tun, um die legitime Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi zu verteidigen und zu schützen, erklärte der saudische Botschafter in Washington, Adel al-Jubeir.
Huthi-Sprecher Mohammed al-Bukhaiti dagegen sprach von einer offenen Kriegserklärung. Im Süden rückten die schiitischen Rebellen weiter auf die Hafenstadt Aden zu, in der sich Tausende regierungstreue Stammeskämpfer verbarrikadiert haben. Ein Teil der Angreifer wird von Ahmed Saleh, dem Sohn des 2012 gestürzten Präsidenten Ali Abdullah Saleh, kommandiert, der auf diese Weise die verlorene Macht zurückerobern will. Sein Präsidentennachfolger und Gegenspieler Hadi hat sich ins benachbarte Saudi-Arabien abgesetzt, wie dort ein Staatssender berichtete. Er sei seit den Luftangriffen in bester Stimmung und danke den Golfstaaten, hieß es aus seiner Umgebung. Unter saudischem Schutz soll er nach Ägypten gelangen, wo am Wochenende der Gipfel der Arabischen Liga stattfindet.
US-Außenminister John Kerry begrüßte das militärische Vorgehen der arabischen Alliierten und beriet in einer Telefonkonferenz mit den sechs Außenministern des Golf-Kooperationsrates. Nach seinen Worten unterstützen die Vereinigten Staaten die Luftangriffe mit Logistik und Aufklärung. Zehn arabische Nationen haben sich bisher der "Operation entscheidender Sturm" öffentlich angeschlossen, die vom neuen saudischen König Salman und seinem Sohn, dem 35-jährigen Verteidigungsminister Mohammad bin Salman, koordiniert wird.
Bodentruppen, falls nötig
Am Wochenende will die Arabische Liga auf ihrem Gipfel in Scharm al-Scheich über eine panarabische Eingreiftruppe beraten. Er stehe hundertprozentig hinter den Angriffen, erklärte Generalsekretär Nabil al-Arabi. Saudi-Arabien ließ durchblicken, eine Bodenoffensive sei nicht ausgeschlossen. Im Kampf um den Jemen setzen die Golfstaaten allerdings vor allem auf Bodentruppen aus Pakistan und Ägypten. Beide Regime hängen am saudischen Milliardentropf und können sich diesem Ansinnen nur schwer verweigern. "Wir prüfen eine entsprechende saudische Anfrage", hieß es aus Islamabad. Kairo setzte vier Kriegsschiffe in Richtung Aden in Bewegung. Man stehe bereit, falls Bodentruppen gebraucht würden, gab das Außenministerium bekannt.
Ägypten hat sich schon einmal vor knapp fünf Jahrzehnten auf ein Militärabenteuer in dem bergigen und schwer zugänglichen Land an der Südspitze der Arabischen Halbinsel eingelassen. Nach fünf Jahren Guerilla-Krieg zog der damalige Präsident Gamal Abdel Nasser seine 50.000 Soldaten aus dem Jemen zurück, nachdem dort mehrere Tausend ihr Leben verloren hatten.
Die heutige saudische Armee ist extrem aufwendig hochgerüstet, im vergangenen Jahr war das Land der größte Waffenimporteur der Welt. Auf dem Feld jedoch bringt die königliche Streitmacht nicht viel zustande. Vor fünf Jahren schlug sie sich gegen einige Hundert Huthi-Rebellen in der Grenzregion zu Jemen so erbärmlich, dass der damalige Monarch Abdullah wutschnaubend auf das Schlachtfeld eilte, um seinen Generälen die Leviten zu lesen. Am Ende konnten die saudischen Einheiten die Eindringlinge aus dem Nachbarland nur mithilfe eilends verlegter jordanischer und marokkanischer Elitetruppen zurückschlagen.
Schwerwiegende regionale Konsequenzen
Die jetzige Offensive im Jemen unter Führung von Saudi-Arabien stieß beim regionalen Widersacher Iran auf scharfe Kritik. Teherans Außenminister Mohammed Javad Zarif forderte einen sofortigen Waffenstillstand. "Militäraktionen von außerhalb gegen Jemens territoriale Integrität und sein Volk werden nur noch mehr Blutvergießen und Tote nach sich ziehen", erklärte er dem Sender Al-Alam. Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini warnte, die Kriegshandlungen könnten "schwerwiegende regionale Konsequenzen" haben.
Denn die Huthis und die mit ihnen verbündeten jemenitischen Truppenteile des Ex-Präsidenten Saleh sind gut gerüstet. Den schiitischen Rebellen fielen Flugzeuge, Panzer, Geschütze und Fahrzeuge im Wert von 500 Millionen Dollar in die Hände, die in den vergangenen Jahren von den Vereinigten Staaten geliefert worden waren. Und so könnten die Aufständischen versuchen, mit ihren Jets saudische Ölanlagen anzugreifen, von denen ein erheblicher Teil der westlichen Energieversorgung abhängt. Die Ölpreise zogen am Donnerstag an, die Börsen am Golf gaben teilweise kräftig nach. Auch die wichtige Suezkanal-Schifffahrtsroute durch den Golf von Aden liegt unmittelbar im Kriegsgebiet. Der Kampf gegen Al-Kaida im Jemen erlitt zudem einen heftigen Rückschlag. Nach Informationen der Los Angeles Times fielen den Huthis zahlreiche geheime Unterlagen über US-Drohneneinsätze in die Hände, darunter auch die Namenslisten von Informanten.
Kommentare
so schnell kann es auch gehen.......
erstaunlich wie schnell die arabische welt + pakistan reagiert, wenn es nicht gegen die is, sondern gegen die shiiten geht.....
Der Powerbroker heißt Saleh
Saleh und seine Loyalisten sind die eigentlichen Powerbroker. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Houthis in so kurzer Zeit den halben Jemen erobern konnten, indem die Loyalisten ihnen die Städte quasi aushändigten. Mithilfe der Houthis wollte Saleh seine Macht zurückerlangen, mit der Intervention jetzt könnte es aber dazu führen, dass er seine Allianzen wechselt und die Houthis daher umso schwächer dastehen dürften... Ich glaube nicht, dass die Houthis bei einem Bruch mit Saleh eine starke Truppe besitzen, die in der Lage wäre, hochgerüstete Invasionsstreitmächte zu besiegen und das Territorium im Süden zu halten. Wahrscheinlicher ist, dass Saleh seine Unterstützung fallenlässt und die Houthis kurze Zeit lang kämpfen, bis sie sich an den Verhandlungstisch setzen. Saleh kann seine Situation verbessern und sich neuorientieren, die Houthis hingegen sind in einer gefährlichen Situation: Sie haben kaum Unterstützer und eine riesige Zahl von Gegnern, vor allem international. Saudi-Arabien wird die Houthis vermutlich eher bestrafen als Saleh, denn Saleh wird nicht als iranischer Proxy gesehen.
Ich frage mich nur, wie das weitergeht. Es kann theoretisch alles passieren, von einer schnellen Beilegung der Konflikte infolge eines Abkommens über einen längeren Konflikt bis hin zu einem echten Bürgerkrieg mit konfessionellem Charakter. Letzteres ist hingegen noch das Unwahrscheinlichste, denn der Konflikt hier ist in erster Linie politisch, nicht ideologisch.
@Grasmarder: Und wie hoch ist seine Lebenserwartung?
Als maßgebliche Kraft hinter dem bewaffeten Aufstand der Minderheit, die die demokratisch gewählte Regierung stürzen will, steht er sicher ganz oben auf der Liste der Drohnenziele. Sein Plan, so wieder an die Macht zu kommen, ist doch illusorisch. Sobald er Staatschef wäre, könnte er sich nicht mehr ständig verstecken, und dann erwischt es ihn. Nicht zuunrecht, finde ich. Für Putschisten sollte man nicht viel Sympathie über haben.
Und Deutschland ist dabei
Wenn ich es recht in Erinnerung habe, dann ist Deutschland einer der größten Waffenlieferanten für Saudi Arabien?!
Aber das ist mit Sicherheit auch alternativlos: Wir müssen unsere Freiheit schließlich ÜBERALL mit ALLEN Mitteln verteidigen. *Ironie offline*
Die Frage "Wollt ihr die totale Zurückhaltung?!" wird seit 1945 von der Politik einfach nicht gestellt. Sie wissen warum und genau deshalb sollten wir uns wehren!
Da freut sich die Waffenlobby
Waffen aus den USA, erbeutet von den Huthi-Rebellen gegen Waffen aus Deutschland auf Seiten Saudi-Arabiens und anderer arabischer Staaten.
Womit würde dort denn Krieg geführt werden, wenn der Westen nicht so eifrig liefern würde? Bald wird die Situation nach noch mehr Waffenlieferungen verlangen, nach dem Motto: Frieden schaffen mit noch mehr Waffen!! ?Ironiemodus an oder aus??
USA begrüßen ausdrücklich
den Angriffskrieg einer Koalition fundamentalistischer Diktaturen gegen ein Nachbarland. Immerhin ist man konsequent: immer auf der Seite des maximalen Blutvergießens. Von der Bundesregierung dagegen dröhnendes Schweigen, kein Wunder hat man sich doch in der CDU zuletzt auf Kritik am bösen Gabriel konzentriert, der dem Angreifer nicht mehr pauschal alles Kriegsgerät liefern wollte...
It is the Dollar - Stupid!
" USA begrüßen ausdrücklich den Angriffskrieg einer Koalition fundamentalistischer Diktaturen"
Das hier etwas vom Thema schweifen aber um die schizophrene Haltung aller westlichen Demokratien zum Thema Mittleren Osten bzw Saudi Arabien zu verstehen muss man auf das Geld schauen.
USA=$=Weltreserwaehrung=Faehigkeit unendlich Geld zu drucken=Lebensstandard & riesiger Militaerhaushalt
$=Weltreserwaehrung=Petrodollar=Saudi Arabien
Ohne Saudi bricht der Dollar zusammen, und mit dem $ werden die FIAT Waehrungen untergehen, was wohl zum radikalsten Wandel unserer Lebensverhaeltnisser fuehren wird. Alle westlichen Regierungen wissen wer die Fundamentalisten unterstuetzt, schauen aber weg und opfern eben einige Personen um uns allen ein Schauspiel zu liefern.
Das China-Russland (Iran und andere) den $ als Weltreservewaehrung abschaffen wollen und mitten in der Verwaenderung stecken (nicht mehr ob sondern wann) wird selten erwaehnt.
Saudi Arabien= Wahabhiten&Salafisten=Fundamentalisten=....naja, wir sehen wohin das fuehrt