Es war kurz vor zwölf Uhr, als das Weiße Haus ein zweiminütiges Video über Facebook und Twitter teilte. Der Zeitpunkt war bewusst gewählt, geht es Obama doch darum, zu zeigen, dass er die Zeichen der Zeit erkannt hat. Es ist fünf vor zwölf in der Klimapolitik. Und es ist auch kurz vor zwölf für Obama, wenn er sich in den letzten Tagen seiner Amtszeit noch als Kämpfer für die Umwelt profilieren will.
Am nächsten Tag legte der Präsident in einer Rede im Weißen Haus nach. Er stellte den Energie-Aktionsplan Clean Power vor, mit dem er den Klimawandel bekämpfen will. "Keine andere Herausforderung bedroht uns und die nächste Generation mehr", sagte Obama in seiner Rede.
Ganz neu sind die Vorschläge nicht. Der Plan beruht auf Entwürfen, die die Umweltschutzbehörde EPA bereits seit Längerem forciert. Obama hatte schon bei seinem Amtsantritt 2008 die grüne Wende propagiert, doch dann passierte in der US-Umweltpolitik nur noch wenig. Auch nach der Ölverschmutzung durch die Explosion der Plattform Deepwater Horizon von BP setzte Obama weiter auf Offshore-Förderung. Auch beim Bau der umstrittenen Keystone-Pipeline spielt der Präsident bis heute auf Zeit. Die umstrittene Leitung aus den Ölsandfeldern Kanadas würde den Export des nach Meinung von Umweltschützern umweltschädlichsten Rohöls erleichtern. Doch jetzt greift der Präsident das Thema Umwelt in seinem Clean Power Plan öffentlichkeitswirksam wieder auf. Seine jüngste Version der Emissionsregeln sind die strengsten, die bisher in den USA erlassen wurden.
Ziel des Programms ist die Reduzierung der CO2-Emissionen durch Kohlekraftwerke. 39 Prozent der Elektrizität stammen in den USA derzeit aus dieser emissionsreichen Energiequelle. Bis 2030 soll der Ausstoß um 32 Prozent reduziert werden, gemessen am Level von 2005. Dabei wird den einzelnen Bundesstaaten freie Hand gelassen, wie sie dieses Ziel erreichen. Da einige Staaten ihren CO2-Ausstoß in den vergangenen Jahren allerdings bereits reduziert haben, ist dieser seit 2005 insgesamt bereits um 15 Prozent zurückgegangen. Vor allem viele der nordöstlichen Staaten haben ihr Soll erreicht. Der Plan ist Umweltorganisationen deswegen noch nicht weitreichend genug.
Die Republikaner blockieren
Der entscheidende Widerstand kommt aus dem republikanischen Lager. Mitch McConnell, der Mehrheitsführer im Senat, rief die Bundesstaaten sogar dazu auf, die neuen EPA-Regeln zu missachten. "Diese Verordnung hat einen zu vernachlässigenden Effekt auf das globale Klima, auf unzählige amerikanische Familien aber einen stark negativen Effekt", sagte Obamas wichtigster politischer Gegner in Washington noch bevor Obama seinen Plan vorstellte. McConnell bezieht sich darauf, dass die Verordnung Staaten wie Kentucky, Texas oder Virginia, die stark von der Kohleindustrie abhängig sind, besonders hart treffen würde. Das liegt allerdings weniger an Umweltauflagen als an der Konkurrenz durch Erdgas, das durch Fracking in größerem Umfang gefördert werden kann. Am Montag meldete Alpha Natural Resources, einer der führenden Kohleförderer, Insolvenz an. Gouverneure wie Mike Pence aus dem Bundesstaat Indiana haben bereits angekündigt, gegen die Anwendung der EPA-Regel, die zu weiteren Kosten für die Industrie führen würde, in ihrem Bundesstaat vorgehen zu wollen.
McConnell und den EPA-Gegnern im Senat und Repräsentantenhaus bleiben allerdings nicht mehr als Aufrufe an die Bundesstaaten, sich zu widersetzen. Da Obamas Clean Power Plan kein Gesetz, sondern eine behördliche Verordnung ist, bedarf er nicht der Zustimmung durch den Kongress. So versucht Obama seine Klimapolitik gegen die republikanische Mehrheit durchzusetzen. Allerdings hat die Kohlelobby bereits angekündigt, gegen die EPA zu klagen.
Somit werden die EPA-Regeln vermutlich
auf Jahre hinaus für gerichtliche Auseinandersetzungen sorgen und
auf absehbare Zeit nicht umgesetzt werden. Die größten Gewinner
seien die Rechtsanwälte, juxten Beobachter bereits. Zudem kann
Obamas Nachfolger im Amt sie jederzeit kippen. Die Bestrebungen
Obamas sind allerdings auch eher auf sein politisches Erbe als auf
den Umweltschutz gerichtet. Seine Tage im Oval Office sind gezählt,
schon nächstes Jahr wird Obama das Weiße Haus verlassen. Mit dem
Clean Power Plan stößt er etwas an, das er selbst nicht mehr
beenden wird – aber er wird in die Geschichte eingehen als der erste
Präsident der Vereinigten Staaten, der dem Klimawandel den Kampf
angesagt hat. Gleichzeitig hat er das Thema Umweltschutz zum Thema
des aktuellen Präsidentschaftswahlkampfs gemacht.
Kommentare
We'll see if we can.
Es wurden schon viele Strohfeuer angezündet und nicht nur die amerikansichen Lobbyistenverbände sind Meister des Guerillakrieges, der Sabotage und des Informationskrieges. Es kommt nicht darauf an, das ökologische Gewissen zu beruhigen, sondern einen substanziellen und anhaltenden Veränderungsprozess einzuleiten. Drücken wir die Daumen!
Ich sag's nochmal: der Friedensnobelpreisträger versucht,
in den letzten Monaten die ihm als Präsident noch bleiben, ein paar Pluspunkte für seinen Platz in den Geschichtsbüchern einzufahren.
Damit da nicht nur aufgeführt wird, was er alles versprochen hat, und all das, was er, zum Beispiel für den Frieden in der Welt, versägt hat.
Bislang ist die Erfolgsbilanz der Ägide Obama nämlich eine lange, negative Liste.
Aus Sicht
Der Europäer vielleicht, die nur die amerikanische Außenpolitik im Blick haben. Aber ein US Präsident wird auch daran gemessen, was er innenpolitisch so bewegen konnte.
Und da steht zum Beispiel eine Gesundheitsreform, die vielen Amerikanern geholfen hat.
Oder die wirtschaftliche Erholung der USA. Als Beispiel: Die USA haben ihren Stand von Beginn der Krise 2008 bereits wieder erreicht, durch eine antizyklische Wirtschaftspolitik. Im Gegensatz zu den Europäern; Wir stehen immer noch schwächer da, als 2008.
Dabei fange ich noch gar nicht von der Liberalisierung der Gesellschaft an, die mit der Legalisierung von Cannabis in einigen Bundesstaaten anfängt und über die bundesweite(!) Legalisierung der Homoehe weiter geht.
Die unberechenbare amerikanische Außenpolitik ist absolut kritisierbar; ich denke da vor allem an die "mal so, mal so" Haltung im Syrischen Bürgerkrieg (fragen Sie mal die Kurden) oder die Bespitzelung durch die NSA. Aber das ist im Endeffekt nicht das, woran die Amerikaner(!) die Amtszeit Barack Obamas messen werden.
Keine Ambitionen
Was soll denn an den Klimaschutzzielen ambitioiert sein??? Selbst ohne Gesetz/Verordnung würde der CO2-Ausstoß bis dahin vermutlich in ähnlicher Größenordnung sinke, da zur Verstromung vermehrt Erdgas eingesetzt wird (s. Enwticklung der vergangenen Jahre). Wer natürlich in der Kohleindustrie tätig ist, wird da natürlich nicht von begeistert sein.
Also: Letztendlich nur eine paar Worthülsen.
It's the Global Climate Change, stupid!
Obama möchte sich als Vorreiter im Klimaschutz positionieren und mit gutem Beispiel voran gehen. Die politische Konkurrenz des Präsidenten der USA an zweifelt heute noch an, ob der Klimawandel auf menschlichen Einfluss zurück zu führen ist.
Dänemark setzt die Klimaschutzziele am besten um und führt den Klimaschutzindex von 2015 an, Deutschland liegt mit Platz 22 im oberen Feld der Industriestaaten, USA und China belegen mit Platz 44 und 45 ein eher schlechtes Ergebnis und halten an der Atomkraft fest, obwohl in den USA seit Fukushima Widerstand gegen den Bau von neuen Kraftwerken wächst. Russland, Kanada, Australien und Saudi Arabien zeigen am wenigsten Engagement im Klimaschutz.