Der Linkspolitiker Jeremy Corbyn hat die Urwahl der britischen Labour-Partei mit großem Vorsprung gewonnen. Der 66-jährige Sozialist und langjährige Partei-Außenseiter wurde mit 59,5 Prozent der Stimmen zum neuen Labour-Chef und damit zum Oppositionsführer gewählt. Das teilte die Partei auf ihrem Sonderparteitag in London mit.
Rund 554.000 Labour- und Gewerkschaftsmitglieder sowie erstmals auch registrierte Unterstützer der Partei waren stimmberechtigt. Zum Vizeparteichef wählten sie den Abgeordneten Tom Watson.
Corbyn gehört zu den energischsten Kritikern der Sparpolitik des konservativen Regierungschefs David Cameron, er will seine Partei weit nach links ausrichten. Nach seinem Wahlsieg rief Corbyn dazu auf, in Großbritannien eine "bessere Gesellschaft" aufzubauen. Das sei mit einer entschlossenen Labour-Partei möglich.
Im Wahlkampf hatte er großen Zuspruch von jüngeren Parteimitgliedern und Gewerkschaftern erhalten. Zu seinen schärfsten parteiinternen Kritikern gehörte Ex-Premierminister Tony Blair, der Corbyn als Gefahr für Labour bezeichnet hatte, weil er moderate Wähler in die Arme von Tories-Chef Cameron treibe.
Corbyn besiegte in der Urwahl die drei anderen Kandidaten Andy Burnham, Yvette Cooper und Liz Kendall, die alle drei die Partei weiter in der Mitte verankern wollten. Auftrieb hatte Corbyn auch durch die Erfolge der linken Syriza in Griechenland und der Anti-Establishment-Partei Podemos in Spanien erhalten.
Kommentare
OHO!!
Wow, das klingt gut. Ich freue mich und bin gespannt, was mit dem Mann geht.
aus der Geschichte lernen
" was mit dem Mann geht."
Immer noch nicht aus der Geschichte schlau geworden? Genau so Tsipras........gross den Mund aufmachen und gross kneifen.
Labour hat sich aus dem Spiel genommen
Premierminister Cameron wird heute abend wohl mit einem seligen Lächeln in den Schlaf finden.
Chef der Regierungspartei ohne ernsthafte Opposition bis 2030 ist ja auch eine Aussicht, die jeden anderen Politiker verzücken würde…
Ahnungslos
Sollte man nicht, wenn man zu einem Thema kommentiert, ein bisschen Ahnung haben?
Zitat: Premierminister Cameron wird heute abend wohl mit einem seligen Lächeln in den Schlaf finden. Chef der Regierungspartei ohne ernsthafte Opposition bis 2030 ist ja auch eine Aussicht, die jeden anderen Politiker verzücken würde…
Wenn Sie nicht einfach nur die Propaganda vom Daily Telegraph (die sich aber inzwischen geändert hat, bringen Sie sich auf den neusten Stand!) nachplappern würden, wüssten Sie, dass Cameron 2020 nicht mehr antreten will und dann auch nicht mehr Chef der Konservativen wäre.
Sehr sehr gute Nachricht
Eine kleine sozialistisch radikale Wählerschicht, die offenbar nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, hat irgendwie doch eine gute Entscheidung getroffen.
England wird somit bis mindestens 2025 solide, gut und bürgerlich regiert werden. Der Sozialismus wird mit Sicherheit auch dieses mal scheitern.
Alternativen
"England wird somit bis mindestens 2025 solide, gut und bürgerlich regiert werden."
Da sollten Sie sich vielleicht nicht so sicher sein! Das kann natürlich so kommen, aber das muss es nicht zwangsläufig. Ein möglicher Grund, warum es anders kommen könnte als Sie denken:
Es kann jetzt zum ersten mal seit bald drei Jahrzehnten für die britischen Wähler tatsächlich einen Unterschied machen, ob sie die Tories oder Labour wählen. D.h. sie könnten tatsächlich mal eine Wahl zwischen alternativen Politikansätzen haben. Das war bislang ja nicht der Fall, da sich an der grundsätzlichen Richtung der Politik nie etwas änderte, egal wer die Wahl gewonnen hatte.
Corbyn hat gezeigt, dass er Menschen mobilisieren kann. Wenn ihm das auch bei einer Wahl gelingen würde, und es zu einer hohen Wahlbeteiligung kommt, könnte es für die Tories eng werden, denn ihre Politik kommt ja per se schon nur einer Minderheit der Bevölkerung zu Gute...
Aber die Kommentare hier sind wirklich bezeichnend, wie sehr sich auch in Deutschland die wirtschafts- und sozialpolitischen Vorstellungen in den letzten Jahrzehnten nach rechts entwickelt haben. Da hält man einen Mann, der eigentlich ein klassischer Sozialdemokrat ist, fast schon für einen schlimmen Kommunisten. Aber klar, von soweit rechts aus betrachtet, sind die beiden kaum mehr auseinanderzuhalten.
Drollig.
So sehr ich mich freue...
...dass es zumindest der dortigen Basis der Sozialdemokraten gelungen ist, einen Richtungswechsel in der Politikausrichtung zu initiieren, so sehr erwarte ich auch hier ein Scheitern. Nicht etwa, weil die Forderungen von Corbyn auch nur im Ansatz maßlos wären, (sie sind genuin sozialdemokratisch), sondern weil der Gegner so übermächtig ist. Überall dort, wo heutzutage "linke" Politik versucht, wieder ein Bein auf die Erde zu bekommen, schlägt die Gegenseite, "das Kapital", erbarmungslos zurück, zuletzt deutlich erkennbar in Griechenland, wo alleine vor dem Versuch ein bisschen soziale Gerechtigkeit zu gestalten, medial massiv gewarnt wurde ("wirtschaftlicher Selbstmord"), und dann, als "das Volk" es trotzdem versuchen wollte, eben kurzerhand der Geldhahn zugedreht wird, so lange, bis die Not so groß zu werden scheint, dass man kapituliert und sich unterwirft.
Von der Bankenrettung aus Steuergeldern, von der Milliardenversenkung von staatlichen Geldern in fehlerhaft geplanten Militärprojekten, der Verramschung von Staats- (d.h. unser aller) vermögen zugunsten einer winzigen, aber zahlungskräftigen Minderheit; all das wird vom Volke murrend, aber letzlich devot ertragen, vor Alternativen wird gewarnt, wer sie ausprobieren möchte, dem droht die Knute des Großkapitals, verkündet von Journalisten, die selbst die Angst vor der Arbeitslosigkeit treibt.
Viel Glück, Mr. Corbyn, Sie, einer der letzten Aufrechten.