Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hat trotz bestehender Differenzen vor einer Ausgrenzung der neuen nationalkonservativen Regierung in Polen gewarnt. "Polen muss man umarmen und nicht verstoßen", sagte der Bundeswirtschaftsminister bei einem Besuch in Warschau. Es gebe "Meinungsverschiedenheiten, auch schwere", sagte Gabriel. Gleichzeitig warnte er davor, die Probleme zu überhöhen.
Auch wenn der Umgang der neuen Regierung in Warschau mit dem polnischen Verfassungsgericht nicht zu rechtfertigen sei, sollte Europa nicht das Vertrauen in die polnische Demokratie verlieren: "Man darf, finde ich, nicht nur als Deutscher, sondern als Europäer schon darauf vertrauen, dass das eine europäische Nation ist und die Menschen ganz sicher zu Europa gehören." Gerade Deutschland, das Polen viel verdanke, sollte auch in schwierigen Zeiten zu seinem östlichen Nachbarn stehen. Die politischen Differenzen dürften nicht dazu führen, dass beide Länder sich in "nationales Bashing" flüchteten.
Nach einem Treffen mit dem polnischen Minister für (wirtschaftliche) Entwicklung, Mateusz Morawiecki, betonten beide Seiten die Bedeutung der intensiven wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen. Hier sei noch eine weitere Intensivierung möglich. "Wir brauchen deutsche Investitionen", sagte Morawiecki.
Meinungsunterschiede bestehen hingegen weiterhin über die Gaspipeline Nord Stream 2. Der polnische Außenminister Witold Waszczykowski hatte am Freitag in der außenpolitischen Debatte Nord Stream ebenfalls zum Thema gemacht: "Im Grunde ist das kein unternehmerisches Projekt, sondern ein politisches." Polen befürchte eine größere Abhängigkeit der EU von russischem Gas. Gabriel sagte dazu, Polen und Deutsche seien sich einig, dass die Energieversorgung diversifiziert werden müsse. "Bei der Beurteilung des russischen Partners gibt es Unterschiede."
Die Beziehungen zwischen Polen und der EU – und vor allem Deutschland – sind seit dem Amtsantritt der neuen Regierung im November belastet. Die EU-Kommission prüft, ob Warschau mit neuen Gesetzen zu den staatlichen Medien und zur Besetzung des Verfassungsgerichts gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstößt.
Am Donnerstag hatte die Regierung eine weitere umstrittene Änderung des Justizsystems durchs Parlament gebracht. Die Abgeordneten der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) stimmten für ein Gesetz, mit dem alle Staatsanwaltschaften, auch auf regionaler Ebene, direkt dem Justizministerium unterstellt werden. Die Funktion des Generalstaatsanwalts übernimmt der Justizminister selbst. Er hat das Recht, bei jeder Ermittlung zu intervenieren.
Kommentare
Parteiuebergreifend scheint sich die ueberwiegende Mehrheit fuehrender polnischer Politiker darin einig zu sein, das Projekt Nord Stream zu torpedieren.
Nord Stream ist jedoch ein essentieller Bestandteil der Sicherung unseres Wohlstandes, und unserer wirtschaftlichen Leistungsfaehigkeit,wenn wir weiterhin wettbewerbsfaehig sein wollen. Bei allem wundervollen Laecheln in die Kamera, Deutschland darf hier keinen Zentimeter nachgeben. und wenn dies doch geschehen sollte, dann waere es ein Grund mehr, diese Regierung abzuwaehlen.
Die wollen das nicht torpedieren, die wollen ihren Baypass für "lau".
"Polen muss man umarmen und nicht verstoßen", sagte der Bundeswirtschaftsminister bei einem Besuch in Warschau.
Ach Gott, wie großherzig. Im Grunde ist das Meiste, was dieser Tage über Polen (abfällig) berichtet wird, reine Heuchelei.
Angefangen bei den Klagen über die Pressefreiheit. Da kommt der Vizekanzler der Partei, die Druck auf den SWR ausgeübt hat (Ausladung der AfD), nach Polen und gesteht gnädig zu, dass man die Polen umarmen dürfe.
Es ist der Vizekanzler der Partei, aus deren Reihen sogar Gastwirte unter Druck gesetzt werden, die AfD nicht zu bewirten.
Und es ist die Partei, deren Innenminister Pistorius (NI) mehrere missliebige SPD-kritische Polizeipräsidenten bei Amtsantritt in den Ruhestand schickte,
Die Partei, deren Vorsitzender diejenigen Pack nennt, die seine Asylpolitik auf der Straße kritisieren. Davon gibt es übrigens genau so viele wenn nicht mehr in Polen als in Deutschland.
Und es war ein SPD-Innenminister, der (weisungsberechtigt) in S-H. eine Anordnung politisch zu verantworten hat, die bei Bagatelldelikten Flüchtlingen eine Sonderrolle einräumt. Verabredung zwischen Staatsanwaltschaft und Polizeiführung.
Es sind die, die die Rolle des General-Staatsanwaltes in Polen kritisieren (dort gleichzeitig Innenminister), aber in Deutschland Beihilfe zu Straftaten im Amt begehen. Gabriel ist ein Heuchler, seine ganze SPD ist es in ihrer Mehrheit.
Ich habe schon früher geschrieben... abwarten und Tee trinken. Polen und Deutschland sind auf sich gegenseitig angewiesen... eben Nachbarn. Deutschland sollte akzeptieren, dass PiS nicht PO ist und paar Sachen werden anders laufen, aber PiS ist nicht EU feindlich...(so wie die Presse in den letzten Wochen es versucht hat zu beweisen). Es wird alles "jut". Es ist besser wenn es ein Freundschaftsspiel ist und kein Qualifikationsspiel in dem nur einer sich qualifiziert und der andere scheidet aus.... Und noch ´ne Kleinigkeit der General-Staatsanwalt ist gleichzeitig Rechtsminister und nicht Innenminister.
Vor allen Dingen entfallen die Transitgebühren fuer Polen, wenn die Leitung aus der Ukraine stillgelegt wird.
Ja, das ist richtig - aber vor allem für die Ukraine geht da eine Einnahmequelle zur Neige.
Richtig ist auch:
Die Ostsee-Leitung erlaubt es Russland und Deutschland die Abhängigkeit beim Gastransfer der zwischen ihnen liegenden Nachbarn zu ihren Gunsten umzudrehen. Haben heute noch die Tansitländer der Landpipelines die Gaskarte in der Hand, so wird diese Versorungskarte bald in die deutsche Hand abgegeben werden müssen, wenn entsprechende Transportkapazitäten die alten Leitungen erübrigen - dann können Russland und Deutschland notfalls auch "andere Seiten aufziehen", wenn man es für nötig befindet.
Das deutsche Verhalten ist in Sachen europäischer Pipelinebau sehr egoistisch - South Stream vor die Wand fahren lassen und sich selbst dann umgehend eine weitere Versorgungsleitung aus Russland gönnen - so etwas wird in den anderen Hauptstädten Europas sicherlich nicht vergessen sein, wenn Deutschland seine tägliche "Solidaritätsplatte" auflegt.
Die meisten Polen siond Nationalisten. Die tun nur so, als wenn sie uns Deutsche mögen. Sie hassen nur die Russen mehr als uns Deutsche und wissen, dass sie sich nicht mit beiden anlegen können. Vielleicht hassen sie uns ja auch genauso wie die Russen, aber wir sind auf dem Weg zum Westen und haben das Geld.
Daher einfach links liegen lassen und dann kommen sie schon.
Die meisten Polen sind keine Nationalisten sondern Patrioten. Sie hassen weder Deutsche oder Russen (als ganze Völker) sondern, auf Grund der geschichtlichen Erfahrungen, sind skeptisch und vorsichtig gegenüber der politischen Eliten dieser Länder. Polen, vermutlich wie die meisten Deutschen und Russen auch, wollen einfach nur in Frieden menschenwürdig leben und arbeiten und freundliche Beziehungen mit den Nachbarn pflegen.