Verteidigungsminister Karl-Theodor Guttenberg ist wegen seines Doktortitels in die Kritik geraten – allerdings nicht durch politische Heckenschützen, sondern im Zuge einer routinemäßigen Wissenschaftskritik. Die macht hierzulande auch vor Mächtigen nicht Halt, und sie ist in seinem Fall vernichtend.
Der Bremer Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano bekam vor einiger Zeit den Auftrag, für die Fachzeitschrift Kritische Justiz die Doktorarbeit des heutigen Bundesverteidigungsministers zu rezensieren. Die war 2009 als Buch erschienen unter dem Titel Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU .
Die Besprechung, die ZEIT ONLINE vorliegt, erscheint in zwölf Tagen. Sie ist ein Totalverriss des 475 Seiten starken Werkes. Als Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht ist Rezensent Fischer-Lescano ein versierter Prüfer. Beim Googeln auffälliger Formulierungen in Guttenbergs Doktorarbeit rieb er sich bald die Augen.
Drei Arten von Auffälligkeiten registrierte der Prüfer in Guttenbergs Arbeit. Zum einen "Textübereinstimmungen mit fremden Werken ohne die nötigen Zitatnachweise". Zum zweiten enge Anlehnungen an andere Autoren, die man günstigstenfalls als "zitatfreie Inspirationen" interpretieren könnte, wie sie der Münchner Rechtsprofessor Volker Rieble in seinem Essay Das Wissenschaftsplagiat spöttisch nennt. Zum dritten fand der Prüfer "Bauernopfer-Referenzen", wie ebenfalls Rieble sie bezeichnet: Dabei wird der Fremdautor zwar korrekt zitiert, allerdings nur für einen unbedeutenden Nebenaspekt, nicht mit dem hauptsächlichen Argument.
Die Gegenüberstellung in der Kritischen Justiz umfasst letztlich fünf Seiten und listet acht betroffene Autoren auf. Vor diesem Hintergrund erlaubt sich Rezensent Fischer-Lescano, die Mitglieder des Bayreuther Prüfungsausschusses "höflich zu fragen", wieso sie den Doktortitel für gerechtfertigt halten. Weniger höflich gesagt, fordert der Kritiker, Guttenberg seinen Doktortitel wieder abzuerkennen – wegen Schwindels.
Die Herausgeber der Kritischen Justiz , darunter der Frankfurter Rechtsphilosoph Günter Frankenberg, schlossen sich diesem Verlangen an.
Inzwischen prüft der Ombudsmann für wissenschaftliches Fehlverhalten an der Universität die Vorwürfe. Guttenberg erklärte, er warte das Ergebnis "mit großer Gelassenheit" ab .
Kommentare
Schwerer Wirkungstreffer
So sagt man das wohl beim Militär, Herr Guttenberg, zumindest in dieser Übersetzung sollten Sie es wohl verstehen.
Es sieht nun so aus, daß niemand Herr Guttenberg etwas anhängen möchte, denn das hat er ganz alleine geschafft.
Einen entlarvten Täuscher, der geistiges Eigentum anderer nicht achtet sondern - so hart muß man es sagen - hemmungslos gestohlen hat, einen der sich mit fremden Federn schmückt und nicht einmal die Spur von Reue zeigt, den sollte die Bundesrepublik nicht als Minister der Verteidigung beschäftigen. Ein Dissertationsbetrüger ist kein Aushängeschild für unser Land und unsere Streitkräfte.
Auch dazu die Übersetzung in's militärische:
Man sollte ihn unnehrenhaft entlassen.
Bitte bleiben Sie sachlich. Danke. Die Redaktion/er
Guttenberg entlassen? Ach was!
[...]
Entfernt. Bitte beteiligen Sie sich konstruktiv und sachlich. Danke. Die Redaktion/er
Untergrundkämpfe
Hier zeigt sich mal wieder unsere Gesellschaft. Wer Erfolg hat, beliebt bei der Mehrheit der Bürger ist und ein bestimmtes Charisma hat, der wird von Neidern umgeben, denen jedes Mittel recht ist, diese Erscheinung in den Dreck zu ziehen.
[...]
Ich könnte mir lebhaft vorstellen, dass dieser Angriff sogar von Parteigenossen inszeniert wurde. Wem könnte zu Guttenberg denn in seinem politischen Darsein unangenehm werden? Ich sehe hofer oder solche Figuren!
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen. Danke, die Redaktion/fk.
Nur weil es "viele" machen, ist es nicht richtig
"Mir ist es vollkommen gleichgültig, wie zu Guttenberg zu seinem Doktortitel gekommen ist. Wichtig ist für mich sein Erscheinungsbild und sein aufrichtiger Einsatz für unsere Republik."
Richtig, dann sollen sie ihm eben den Doktortitel entziehen und er bleibt dennoch Minister. Hätte ich nichts dagegen. Aber als selbst geplagter Doktorand, der sich jeden Satz selbst aus den Fingern saugt und sich dafür Nächte um die Ohren schlägt, hielte ich es für unverschämt, akademisches Fehlverhalten nicht entsprechend zu bestrafen. Dass nach einem möglichen Entzug des Doktortitels seine Glaubwürdigkeit insgesamt beschädigt wäre, hat er sich selbst zuzuschreiben. Damit hat der politische Gegner nichts zu tun.
"Viele, die uns heute noch mit ihrem Erscheinungsbild das Sichtfeld stören, haben ihren Doktor doch beim Supermark erstanden oder einen Dr.-Salz gekauft!"
Ist es deshalb richtig, weil es "alle" oder "viele" machen? Und dass es auch noch mit "summa cum laude" bewertet wurde, schießt den Vogel komplett ab.
#1 Schön Ihre Vorverurteilung
Das "Schön" ist natürlich ironisch gemeint!
Haben Sie promoviert?
Ich schon. 3 Jahre lang. Und nicht mit copy and paste! [...]
Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf vorschnelle Urteile. Danke. Die Redaktion/er
Ich halte Guttenberg für unschuldig
Wenn er seine Arbeit selber geschrieben hätte, hätte er mit Sicherheit nicht betrogen.
Wahrscheinlich ist der Plagiator der Ghostwriter.
@Argusaugen
Au weia, ich fürchte, da könnten Sie recht haben