Zwei zentrale Rechtsstaatsversprechen sind gebrochen worden. Mitten in Deutschland und es ist nicht lange her. Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestages, Sebastian Edathy (SPD), hat das am Donnerstag ganz richtig analysiert. Es wurde, einerseits, das Versprechen gebrochen, dass der Staat alles tut, um seine Bürger zu schützen – unabhängig von ihrer Herkunft.
Falls sich eine Straftat nicht verhindern lässt, dann haben die Ermittler des Rechtsstaates bedingungslos und vor allem unvoreingenommen aufzuklären. Auch dieses Versprechen wurde gebrochen, nachdem die drei mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe schon mordend durch Deutschland zogen. Als sie unsere Mitbürger mit Kopfschüssen hinrichteten, weil deren Familien aus der Türkei oder Griechenland stammten. Und unsere Ermittler dachten, die Morde können nur von deren Landsleuten verübt worden sein.
Der Rechtsstaat, sagt Edathy, ist aber auch in der Lage dazu, "Fehler zu erkennen und daraus Konsequenzen zu ziehen". Eine Konsequenz aus der NSU-Affäre war die Einsetzung des parlamentarischen Untersuchungsauschusses. Eineinhalb Jahre lang haben die elf Abgeordneten das Versagen der Sicherheitsbehörden, das Versagen des Rechtsstaats, untersucht. Am Donnerstag hat der NSU-Ausschuss seinen Abschlussbericht vorgelegt.
Rivalitäten, wo es um Menschenleben geht
Die Mitglieder des Gremiums können stolz auf sich sein. Sie haben sich durch viele Tausend Seiten Ermittlungsakten geackert. Sie haben – entgegen Widerstände in den Behörden – wertvolle Informationen über Lethargie und Ignoranz in deutschen Sicherheitsbehörden herausgefiltert.
Wie kam es bloß soweit, dass die Ermittler den rechtsextremen Terror nicht identifizierten, der sich vor ihrer Nase abspielte? Heute steht fest, dass es auch an den unklaren polizeilichen Zuständigkeiten lag, am Kompetenzgerangel von Bundes- und Landesbehörden. Die Untergetauchten lebten in Thüringen und Sachsen, sie mordeten in Bayern und Hessen sowie in Hamburg, Dortmund und Rostock. Da sind den Ermittlern wertvolle Informationen über Landesgrenzen hinweg verloren gegangen. Inlandsgeheimdienst und Landespolizei sowie das Bundeskriminalamt haben bei der Suche nach den untergetauchten späteren Terroristen und Mördern aber auch oft bewusst nicht kooperiert, sondern nebeneinander her gearbeitet. Es gab Rivalitäten und Missgunst, in der Folge blieb die Ermittlungsarbeit in Mordfällen auf der Strecke.
Deshalb fordern die Abgeordneten des NSU-Ausschusses durchaus zu recht Änderungen an den Strukturen in der Sicherheitsarchitektur, damit die Zusammenarbeit in Zukunft notfalls auch unabhängig von persönlichen Animositäten läuft. Doch machen wir uns nichts vor: Was mögliche Reformen beispielsweise des Verfassungsschutzes angeht, da sind sich alle Parteien mehr als uneinig: Selbst potenzielle Koalitionspartner streiten sich um den richtigen Weg. Die große Geheimdienst- und Polizeireform wird da schwierig bis gar nicht durchsetzbar sein, egal, wer nach dem 22. September regiert.
Wichtiger sind sowieso Reformen in den Köpfen, im Gedankengut der Ermittler, Staatsanwälte und Richter: Es braucht mehr Sensibilität für rechtsextreme Gewalttaten, weniger Vorurteile zu Opfern mit Migrationshintergrund.
Die Ermittler haben die drei jungen Rechtsextremen aus Jena nur halbherzig verfolgt, als sie Ende der 1990er Jahre in den Untergrund gingen. Damals und in den Jahren darauf war in den Verfassungsschutzberichten noch zu lesen, es gebe keine Hinweise auf mögliche terroristische Zellen in der Szene. Dabei hatten die Ermittler beim Durchsuchen von Uwe Böhnhardts Garage ein Sprengstofflager gefunden. Sie wussten, dass er und seine Freunde jahrelang in Jena mit rechtsextremen Motiven und Bombenattrappen provoziert hatten. Doch sie ließen ihn davonfahren – und sahen ihn nie wieder. Als Jahre später die ersten Migranten mit Kopfschüssen hingerichtet wurden, gingen die Ermittler (diesmal in einem anderen Bundesland) von mafiösen Hintergründen aus, konfrontierten die Ehefrauen der Toten mit angeblichen Geliebten und Drogenfahrten, verzeichneten akribisch in Berichten, wie "schmutzig" der Tatort, ein Ladengeschäft, gewesen sei.
Kommentare
...der Rassismus muss weg....
RICHTIG!
Rassismus ist jedoch untrennbar mit dem weltweit verbreiteten Kapitalismus verbunden. Also, was wollen wir?
Rassismus
wird es solange geben, wie es uns Menschen geben wird.
Die Evolution laesst sich (leider?) nicht abstellen...
Aber was Rassismus mit Kapitalismus zu tun haben soll, erschliesst sich mir auch nicht. Gibt es demnach in Nordkorea keinen Rassismus?
Worin soll denn das 'mehr an Sensibilitaet' liegen oder anders gefragt, 'wie' sollte es denn in der praktischen Anwendung aussehen, wenn 'mehr Sensibilitaet' ausgeubt wird? Wie darf ich mir das in der Ermittlung vorstellen?
Cheers
Im Jahre 2013 brauchen wir keine Gedankenpolizei mehr!
NSU-AusschussReformen reichen nicht, der Rassismus muss weg
Nein der Verfassungsschutz muss weg! Dieser Geheimdienst ist völlig überholt! Im Jahre 2013 brauchen wir keine Gedankenpolizei mehr!
Oh doch...
Solange Menschen nicht eigenständig erkennen können das die braune Ideologie falsch ist, brauchen wir die "Gedankenpolizei"!
Wikipedia:
"Rassismus ist eine Ideologie, die „Rasse“ in der biologistischen Bedeutung als grundsätzlichen bestimmenden Faktor menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften deutet."
Somit gehört der Begriff "Rassismus" nicht in diesen Zusammenhang und der Artikel, auf Fehldefinition aufbauend, in die Tonne.
Geblendet von rassistischen Vorurteilen
>>Somit gehört der Begriff "Rassismus" nicht in diesen Zusammenhang und der Artikel, auf Fehldefinition aufbauend, in die Tonne<<
Rassismus bedeutet auch ethnische Hierarchisierung. Wenn die Ermittler sich bei Morden an Migranten nur vorstellen konnten, dass dahinter die organisierte Kriminalität stecke, dachten sie sehr wohl rassistisch. Auf einen anderen Zusammenhang als Migrant = organisertes Verbrechen kamen sie offenbar nicht. Wider alles Wissen über rechtsextremistischen Terror (den es schon damals gab) gingen sie sogar davon aus, dass die Ausführung der Morde - zugespitzt gesagt - "undeutsch" sei. Eindringlicher kann man seine biologistischen Ungleichheitsphantasien nicht zur Schau stellen. Diese Ermittler steckten bis zum Hals in rassistischen Vorurteilen. Somit gehört der Artikel keineswegs in die Tonne.
Rechts NEIN Danke!
Dieses Thema sollte nicht in vergessenheit geraten, überall auf der Welt gibt es Nationalismus, aber auch vor allem hier Mitten in Deutschland.
Der Untersuchungsausschuss hat gute arbeit arbeit geleistet, vorallem der Herr Sebastian Edathy hat mir sehr gut gefallen, redet offen und kritisch.