Die umstrittene Reform der Erbschaftsteuer ist beschlossene Sache. Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat mehrheitlich den neuen Regeln zur Steuerbegünstigung von Firmenerben zu. Auch Länder mit grüner Regierungsbeteiligung billigten den zuvor im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat ausgehandelten Kompromiss.
Die schärferen Verschonungsregeln für große Unternehmensvermögen können somit wie geplant rückwirkend zum 1. Juli in Kraft treten. Aus Sicht der Kritiker sind auch die neuen Steuerbegünstigungen verfassungswidrig.
Demnach sollen Firmenerben auch künftig weitgehend vom Fiskus verschont werden, wenn sie das Unternehmen lange genug fortführen und Arbeitsplätze erhalten. Die Vorgaben für die Steuerprivilegien wurden auf Druck des Bundesverfassungsgerichts verschärft.
Grundsätzlich gilt weiter: Betriebsvermögen wird zu 85 oder sogar 100 Prozent von der Erbschaftsteuer verschont, wenn das Unternehmen mindestens fünf beziehungsweise sieben Jahre lang fortgeführt wird und eine vorgegebene Lohnsumme erhalten bleibt. Kleinere Firmen sind von der Pflicht befreit, die Lohnsumme nachzuweisen. Die Grenze dafür soll aber von bisher 20 auf fünf Mitarbeiter sinken.
Neu ist, dass ein Firmenerbe bei übertragenem Betriebsanteil von mehr als 26 Millionen Euro nachweisen muss, dass ihn die Zahlung der Erbschaftsteuer überfordern würde. Lässt sich der Erbe auf die Bedürfnisprüfung ein, muss er sein Privatvermögen offenlegen. Das kann zur Hälfte zur Besteuerung herangezogen werden. Lehnt er das ab, steigt die Steuerlast mit dem Firmenvermögen. Bei 90 Millionen Euro gibt es dann keine Begünstigung mehr.
Die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer – bislang jährlich rund 5,5 Milliarden Euro – stehen den Ländern zu. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherigen Regelungen im Jahr 2014 gekippt. Den Richtern waren die Privilegien für Betriebserben zu weit gegangen.
Kommentare
zitat aus dem artikel «Aus Sicht der Kritiker sind auch die neuen Steuerbegünstigungen verfassungswidrig.»
da uns dieses elende hin und her sicherlich noch die nächsten jahre immer wieder beschäftigen wird mit klagen verschiedenster seiten, wäre die logische und sinnvollste konsequenz, diese steuer einfach abzuschaffen, oder alternativ eine sehr niedrige flat tax inkl. freibeträge für enge familienangehörige einzuführen, ohne ausnahmen.
So würde ich mir das auch vorstellen: 5% auf alles ab 500.000 € für Kinder, Ehepartner, Eltern und Geschwister.
Da kann dann vielleicht manchmal eine kleine Ungerechtigkeit dabei sein, wen z.B. ein Einfamilienhaus in München schon mal 1 Mio wert ist, aber 25.000 ist in diesem Zusammenhang keine Überforderung und wer ein unproduktive Kunssammlung im Wert von 100 Mio erbt, muss dann eventuell tatsächlich einige wenige Stücke verkaufen, wenn er die 5 Mio nicht hat, um die Steuer zu bezahlen, davon geht aber die Wlt nicht unter.
Dafür wirklich alles flat und nach aktuellem Wert, damit kann sich keiner mehr beschweren.
Die derzeitige Ausgestaltung der Erbschaftssteuer ist m.E. ein typisches Beispiel dafür, dass wir nur in einer teilweise liberalen Gesellschaft leben. Ich möchte dies wie folgt begründen: Liberalität bedeutet nach meinem Verständnis, dass bei Entscheidungen die Interessen aller Beteiligten Berücksichtigung finden und zwar nicht entsprechend der Machtverhältnisse, sondern nach der Legimität der Ansprüche. Welche Ansprüche legitim sind, sollte daher in einem "herrschaftsfreien Diskurs" (Habermas) bestimmt werden.
Einerseits spielt das Eigeninteresse der Erblasser und Erben eine Rolle. Dieses Interesse ist zwar nachvollziehbar, entscheidend ist aber, ob es auch legitim ist. Gibt es einen Anspruch auf Wohlstand, der nicht auf eigener Leistung, sondern auf einem glücklichen Zufall beruht? Und wenn ja, in welcher Höhe ist dieser Anspruch dann gerechtfertigt?
Anderseits steht die Forderung nach Chancengleichheit. Gibt es einen legitimen Anspruch darauf, prinzipiell die gleichen Chancen wie andere Menschen zu bekommen? Ich denke, dass dieser Anspruch ein hohes Maß an Legitimität aufweist, weil er aus menschlichen Grundrechten ableitbar ist. Wieso sollte es legitim sein, dass jemand auf Grund eines Zufalls mehr Chancen als Andere hat?
Diese Legitimitätsfragen werden in der Diskussion aber selten gestellt. Stattdessen wird v.a. der (Markt-)Macht der Erblasser und Erben nachgegeben. Das ist dann allerdings kein Liberalismus mehr, sondern eine (milde) Form des Rechts des Stärkeren.
Ich kann die von Ihnen vorgenommene Abwägung der Legitimitätsfragen im Prinzip nachvollziehen. Genau so sollte man sich dem Thema nähern.
Allerdings würde ich die Legitimität des Anspruches auf Erben (und Vererben!) nicht alleine daran messen, dass dem Erben "unverdient" Mittel zufließen. Für mich ist auch sehr wichtig, dass der Mensch meistens in und oft auch für seine Familie lebt. Das Bestreben, innerhalb dieser - auch über Generationen hinweg - etwas aufzubauen und weiterzugeben, scheint mir fast schon eine anthropologische Konstante zu sein. Jedenfalls ist dieses Bestreben vielfach Triebfeder für Fleiß, Sparsamkeit, solide Lebensführung, Bildungsanstrengungen, Kreativität und Wagemut.
Dabei entsteht vielfach nicht einfach nur Familienvermögen, sondern auch gesamtgesellschaftlich Wertvolles, wie - z.B. - ein mittelständischer Betrieb, der als Arbeitgeber und Steuerzahler eine wichtige Funktion hat.
Dass Erbschaften besteuert werden sollten- vielleicht auch stärker als momentan - steht für mich außer Frage. Dabei sollte man aber mit Augenmaß vorgehen, um die aus dem Familiären gespeiste Motivation nicht abzuwürgen.
Würde der Mensch - materiell gesehen - durch zu starke Belastung des Erbes zur Einstellung kommen: "Nach mir die Sintflut - ich haue alles auf den Kopf - ist ja sowieso weg" - dann würde manches Gute nicht zustande kommen. Ja, ich behaupte sogar, die Gesellschaft würde materiell, aber auch kulturell und geistig schlechter dastehen als vorher.
Schlimm ist die Tendenz der gesetzgebenden Politik, die Entscheidungen der höchsten Deutschen Gerichte nicht mehr Ernst zu nehmen oder zu ignorieren.
Auch die Entscheidung des BVerfG bereits aus dem Jahre 2014(!) endlich die Regelsätze korrekt bzw. verfassungskonform zu berechen, wird bis heute ignoriert und wir können sicher sein, dass auch die nächste Berechnung des Regelsatzes wieder verfassungswidrig sein wird.
Bei der Erbschaftssteuer gilt das gleiche Prinzip. Ein verfassungswidriges Gesetz wird durch ein ebenfalls wohl verfassungswidriges Gesetz ersetzt.
Aber ich bin wohl der Einzige, den das stört oder der das bedenklich findet
Wer 3.000 Euro brutto im Monat durch eigene Arbeit verdient, muss darauf etwa 40% Steuern und Abgaben zahlen. Rechnet man den Arbeitgeberanteil zu den Sozialversicherungen mit, den auch der Arbeitnehmer erwirtschaftet, sind es 50% Abgabenlast.
Wer 3.000 Euro durch Zinseinkünft "verdient", zahlt darauf pauschal 25% Steuern und keine Sozialabgaben.
Wer als Kind eines Erblassers erbt, darf alle 10 Jahre 400.000 Euro steuerfrei erben, was etwa 3.300 Euro im Monat entspricht. Viele (Unternehmens-)Erben zahlen dank zahlreicher Tricks und Sonderregelungen gar keine oder nur sehr wenige Steuern.
--> "Leistungsgesellschaft".
Wird mit legalem, versteuertem Einkommen Vermögen gebildet und dieses dann an die Kinder weitergegeben, ist das ein Transfer zwischen Familienangehörigen. Das ist in keiner Weise zu vergleichen mit und zu besteuern wie Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Wenn ich meine Kinder in ihrer Ausbildung mit meinen sauer verdienten, versteuerten Kröten finanziell großzügig unterstütze, müssen die das ja auch nicht versteuern - wo kämen wir denn da hin? Neid ist hier ein schlechter Maßstab.