Der Europäische Gerichtshof ( EuGH ) hat sich erneut auf die Seite der Reisenden gestellt. Die Richter urteilten, dass Passagiere Anspruch auf Schadenersatz haben, wenn sie durch die Verspätung von Anschlussflügen mehr als drei Stunden zu spät ankommen. Damit ist nicht die Verspätung beim Abflug entscheidend, sondern die bei der Ankunft.
Im aktuellen Fall gewann eine deutsche Reisende. Sie hatte bei Air France einen Flug von Bremen über Paris und Brasilien nach Paraguay gebucht. Weil der Flug in Bremen mit einer zweieinhalbstündigen Verspätung startete, verpasste die Frau ihre beiden Anschlussflüge sowohl in Paris als auch in Brasilien und kam deshalb in Paraguay mit mehr als elf Stunden Verspätung an.
Air France hatte die Ausgleichszahlung mit der Begründung verweigert, die Verspätung beim Abflug sei maßgeblich, nicht bei der Ankunft. Die Richter urteilten, weil Reisenden Unannehmlichkeiten wegen verspäteter Flüge am Reiseziel entstünden, müssten Verspätungen auch am Zielort des letzten Flugs beurteilt werden. Der Verbraucherschutz könne "negative wirtschaftliche Folgen selbst beträchtlichen Ausmaßes" für Fluggesellschaften rechtfertigen.
Zum Ausgleich müssen die Fluggesellschaften je nach der zurückgelegten Entfernung 250 Euro, 400 Euro oder 600 Euro zahlen. Diese Zahlungen können aber geringer ausfallen, wenn die Airline nachweisen kann, dass die "Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären". Um die Hälfte geringer fallen sie aus, wenn die Verspätung bei einem Flug über eine Entfernung von mehr als 3.500 Kilometern unter vier Stunden bleibt.
Erst Ende Januar hatte der Europäische Gerichtshof die Rechte von Reisenden bei Flugannullierungen gestärkt. Er entschied, dass Fluggesellschaften ihren Kunden auch dann Kosten – etwa für Unterkunft und Essen – erstatten müssen, wenn Flüge wegen Naturkatastrophen ausfallen. Anlass des Urteils war die europäische Luftraumsperrung im April 2010 nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjalla .
Kommentare
Weitere Informationen bitte
Können Sie bitte noch ergänzen, um welche Urteilsnummer es sich handelt? Das wäre hilfreich, damit man sich darauf berufen kann, wenn man mit der Airline in Kontakt steht. Vielen Dank.
Aktenzeichen
Sehr geehrte/r MaxS2,
die Meldung bezieht sich auf EuGH - C-11/11.
Viele Grüße aus der Redaktion.
" ... kann Entschädigung fordern"
Das war doch schon immer so?
"Gefordert" hat die "deutsche Reisende" doch?
Wer hätte das Fordern auch untersagen sollen?
Fliegen
wird durch diesen Urteil teuerer.
Das darf nicht ueberraschen
Der Grund ist einfach, Richter fliegen, aber fahren offensichtlich selten Bahn, so dass man selbst nicht betroffen ist. Das ist ja das Dilemma mit der Rechtssprechung, je nachdem fuer wen ein Richter mehr Empathie empfindet, entscheidet er auch in dessen Sinne. Klagen Sie als Mieter und der Richter ist Vermieter, sieht es schlecht aus.Dann gibt es noch uebergeordnete Gruende, so dass die Politik nicht beeintraechtigt wird. Die Bahn wuerde wahrscheinlich sofort pleite gehen, bei der derzeitigen Performance. In NL bekommt man wenigstens recht einfach den Ticketpreis ersetzt, sofern die Verspaetung mehr als eine Stunde betraegt, bei einer halben Stunde die Haelfte.
Bahn vs Flug
Wenn die Bahn Verspätung hat, sind Sie aber auch bei weitem nicht so aufgeschmissen, wie bei einem ausgefallenen Flug. Da sitzen Sie nämlich da, werden oft kaum informiert, haben das Gepäck bereits aufgegeben, es gibt keine alternativen Beförderungsmittel und Sie werden Stunde um Stunde hingehalten. Mein persönlicher Rekord: 28 Stunden Ankunftsverspätung, Platz 2 waren 11 Stunden. Das schafft nicht einmal die Bahn.