Michel Platini ist zur Vernunft gekommen. Am Donnerstag gab der Uefa-Präsident bekannt, dass er im kommenden Jahr nicht zur Präsidentenwahl der Fifa antreten wird. Damit verhindert er eine Niederlage gegen Sepp Blatter. Der 78-jährige Amtsinhaber hat seine Kandidatur noch nicht verkündet, aber alle rechnen damit.
Platini weiß: Gegen den unschlagbaren Blatter hat keiner eine Chance. Blatter kann seinen Wählern mehr versprechen. Die Fifa-Kassen sind voll, erst recht nach der WM in Brasilien. Über eine Milliarde hat der Verein auf dem Konto. Damit lassen sich einige sogenannte Entwicklungsprojekte finanzieren, Bonuszahlungen leisten und Wählerstimmen sichern. Die Fußballverbände in Afrika, Asien und Mittelamerika danken es dem Boss mit ihren Stimmen.
So funktioniert die Scheindemokratie Fifa. Sie hat einen desaströsen Ruf, steht für Korruption, Vetternwirtschaft, aber auch für Privatjets und Champagner-Partys im Fünfsternehotel. Blatter ist hauptverantwortlich für den moralischen Ruin der Fifa, mit seiner Wiederwahl stünden ihr vier weitere Jahre Verrottung bevor. Selbst wenn seine Reformpläne ernst gemeint sein sollten – Blatter hat jede Glaubwürdigkeit verloren, sie umzusetzen. Er ist seit vier Jahrzehnten in Spitzenpositionen der Fifa.
Platini ist nicht dafür bekannt, sich so schamlos zu bedienen wie andere Fifa-Funktionäre. Doch wie sehr er für eine Erneuerung gestanden hätte, ist fraglich. Bei der skandalösen WM-Wahl vor vier Jahren gab er, im Gegensatz zu Blatter, Katar die Stimme. Seitdem diskutiert die Fußballwelt über Sport im Glutofen und Sklaverei auf WM-Baustellen. Vor der Wahl hatte sich Platini mit dem Emir zum Essen getroffen und damit gegen den Ethik-Code verstoßen. Sein Sohn Laurent bekam darauf einen guten Job bei den Kataris.
Offen ist, ob die Uefa einen anderen ins Rennen schickt. Im Vergleich mit Blatter wäre fast jeder Kandidat ein Fortschritt. Etwa Jerome Champagne, der mit frischen Ideen gegen ihn antreten möchte. Champagne gilt als klug und integer, aber chancenlos. Auch weil Blatter vor einem Jahr die Statuten so änderte, dass Champagne vielleicht gar nicht antreten darf. Und in der Uefa findet der Franzose keine Unterstützung, auch dort sitzen belastete Fifa-Männer.
Spannend ist, wie sich das Verhältnis der Uefa zur Fifa entwickeln wird. In letzter Zeit ist es abgekühlt. Blatter deutet an, den Europäern einen Platz bei der WM wegzunehmen. Die Uefa erwägt, bei der EM die besten nichteuropäischen Mannschaften einzuladen. Damit würde sie der Fifa und ihrer Cash Cow WM Konkurrenz machen.
Vielleicht versucht Platini später, Fifa-Präsident zu werden. Wäre er schlau, würde er aus der Uefa, dem Verbund der mächtigsten Fußballnationen, eine Gegen-Fifa machen. Das ist ohnehin die aussichtsreichere Möglichkeit, Blatter zu entmachten. Dann wäre der Fußball von ihm befreit.
Kommentare
UEFA vs FIFA
Unerträglich der Herr Blatter. Ein Symbol der Korruption in der heutigen Zeit. Und Nichts passiert. Da sitzen sie noch alle brav bei der WM neben ihm und scherzen.
Kein schlechter Plan, so die FIFA zu entmachten.
Platini
Ich verstehe nicht, wie man ernsthaft Partei für Platini ergreifen kann, Sie schreiben es doch selbst
=== Doch wie sehr er für eine Erneuerung gestanden hätte, ist fraglich. Bei der skandalösen WM-Wahl vor vier Jahren gab er, im Gegensatz zu Blatter, Katar die Stimme. Seitdem diskutiert die Fußballwelt über Sport im Glutofen und Sklaverei auf WM-Baustellen. Vor der Wahl hatte sich Platini mit dem Emir zum Essen getroffen und damit gegen den Ethik-Code verstoßen. Sein Sohn Laurent bekam darauf einen guten Job bei den Kataris. ===
Damit ist der Einführungssatz ===Platini ist nicht dafür bekannt, sich so schamlos zu bedienen wie andere Fifa-Funktionäre.=== doch barer Unsinn.
andere Liga
Barer Unsinn? Das sehe ich anders. Platini ist sicher naiver und politisch nicht so clever wie Blatter. Und er hat auch keine weiße Weste.
Aber Blatter (4 Jahrzehnte Fifa) spielt in einer anderen Liga.
So ganz unschuldig sind auch wir nicht.
Es wäre doch ein Leichtes, Herrn Blatter loszuwerden.
Die europäischen und südamerikanischen Verbände müssten einfach nur eine eigene WM ausrichten, während die Fußballgiganten Tuvalu und Mikronesien sich im fußballverrückten Katar treffen. Es wäre spannend zu sehen, ob McDonalds und Coca Cola dann Schlange stünden, um die Banden beim Finale Nordkorea gegen Saudi Arabien zu bekleben.
Aber die FIFA hat uns auch vor Kurzem eine WM beschert, und von den FIFA-Milliarden fallen ein paar Milliönchen auch an die Deutschen.
Da wird der Protest von den Verantwortlichen nicht ganz so laut geäußert.
Kaliber
Der DFB hat ja (im Gegenteil) die Höhe der WM-Prämien der Fifa kritisiert:http://www.faz.net/aktuel...
Generell schüttet die Uefa mehr aus als die Fifa. Die Fifa hat mehr als 1.000.000.000 auf der hohen Kante. Vielleicht sollten wir das redaktionell mal genauer aufschlüsseln.
Ich will ja gar nicht sagen, dass sich unter Platini viel ändern würde. Aber Blatter ist ein ganz anderes Kaliber. Er ist für den Zustand der Fifa veranwortlich. Er hat dieses Monster erschaffen. Er ist seit 1975 auf hohen Posten.
Platini hat immerhin eigenes Geld. Blatter dagegen verdankt seinen Reichtum nur seiner Fifa-Funktion. Mich würde sehr interessieren, was er verdient.
Und was würde sich wohl unter einem Platini ändern?????
Da ist es wieder, das Standartargument:
Es kommt nichts besseres nach, also lassen wir es lieber beim alten.
Damit treiben alle Lumpen der Welt ihr Unwesen weiter ungeniert.
Die schlimmste Bestrafung für Blatter wäre der Machtverlust. Also wäre das doch schon mal was für die geplagten Seelen.