ZEIT ONLINE: Herr Seidel, womöglich ist ein Windows-Update dafür Verantwortlich, dass Ihre Mannschaft aus der zweiten Basketball-Bundesliga absteigen wird. Das kann doch nicht sein, oder?
Patrick Seidel: Der Mensch ist machtlos gegenüber der Technik. Es war einfach Pech. Der Laptop steht verschlossen im Schrank und wird nur am Spieltag zur Bedienung der Anzeigetafel benutzt. Nichts anderes wird damit gemacht. Bevor wir gegen Chemnitz gespielt haben, hat alles reibungslos funktioniert. Dann kam das Update.
ZEIT ONLINE: Was genau ist passiert?
Seidel: Um 18 Uhr, anderthalb Stunden vor Spielbeginn, haben wir den Laptop angeschaltet – wie immer. Während sich die beiden Mannschaften aufgewärmt haben, stürzte der Computer aber ab. Als wir ihn wieder hochgefahren haben, so gegen 19.20 Uhr, hat er automatisch Updates gezogen. Aber das haben wir auf keinen Fall aktiv initiiert.
ZEIT ONLINE: Solche Updates können sich ganz schön ziehen.
Seidel: Alle waren sich einig, dass das Update nur zwei, drei Minuten dauert und mit einer kurzen Verzögerung mit einer funktionierenden elektronischen Anzeigetafel gespielt werden kann. Die Schiedsrichter waren im ständigen Dialog mit unseren Verantwortlichen. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir ihnen schon angeboten, die manuelle Ersatzanlage zu benutzen. Am Ende dauerte das Ganze länger als die erlaubten 15 Minuten und Chemnitz legte Protest ein. Daraufhin kam ein Schiedsrichter zu uns und sagte, wir sollten doch die Ersatzanlage aufbauen. Als wir die aufgebaut hatten, waren die Updates aber fertig installiert und wir konnten ganz normal spielen. Nur eben erst ab 19.55 Uhr, 25 Minuten später als geplant.
ZEIT ONLINE: Die zweite Bundesliga hat dem Protest von Chemnitz stattgegeben. Statt mit Ihrem Sieg von 69:62 wurde das Spiel mit 0:20 gewertet, Ihre Mannschaft wurde mit einem zusätzlichen Punktabzug bestraft. Damit stünden Sie als sicherer Absteiger fest.
Seidel: Ich wurde am Mittwoch um 9.30 Uhr informiert, dass die entsprechende Pressemitteilung veröffentlicht wird. Meine Bitte, wenigstens noch eine Stunde Zeit zu bekommen, um das Team zu informieren, wurde nicht angenommen. 15 Minuten später ging die Nachricht raus. Ich bin mit dem Trainer so schnell es geht zur Mannschaft in den Kraftraum gefahren, aber wir haben nicht nur Vollprofis und viele bekamen den Abstieg aus den sozialen Medien mit. Das war nicht wirklich die feine Art.
ZEIT ONLINE: Was sind die nächsten Schritte?
Seidel: Wir haben uns juristischen Beistand geholt und Zeugenaussagen gesammelt. Zum Beispiel von Leuten, die am Tisch, auf dem der Computer stand, dabei waren. Wir werden Berufung einlegen. Und dann kommt es natürlich darauf an, ob die Mannschaft die sportlichen Voraussetzungen schafft, damit wir ab Montag die juristischen Schritte einleiten können.
ZEIT ONLINE: Das heißt?
Seidel: Wir müssen das Spiel diesen Samstag gegen Cuxhaven gewinnen, sonst macht die Berufung keinen Sinn. Natürlich sind wir alle geschockt und wollen nicht am Grünen Tisch absteigen. Aber wir müssen jetzt wieder in den kämpferischen Modus gehen.
ZEIT ONLINE: Können Sie die Entscheidung von Chemnitz, Protest einzulegen, denn nachvollziehen?
Seidel: Wenn ich der Geschäftsführer von Chemnitz wäre, hätte ich wahrscheinlich auch so gehandelt. Das war ihr gutes Recht, die Spielordnung gibt das her. Da stellt sich natürlich die Frage, ob die Spielordnung mit nur 15 Minuten Verzögerungszeit nicht ein bisschen knapp kalkuliert ist. Wenn ein Basketballkorb kaputt geht, hat man auch eine halbe Stunde Zeit.
ZEIT ONLINE: Aha.
Seidel: Chemnitz kann man keinen Vorwurf machen. Aber als Sportler und Mensch sage ich Ihnen natürlich etwas anderes. Wir haben Chemnitz zwei Mal in sehr engen, spannenden Spielen sportlich geschlagen. Von daher hat das ganze Thema mit Sport nichts mehr zu tun. Wahrscheinlich ist man in Chemnitz glücklich, wenn man den Klassenverbleib auf diesem Wege schafft. Aber das stößt nicht überall auf Gegenliebe.
ZEIT ONLINE: Wurde der Windows-Rechner schon durch ein Apple-Produkt ersetzt?
Seidel: Nein.
Kommentare
Verhält sich so ein Sportsmann?
Sportlich eine ganz traurige Nummer von Chemnitz. Aufgrund 10 Minuten Protest einzulegen.. da gehört schon 'ne Menge dazu.
Mag regelkonform sein.. hat mit Sportsmanship aber nichts zu tun. Sympathisch.... NICHT.
(PS: Bin kein Paderborn-Fan. Interessiere mich eigentlich nicht einmal für Basketball)
Windows...
Tja, hätten sie einen Mac kaufen sollen... ;-)
Der fluchende Professor
Mein App-Freak von Prof kam vor 8 Wochen in die Vorlesung. Fluchend,- da es Apple vollbrachte mit einem neuen Update seinen Mac zu zerlegen. Empfehlungen seitens Apple um das zu beheben: Installieren sie die Betriebssoftware neu.
Apple kann sehr wohl auch Microsoft.
Immer diese glorifizierten Joghurtbecher.
Grobe Unsportlichkeit
Sich auf solche Regelungen zu Stürzen, um mit Biegen und Brechen einen Sieg zugesprochen zu bekommen, ist einfach lächerlich. Das ist genau das, worum es im Sport nicht geht, das ist unsportlich. Das Adjektiv gibt es nicht umsonst. Wenn da nur ein Funken Stolz oder gar Fairness im Spiel wäre, sähe die Sache anders aus.
Naja,
ich denke, da ist sich jeder selbst der liebste.
Vor allem, wenn man im Auge behält, dass mit einem Abstieg doch einige Jobs flöten gehen, nicht nur der eigene als Trainer.
Die sportliche Fairness kann man vielleicht noch am ehesten in Ligen darunter erwarten, wo es finanziell um nix wildes geht, aber 2. und 1. Liga, da kämpfen viele darum, den 3 Monatsvertrag um weitere 3 verlängert zu bekommen und als Spieler könnte man dem Trainer dann an die Gurgel springen...wenn er es "sportlich fair" nimmt - nicht nur als Spieler...
Nur so am Rande...
man muss nicht warten bis die Updates fertig sind. Jedes Kind weiß, dass erstens der Download ewig dauert und zweitens die Installation. Um das Spiel rechtzeitig zu beginnen hätte man die Updates auch abbrechen oder zumindest den Rechner vom W-Lan trennen können. Scheint mir so als wären dort Computerlaien am Werk gewesen.
Nicht bei Win 8
Wenn da das automatische Update eingeschaltet ist (Voreinstellung), das updatet der, egal was ist und man kommt nicht an den Rechner (es sei den es gibt einen Trick den ich nicht kenne).
Ist mir mal passiert, wo eien ganz schwache Bandbeite war und ich konnte 1 tag den Laptop nich verwenden, dabei wollte ich auch nur Musik (die sich direkt auf dem Rechner befindet) hören. Anschleiend habe ich gelich mal das automatische Update, abgeschaltet.
Aber wie schon erwähnt wurde, ist der Protest von Chemnitz unsportlich und völlig unverständlich ist, das dem stattgeben wurde, da Paderborn, ja die manuelle Steuerung angeboten hat.