Die hohe griechische Schuldenquote hat in den vergangenen Wochen einen Sturm der Gläubiger herbeigeführt. Das war vorhersehbar. Die großen EU-Rettungsaktionen konnten die Zahlungsunfähigkeit nur hinauszögern. Die verordneten Ausgabenkürzungen führten zu einem steilen Abfall der Nachfrage, zu einem Sturm auf griechische Banken – mit einer Kapitalflucht in die Schweiz und nach Deutschland –, zu einem Investitionsstreik des Großhandels und zu der Rezession, die das griechische Bruttoinlandsprodukt seit 2008 um 15 Prozent abstürzen ließ. Fügt man zu diesem Mix die EU-Beschlüsse vom 21. Juli hinzu – vor allem die traurige Tatsache, dass diese Beschlüsse nicht mal das Papier wert waren, auf das sie gedruckt wurden – kommt man zu einem logischen Ergebnis: Griechenland ist bald zahlungsunfähig. Da Zahlungsunfähigkeit in einer integrierten Euro-Zone undenkbar ist, führt dieser Gedankengang schnurstracks zu der Kreuzung, an der Griechenland sich abkoppelt und die Euro-Zone verlässt.
Diese Analyse missachtet allerdings einen wesentlichen Punkt: Griechenland kann die Euro-Zone nicht verlassen, ohne eine Kette katastrophaler Ereignisse in Gang zu setzen. Sie würden Deutschland veranlassen, sich selbst aus der Euro-Zone zu retten, bevor es sein AAA-Rating verliert. Denn im Falle einer Griechenland-Pleite verlöre die EZB auf einen Schlag mehr als 110 Milliarden Euro: zum einen das Geld, das die griechischen Banken dem Euro-System schulden, zum anderen die griechischen Bonds in ihren eigenen Büchern. Deutschland müsste die EZB rekapitalisieren. Die Privatbanken der Euro-Zone würden umkippen wie Dominosteine. Denn Griechenland schuldet ihnen Geld und andere, denen Griechenland Geld schuldet, schulden ihnen auch Geld. Über die Kosten für eine solche Bankenrettung denkt man besser nicht nach. Als wäre all das nicht genug, werden die Märkte zu wetten beginnen, wer Griechenland in die Wüste folgen wird. Irland würde wanken. Die Märkte würden permanent nach einem Ausweg suchen – und irgendwann hätte Deutschland genug.
Natürlich heißt das alles nicht, dass der aktuelle Weg nachhaltig ist. Griechenlands Schulden werden verringert, wenn nicht sogar völlig liquidiert, so oder so. Ein griechischer Totalausfall kann nur mit Maßnahmen wie zum Beispiel Euro-Bonds verhindert werden, die die europäische Führungsriege anscheinend umgehen will. Selbst wenn als Preis dafür der Kollaps des Euro droht. Also ist die große Frage, ob die Euro-Zone mit einem chronisch zahlungsunfähigen Mitgliedsstaat überleben kann. Theoretisch wäre es wie in den USA denkbar, dass ein Mitgliedsstaat seine Gläubiger nicht bezahlen kann und deshalb in einer Art Konkursverwaltung steckt, bis er aus seinem Loch klettern kann. Praktisch ist so ein Szenario allerdings pure Fiktion, wenn so etwas in einer Währungsunion wie der Euro-Zone passiert: Ihr fehlen alle institutionellen Mechanismen, um Überschüsse für eine Wiederherstellung der Stabilität zu nutzen.
Kommentare
Gerne, können wir machen...
da sollten wir uns nicht zweimal bitten lassen...
Leider war das klar, als....
....Deutschland Maastricht unterschrieb. Das dürfte zwar nicht sein und keiner wolle davon hören. Nur ein paar Spinner klagten in Karlsruhe, wurden verlacht und marginalisiert, wurden von niemandem ernst genommen. Dabei war die Wirtschaftstheorie robust und das Ergebnis der geschichtlichen Experimente kaum zweifelhaft. Der Euro des Maastrichter Vertrags cum Stabilitätspakt musste in seiner damaligen Form an den wirtschaftlichen Ungleichgewichten permanent unausgeglichener Handelsbilanzen scheitern. Es würde, so musste man vermuten, so lange gut gehen, bis ein externer Stoß die unterschiedlichen Wirtschaften treffen würde und eine grobe gesamtwirtschaftliche Störung ersten Grades entstünde. Das scheint nun zu geschehen. Die Politiker haben leichtsinnig das Haus gesetzt und verloren. Nun schimpfen sie auf die Spekulanten.
Lieber ein Ende mit Schrecken - Rezession und Stagflation - als ein Schrecken ohne Ende => Hyperinflation.
Hoffen wirs
Hört sich gut an. Ich hoffe sie haben recht. Je früher diese Eurofarce beendet wird, desto besser für alle Beteiligten
das ist pure spekulation
sehr geehrter herr Yanis Varoufakis! wolfgang schäuble hat in seinen leben keine verwegenen pläne entwickelt und den von ihnen angedachte plan schon gar nicht.
aber: wenn man einen fehler gemacht hat, sollte man ihn korrgieren und nicht den fehler fortsetzen. griechenland sollte seine ehre wiederherstellen und sich eine eigene währung gönnen um nicht als bittsteller bei anderen nationen anstehen zu müssen. griechenland kann so seine wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen, weil es über abwertung der währung preiswertere produkte und leistungen anbieten kann.
Mentalität
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Pauschalurteile. Danke. Die Redaktion/wg