Barack Obama hat eine einfache Botschaft an die Europäer: Nehmt euch ein Beispiel an Amerika ! Dort habe man mit massiven Kapitalspritzen das Bankensystem innerhalb kurzer Zeit stabilisiert, erklärte Amerikas Präsident in einer Presserunde vergangenen Freitag. Die Europäer sollten endlich einen großen Schritt nach vorn machen und nicht länger um die Probleme herumtrippeln, gab ein sichtlich genervter Obama Kanzlerin Angela Merkel beim Treffen in Camp David mit auf den Weg.
Nach Monaten fruchtloser Hintergrundgespräche hat man in Washington offenbar beschlossen, die diplomatischen Handschuhe auszuziehen und die Verantwortlichen jenseits des Atlantiks öffentlich abzuwatschen. "Im Weißen Haus herrscht der Eindruck: Da sind Dilettanten am Werk", sagt Domenico Lombardi, Experte für internationale Beziehungen der Brookings Institution in Washington.
Der Präsident, der um seine Wiederwahl kämpft, ist nicht der einzige, dem die Geduld mit dem Krisenmanagement in Übersee ausgeht. Nach der Veröffentlichung der letzten US-Arbeitsmarktzahlen, die selbst nüchterne Ökonomen als "schrecklich" bezeichneten, fürchten immer mehr Amerikaner eine "Eurokalypse". Die Angst: Das Euro-Debakel könnte die wacklige Erholung in den USA wieder zum Erliegen bringen. Das Wirtschaftsmagazin Businessweek druckte als Titelbild einen großen tiefschwarzen Punkt und eine Anweisung an die Leser: "Gegen den Eurokrisenfrust: Schlagen Sie hier mit dem Kopf gegen".
Amerikanische Kredite für Europa?
Weniger humorvoll ging es Roger Altman an. In einem viel beachteten Kommentar in der Washington Post führte der einstige Vize-Finanzminister von Präsident Clinton aus, wie sich die Amerikaner eine durchschlagende Lösung vorstellen. Sein wichtigster Tipp an die Euro-Verantwortlichen: Nehmt endlich gigantische Summen in die Hand! Amerikas Zentralbank habe während der Krise 2008 rund 13 Billionen Dollar in das Finanzsystem gepumpt. Gleichzeitig verpasste das US-Finanzministerium den Banken über den TARP-Rettungsfonds eine direkte Kapitalspritze von 700 Milliarden Dollar. "Warum die Europäer nichts Vergleichbares unternommen haben, bleibt ihr Geheimnis", schrieb Altman. Nun aber werde es für Europa höchste Zeit: "Der Kapitalmarkt wird ihnen vielleicht nicht mal mehr einen Monat geben."
Viele Beobachter finden allerdings, dass wohlmeinende Ratschläge nicht mehr ausreichen – zu beratungsresistent seien die Europäer zuletzt gewesen. Die Lage in Europa sei zu brisant, um sie den Europäern zu überlassen, meint Steve Liesman, Hausvolkswirt des Wirtschaftssenders CNBC, der vor allem von Vertretern der Wall Street gesehen wird. Amerika müsse eingreifen. "Seit der letzten Jahrhundertwende hat Europa doch nichts alleine hinbekommen", sagt Liesman. Die USA seien nach wie vor die einzige Supermacht, die eine Lösung herbeiführen könne. Mit Hilfe von Ländern wie Brasilien und China sollten die USA Geld einsammeln und über den Internationalen Währungsfonds ( IWF ) den Europäern als Kreditlinie für den Ernstfall zur Verfügung stellen – gegen entsprechende Auflagen. Zwei bis drei Billionen sollten genügen. Einen Teil würde der IWF stellen, einen Teil die Europäer selber. Zwar sei die Haushaltslage in den USA angespannt, die Investition aber würde sich für die Amerikaner lohnen, meint Liesman.
Amerika fürchtet um seine Exporte
Der TV-Volkswirt mag mit seinen schlagzeilenträchtigen Vorschlägen die Einschaltquoten im Auge gehabt haben. Doch der Washingtoner Experte Dominic Lombardi, der zuvor beim IWF und bei der Weltbank war, hält es für durchaus plausibel, den Währungsfonds als Hebel für eine Einflussnahme Washingtons einzusetzen. "Wenn die USA genügend Ressourcen zur Verfügung stellen würden, könnte der Fonds als glaubwürdiger Garant auftreten – bei der bisherigen Ausstattung nehmen die Kapitalmärkte den IWF nicht wirklich ernst." Auch Lombardi hält mindestens zwei Billionen für das Minimum an Munition für einen monetären "Feuerschutzwall". Bei einem genügend großen Beitrag hätte die USA auch den nötigen Einfluß auf die Konditionen, die mit der Kreditvergabe des Fonds einhergehen müssten. Aber bisher habe sich Obama dazu nicht durchringen können: "Er hat die billigste Variante gewählt: Telefongespräche."
Seither ist die Angst im Weißen Haus gewachsen. Vor allem die Exporte haben zuletzt zur Erholung der amerikanischen Wirtschaft beigetragen. Rund 45 Prozent – so hoch war ihr Anteil am Wirtschaftswachstum der vergangenen Monate. Dabei handelt es sich weniger um direkte Exporte nach Europa, sondern vor allem um Geschäfte mit Schwellenländern. Der Handel mit Brasilien hat seit 2007 um 70 Prozent zugelegt. Die Folge: Steigende Stellenzahlen in der Industrie – ein Lichtblick in der sonst so düsteren Arbeitsmarktstatistik . Amerikas Handelspartner wie Brasilien und Mexiko sind jedoch überwiegend abhängig von europäischen Banken. Verwundbar wäre auch die US-Autoindustrie, sollten die heimischen Banken ihren europäischen Zulieferbetrieben den Kredithahn zudrehen. Ein Schock des Euro-Finanzsystems würde einen Dominoeffekt auslösen, fürchtet man in Washtington.
Allein schon deshalb habe Amerikas Zentralbank das Recht, ihr Mandat auszuweiten und in Europa zu intervenieren, argumentieren Dean Baker und Mark Weisbrot, Direktoren des linksliberalen Think Tanks Center for Economic and Policy Research. So könnte die Fed etwa spanische Staatsanleihen kaufen. "In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass private Investoren den Zentralbanken folgen", schreiben die Experten. Den US-Steuerzahler würde das nichts kosten. Die Fed würde schlicht den Job der EZB übernehmen, deren bisherige Zurückhaltung "verantwortungslos und unentschuldbar" sei.
Allerdings geben nicht alle dem Krisenmanagement in Berlin schlechte Noten. Ian Bremmer, Gründer von Eurasia, einem unabhängigen New Yorker Institut, das globale Risiken für private und öffentliche Auftraggeber analysiert, lobt vor allem Angela Merkel. Sie habe es mit ihrer Strategie geschafft, den Europartnern notwendige Reformen abzuringen. "Wenn man jemanden wirklich von seiner Entschlossenheit überzeugen will, muss man bis kurz vor dem Abgrund voll auf dem Gas bleiben." Über die Ratschläge seiner amerikanischen Kollegen kann Bremmer nur lachen: "Wir haben den Europäern absolut nichts zu sagen." Er ist überzeugt, dass das Urteil der Geschichte genau andersherum ausfallen wird. "Jede Krise ist auch eine Chance und wenn wir in zehn Jahren zurückblicken, werden wir feststellen, dass die Europäer sie genutzt haben und wir nicht."
Kommentare
So Unrecht haben die Amerikaner nicht!
Die EU ist wie eine Gazzelle. Die Gazzellen merken erst nach 100 Metern, dass sie angeschossen sind! Merkel und Co. Spielen noch immer Hick Hack!
Bitte diskutieren Sie sachlich und konstruktiv das Artikelthema. Danke, die Redaktion/mk
""Im Weißen Haus herrscht der Eindruck: Da sind Dilettanten....
.... am Werk", sagt Domenico Lombardi,..."
Das ist seit geraumer Zeit der Eindruck nicht nur der Regierungen in fast allen Ländern, der Ökonomen weltweit und hier in Deutschland (wenn man sich unter sich dünkt), sondern der meisten Euroländer. Es ist süß, dass so viele Kommentare hier ihr stolzes Land verteidigen, aber es wäre besser, sie würden ihren Abgeordneten schreiben, dass das Problem nicht nur von Tisch muss. Es muss ohne die Weltwirtschaft im Rezession zu stürzen gelöst werden.
ein Teil des
Rettungsplanes könnte sein das die USA sofort stoppen Geldscheine nachzudrucken und die Spekulationen auf Verluste an der Börse grausam hoch zu besteuern oder direkt zu verbieten.
Zudem kann ich mich an kein positives Ereignis der aktuellen Regierung in den USA erinnern, nur Projekte die stocken und Kriege die überflüssig waren und sind.
Der wirtschaftliche Aufschwung den die USA uns vorspielt basiert auf Erlass von Milliarden Industrieschulden die niemand bezahlen wird und immer noch kein Sozial- und Gesundheitssystem für die Bürger das annähernd an ein europaisches reicht.
Wer sich nicht informiert, weis auch nichts.
Lesen sie mal die New York Times, da erfahren sie mehr Details als in deutschen Medien.
Und nur weil jemand auch Fehler macht, ist sein Rat nicht gleich wertlos. Immer diese deutsche Angst vor Fehlern..
Aber mit Vorsicht geniessen sollten wir die Ratschlaege schon.
USS Untergang
Und zum wievielten male wird in einem Forum gefragt...
...Wer rettet dann die USA? USA sind pleite!
Und jetzt kommen Sie nicht mit China.
Schneballsysteme funktionieren nur solange Kredite immer größer werden und schneller vergeben werden als sie beglichen werden müssen.
Das Lebenauf Pump und auf Kosten der dritten Welt ist vorbei, und das ist gut so.
Noch ein kleiner Unterschied
Wie Hans-Werner Sinn gestern in der FAZ berichtete, haben die USA ihre Target-Salden bereits bis auf 21 Mrd. Dollar getilgt, während sie in der Eurozone auf die beängstigende Summe von 947 Milliarden Euro (= 1192 Mrd. Dollar) angewachsen ist und laufend massiv weiter wächst.
Interessante Aussage
Zitat: "Die Amerikaner trauen den Europäern nicht mehr zu, ihre Probleme selbst zu lösen. Jetzt entwerfen sie eigene Rettungspläne."
... allein, mir ist bisher keine US-Amerikanische Lösung eigener, US-Amerikanischer Probleme bekannt. Oder haben sie etwa über nacht ihr HH-Defizit beseitigen können?
Zumal: 2008 haben just diese US-Probleme die ganze Welt ins Wanken gebracht. Und davon haben sich bisher nur die größten und stärksten Volkswirtschaften wieder halbwegs erholen können, der Rest der Welt leidet immer noch unter den wirtschaftlichen Folgen.
Alles, wass die FED bisher gemacht hat, war Unmengen an Frischgeld zu drücken und damit künstlich vor allem die Banken zu stützen. Klar hat dies erstmal einigen wieder auf die Beine geholfen, aber was ist mit der Deckung für diese Geldmengen? (die es auch vor 2008 nicht gab)
Amerikanische Wolkenkuckucksheimer
Stimmt, im Gelddrucken zeigen die USA ihr ganzes Können. Mehr ist da nicht.
Ob sich einer der vielen "Rettungsexperten" einmal Gedanken darüber gemacht hat, wie viel an substantiellem Wert ein Dollar heute noch beinhaltet?
Sollten die Öl und Rohstoff exportierenden Staaten den Dollar als Leitwährung verlassen - armes Amerika!