Im Dezember 2015 haben sich die Staaten weltweit auf ein neues globales Klimaschutzabkommen geeinigt. Rechtlich sind die Details vage, das übergreifende Ziel indes ist klar und verbindlich. Das Paris-Abkommen schreibt vor, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.
Für einen Industriestaat wie Deutschland mit hohen Emissionen pro Kopf hieße das nach den Erkenntnissen des Weltklimarates: 95 Prozent weniger Klimagas-Emissionen bis 2050. Weitergehend peilt das Paris-Abkommen sogar eine Begrenzung auf 1,5 Grad an. Dafür müsste der Wandel noch schneller vonstatten gehen; auch die Schwellenländer müssten ihn zeitnah vorantreiben.
Die Pariser Ziele sind angesichts der menschheitsbedrohenden Folgen des Klimawandels unbedingt zu begrüßen. Doch was niemand zugibt: Ihre Umsetzung führt wahrscheinlich in eine Welt ohne Wachstum.
Zwar gehen Klimaschutz und Wachstum zusammen, solange man allein auf technische Optionen wie erneuerbare Energien und Energieeffizienz vertraut, um die fossilen Brennstoffe bei Strom, Wärme, Treibstoff oder Dünger zu ersetzen. Neue Technik kann man verkaufen und damit Wachstum erzielen. Aber allein mit Technik erreicht man die genannten Ziele kaum – obgleich das mit Sicherheit natürlich heute niemand vorhersagen kann. Die Herausforderung ist schlicht zu groß.
Schöngerechnete Emissionsstatistiken
Dazu kommt: Wir werden zwar technisch immer besser, aber auch reicher, womit immer mehr Emissionen entstehen, die wir dann einsparen müssen. Zudem fehlen wirkungsvolle technische Lösungen für einige Emissionsbereiche, etwa in der Landwirtschaft.
Bisherige Statistiken und Prognosen beruhen zudem auf massiven Schönrechnungen. Industriestaaten wie Deutschland reduzieren angeblich Emissionen, in Wirklichkeit steigen die Emissionen unseres Lebensstils jedoch. Wir verlagern sie nur schlicht in die Schwellenländer, denn von dort kommen zunehmend unsere Konsumgüter.
Außerdem reden alle einseitig vom Klima. Andere Umweltprobleme wie die Degradation von Böden und Ökosystemen gefährden den Menschen ebenfalls auf Dauer existenziell und müssen gleichzeitig angegangen werden. Die Lösung liegt auf der Hand: der Natur mehr Raum geben. Doch Technik alleine reicht dafür noch weniger aus als im Klimaschutz.
Neben grüner Technik gehört zum Umweltschutz nach dem Paris-Abkommen damit auch ein genügsamerer Lebensstil. Es reicht also nicht, nur effizientere Autos zu fahren – wir müssen wieder mehr zu Fuß gehen, oder das Fahrrad, Bus und Bahn benutzen. Gegen diese unbequeme Wahrheit helfen keine Mogelpackungen wie riesige Aufforstungen, um Klimagase zu binden. Denn deren Ausmaße müssten gigantisch sein, will man damit substanziell Emissionen reduzieren.
Auch die treibhausgasfreie Atomenergie ist eher keine Lösung. Mindestens ihr Attentatsrisiko ist unkontrollierbar, und ihre Kosten sind exorbitant. Die deutsche Debatte über den Atommüll verdeutlicht das gerade. Und wenn Techniker vorschlagen, anstelle der ungeliebten Genügsamkeit eben der Luft Klimagase zu entziehen, etwa durch Düngung der Meere oder unterirdische Speicherung, dann drohen ebenfalls unüberschaubare Risiken und exorbitante Kosten.
Mehr Genügsamkeit!
Die Wende zu einer nachhaltigeren Gesellschaft funktioniert also nicht ohne einen neuen Lebensstil. Wir müssen weniger konsumieren. Allerdings wird dann auch weniger verkauft werden; etwa deutlich weniger Urlaubsflüge und Autos. Ein Ende der Wachstumsgesellschaft liegt damit nahe, zunächst einmal in den Industriestaaten, die laut Paris-Abkommen beim Klimaschutz vorangehen sollen. Dem entkommt man auch nicht mit Visionen einer reinen Dienstleistungswelt ohne jeden ökologischen Fußabdruck. Auch Dienstleistungen wie Flüge oder IT-Technologien verbrauchen jede Menge Ressourcen.
Wenn wir hingegen den Umweltschutz aufs rein technisch Machbare beschränkten, müssten wir dafür erhebliche Umweltschäden in Kauf nehmen. Das hieße, den Klimawandel nur teilweise und Probleme wie degradierte Ökosysteme so gut wie gar nicht anzugehen. Langfristig würden wir damit die physischen Grundlagen unserer Existenz zerstören, schlimmstenfalls über vermehrte Kriege und Bürgerkriege um schwindende Nahrungs- und Wasserressourcen.
Kommentare
Gemeint sein kann ja nur Wachstum im Bereich der primären Produktion, der größere Teil des BIP hat keinen direkten Zusammenhang zu Emissionen
Sollte man eigentlich wissen
Um simpel zu sagen: Ein Kind das im Elternhaus aufwächst dürfte etwa den gleichen Klimaabdruck hinterlassen wie ein Kita Kind - die Kita macht sich im BIP aber massiv bemerkbar.
Einmal ganz abgesehen davon, daß vermutlich dreiviertel aller Kinder tagtäglich mit dem Auto zum Kindergarten gefahren werden, ist zum Betrieb einer Kita ein Gebäude notwendig, welches gebaut, gewartet und unterhalten werden will, ein nicht zu unterschätzender steter und fröhlich sprudelnder Quell von Treibhausgasen, sowie ferner eine Logistik zum Transport von Mensch und Ware, die zu weiteren Emissionen führt. Ich halte es daher für sehr gewagt zu behaupten, ein Kita-Kind habe denselben Klimaabdruck wie ein daheim aufwachsendes.
JEDE Dienstleistung verursacht Emissionen ergo verursacht auch ein Wachstum im Dienstleistungssektor eine Emissionszunahme.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass wir heute in der Welt leben, von der Steinzeitmenschen geträumt haben dürften - Fleisch und Obst/Gemüse ohne Lebensgefahr im Laden erbeuten, eine warme Höhle dort, wo wir sie haben wollen, etc ...
Nun träumen wir aber heute davon, so nachhaltig wie in der Steinzeit leben zu wollen ...
So nachhaltig haben die gar nicht gelebt - oder sehen Sie irgendwo Mammuts ?
"Neben grüner Technik gehört zum Umweltschutz nach dem Paris-Abkommen damit auch ein genügsamerer Lebensstil. Es reicht also nicht, nur effizientere Autos zu fahren – wir müssen wieder mehr zu Fuß gehen, oder das Fahrrad, Bus und Bahn benutzen."
Man hat uns gesagt, Wasser sparen ist gut für die Umwelt und den Geldbeutel. Wir waren genügsam und haben Wasser gespart. Jetzt wird das Leitungswasser immer teurer, weil wir gespart haben.
Man hat uns gesagt regenerative Energien sind gut für die Umwelt und den Geldbeutel, da Sonnenenergie unendlich und umsonst. Jetzt zahlen wir immer mehr für die Energie. Und wir sparen Strom mit Energiesparlampen, die verdammt teuer sind und überhaupt nicht lange halten.
Die aktuelle Situation ist, dass Lobbygruppen aus der Wirtschaft in das ganze Konzept reingrätschen und die finanziellen Anreize für die Bürger zu nichte machen.
Ohne dass die Politik sich vom Wirtschaftslobbyismus löst wird das nix.
Die aktuelle Situation ist, dass Lobbygruppen aus der Wirtschaft in das ganze Konzept reingrätschen und die finanziellen Anreize für die Bürger zu nichte machen.
Klar, immerhin kann man ja mit quecksilbrigen Energiesparlampen gutes Geld verdienen. Besonders, wenn man Glühbirnen verbieten läßt. Die konnte ich wenigstens ins Altglas werfen.
Falscher Ansatz - nicht weniger Wachstum - das klappt nicht, sondern besseres Wachstum.
Wir werden in Zukunft halt Produkte machen müssen die nicht schädlich, sondern förderlich für uns und die Umwelt sind.
Ja das ist Möglich, aber Aufwändiger. Klar wir werden uns umstellen müssen - Essen z.b. aber wieso nicht an einer schmackhafteren Alge forschen ? Ein 'back to the roots' wird nicht ohne weiteres durchsetzbar sein.
Wenn wir das nur versuchen wird auch der letzte tropfen Öl aus der Erde gepumpt werden.
„Falscher Ansatz - nicht weniger Wachstum - das klappt nicht, sondern besseres Wachstum.“
Achso? Brauchen Sie all die Klamotten in Ihrem Kleiderschrank wirklich? Ist es nötig Lebensmittel zu essen, die tausende von Kilometern bewegt wurden, um im Magen zu landen? Braucht man alle drei Jahre ein neues Auto oder ein Smartphone? Muß man sich dem Diktat der Mode unterwerfen?
Wir alle kaufen ständig Dinge, die wir nicht wirklich brauchen. Marketing ist die Wissenschaft, Leuten Waren einzureden, die sie nicht benötigen.
Es wäre überhaupt kein Problem, Autos zu bauen, die 50 Jahre lang halten. Leider ist es uncool mit einer alten Kiste herumzufahren, weil man Menschen beindrucken möchte, die man nicht leiden kann.