Da ist etwa der Londoner Handwerker, der 35.000 Pfund benötigt, weil er seinen Betrieb vergrößern will. 9,3 Prozent Verzinsung bietet er für einen Kredit mit drei Jahren Laufzeit. Ein anderes Beispiel ist der Pflegedienst aus dem Südosten Englands, der sich 52.000 Pfund erhofft. Er braucht das Geld als "working capital", also um den normalen Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Die Laufzeit: 24 Monate. Der Zins: 7,8 Prozent.
Beide Angebote, das der Handwerksfirma und das des Pflegedienstes, finden sich zurzeit auf Funding Circle. Und beide Angebote laufen Ende dieser Woche aus.
Die Angebote laufen aus? Schon das klingt merkwürdig. Ein Mittelständler, der einen Kredit braucht, wird normalerweise bei seiner Bank vorstellig. Er bietet also nichts an. Sondern will etwas haben. Vom Prinzip ist das zwar auch bei Funding Circle so, einem der größten britischen Peer-to-Peer-Lender. Peer-to-peer heißt: Von Gleich zu Gleich. Und ein lender ist jemand, der Geld verleiht, eigentlich also eine Bank.
Funding Circle aber ist keine Bank. Sondern ein Mittler, der Menschen, die Geld haben, und Firmen, die Geld brauchen, auf seiner Internetplattform zusammenbringt. Funding Circle funktioniert ähnlich wie eBay. Denn jene Firmen, die ihre Kreditgesuche auf die Plattform stellen, haben in Wirklichkeit sehr wohl etwas anzubieten: eine satte Verzinsung nämlich, sieben bis 13 Prozent beträgt sie in der Regel. Das ist deutlich mehr, als Menschen, die Geld haben, bei einer Bank dafür bekommen.
Das Wachstum ist immens
In der Theorie ist Peer-to-Peer-Lending also ein Geschäft, von dem alle profitieren – außer den Banken, die ihrer Kernkompetenz beraubt werden, nämlich die Sparguthaben einer Volkswirtschaft in Investitionsmittel zu verwandeln. Und in der Praxis?
In der Praxis erlebt Peer-to-peer-Banking in Großbritannien zurzeit einen beachtlichen Boom. Zwar gibt es in Deutschland ähnliche Plattformen, Smava beispielsweise, aber die britischen wachsen mit ungleich höherer Geschwindigkeit. 130 Millionen Pfund hat Funding Circle bislang verliehen. Gar nicht so wenig dafür, dass es die Firma erst seit drei Jahren gibt. Und das Wachstum ist immens. Laut einer Mitte Juli veröffentlichten Studie, an der die englische Notenbank beteiligt war, soll der britische Peer-to-Peer-Markt schon 2016 die Milliarden-Pfunde-Grenze durchbrechen. Das wäre zwar immer noch eine Nische. Aber eine, die die etablierten Banken ernst nehmen müssen.
Kommentare
Verstehe die Kritik nicht
Wie sie schon im Artikel schreiben:" Höhere Rendite, gleich höheres Risiko." Und bei diesem Geschäftsmodell sollte doch eigentlich jedem klar sein, dass er unter Umständen sein Geld halt nie wieder sieht und dementsprechend die Angebote sorgfältig prüfen. Und wer das nicht machen möchte, der kann ja sein Geld immernoch zur Bank bringen.
Und auch wenn Funding Circle nicht persönlich für die Kredite gerade steht, so stehen sie dafür mit ihrer Plattform dafür gerade. Denn die Kunden kommen ganz bestimmt nicht, wenn sie mit einer hohen Ausfallquote rechnen müssen und schlimmer als geringes Wachstum ist negatives Wachstum.
Bei smava ist es etwas anderes,
über die Einlagensicherung der Fidor Bank sind Beträge bis 100 000 Euro gesichert, soviel ich weiß.
Allerdings ist smava im letzten Jahr für Anleger zunehmend unattraktiv geworden. Da smava mittlerweile auch Kredite von Banken vermittelt (die natürlich zuerst auswählen dürfen), bleibt für die privaten Anleger nur die Spreu statt des Weizens übrig. Die Renditen sind im Keller. Aber was soll man machen? Wegen der Niedrigzins-Politik der EZB schmelzen die Ersparnisse so oder so wie Butter in der Sonne.
Genau
Wenn die AfD die D-Mark wieder einführt und sämtliche Hilfen für die PIGS-Staaten einstellt fallen in Deutschland alle Banken um wie Domino-Steine.
AfD ist blind!
Der Titel trifft's
"Banken, die keine Banken sind" das trifft (wahrscheinlich unwissend) voll ins Schwarze. Waehrend Banken Geld aus dem nichts schaffen und damit die vorhandene Geldmenge erhoehen koennen, wird in dem hier vorgestellten System nur bereits vorhandenes Geld zu teilweise horrenden Zinsen verliehen. Damit ist es nichts anderes als ein Schneeballsystem, welchem ueber kurz oder lang die Nachschuldner ausgehen werden. Der Unterschied wird sofort auffaellig, wenn man weiss, dass Banken NICHT bereits gespartes Geld verleihen. Eventuell hat sich der britische Staat genau deswegen eingeschaltet, wohl wissend dass langanhaltendes Wachstum mit diesem Model nur mit zusaetzlicher Geldschoepfung seitens der Notenbank erzielen laesst.
Das war auch mein erster Gedanke
Der Artikel beschreibt vom Prinzip her ein formidables Schneeballsystem.
Und wie bei solchen Konstrukten üblich, beißen den Letzten die Hunde. Kann es nicht sein, dass einfach zu viel Geld im Umlauf ist und immer wieder neue Spielwiesen erschaffen werden, um es den (kleinen) Leuten aus der Tasche zu ziehen?
Schon allein, dass der Staat Anschubfinanzierung leistet, quasi die Lawine ins Rollen bringt, sollte hellhörig werden lassen.
Bitte, wie reden von Großbritannien,
der großen Mutter aller Finanzhaie und Kreditkraken.
Zu glauben, der Britische Notenbankchef (seines zeichens graue eminenz der Weltfinanz) und die Regierung hätten ein interesse an freiem Geld oder freien Krediten ist nonsens.
Es handelt sich hier um ein Casino. Reiche pressen diejenigen aus, die die Banken abweisen (warum sonst sollte man horrende Zinsen zahlen wollen?) Ein Supersystem.
im übrigen gebe ich thewisemanfear vollkommen recht.
Eine Frage am Rande noch: was ist das, britischer Mittelstand? Nie davon gehört. Die Briten auch nicht, die haben nichtmal ein Wort dafür.