"Wie könnte Einkaufen aussehen, wenn du einfach in einen Laden gehst, dir das nimmst, was du willst und dann... gehst du einfach?" Mit diesen Worten wirbt Amazon in einem Videoclip für seinen neuartigen Supermarkt Amazon Go. Zu sehen sind Kunden, die sich tatsächlich einfach das aus den Regalen nehmen, worauf sie eben Lust haben: ein Sandwich, einen Hühnchensalat, ein Stück Kuchen. Und dann? Dann gehen sie einfach. Nur ihre Smartphones halten sie beim Betreten und beim Verlassen des Ladens an Sensoren. Denn bezahlen, das müssen sie schon.
Ab dem kommenden Jahr soll das Wirklichkeit werden. Dann eröffnet der erste Amazon-Go-Lebensmittelladen in Seattle, USA. Die eigenen Mitarbeiter können jetzt schon als Testkäufer dort shoppen gehen. Laut einem Bericht von Business Insider plant Amazon, in den kommenden zehn Jahren bis zu 2.000 Lebensmittelläden in den USA zu eröffnen. Der Werbeclip zeigt, wie einfach es sein könnte, dort seine Lebensmittel einzukaufen: ohne lästiges Warten an Kassen zum Beispiel, ohne mühsam Kleingeld zu zählen, und ohne den Pin der Bankkarte eingeben zu müssen. Amazon nennt es "Just Walk Out Shopping experience".
Einfach gehen? Ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Wer in den Amazon-Go-Läden einkaufen will, muss ein Profil bei Amazon besitzen, muss die Amazon-Go-App herunterladen und braucht natürlich Geld. Bezahlt wird beim Verlassen des Ladens, ganz automatisch wird der Betrag dann vom eigenen Amazon-Konto abgebucht.
Die Vermessung des Kunden
Das Faszinierende und vielleicht Erschreckende: Jeder Griff, ob zur Ketchupflasche oder zum Orangensaft, wird von einem virtuellen Einkaufswagen in der App registriert. Wer sich ein Tofuschnitzel nimmt, dem erscheint es auch umgehend digital samt Preis in der App. Wie soll das funktionieren? Amazon hält sich mit Details bedeckt und spricht eher nebulös von seiner Shopping-Technologie, von Computer Fusion, Deep Learning Algorithms und Sensor Fusion. Was die Schlagwörter bedeuten, erklärt der Konzern nicht.
Für die Kunden bedeutet das: Sie werden nicht nur digital erfasst, sondern auch analog komplett vermessen. Details zur Technik, die Amazon in seinem Supermarkt zum Einsatz bringen könnte, lassen sich beim Technologiemagazin Recode finden. Vor etwa einem Jahr veröffentlichte Recode einen Patentantrag von Amazon, in dem das Unternehmen detailliert auflistet, welche Funktionen es patentieren lassen möchte. Inwieweit das allerdings im Amazon-Go-Supermarkt in Seattle bereits umgesetzt wird, ist unklar.
Vereinfacht kann davon ausgegangen werden, dass ein Zusammenspiel unterschiedlicher Technologien nötig sein würde: Nimmt ein Kunde beispielsweise ein Sandwich aus dem Regal, könnten Kameras das Sandwich erkennen. Sie würden außerdem erkennen, welcher Kunde das Sandwich in der Hand hält und registrieren dann den Kunden und das Produkt und übermitteln die Daten an den individuellen Amazon-Account. Der Kunde könnte aber vielleicht die Verpackung mit seiner Hand verdecken, sodass die Kameras das Produkt nicht eindeutig registrieren können. Dann wüsste das System aber, dass der Kunde oft dieses Sandwich kauft, und es weiß, dass Sandwiches genau an dieser Stelle liegen, an der der Kunde sich eines gegriffen hat.
Kommentare
Ich würde das sofort nutzen.
Endlich nicht mehr den Kassierern/innen bei Edeka zu gucken wie die jedes einzelne Produkt begutachten was sie über den Scanner ziehen.
Ich würde das auch sofort nutzen.
Nur die ehemaligen Kassierern/innen bei Edeka werden wohl in Zukunft nur noch "Gut und Günstig"-Marken in den eigenen Einkaufswagen packen
Die dahinter stehende Idee ist ja nicht neu, die dafür erforderliche Technik gibts im Prinzip auch schon längst.
Das wird auch in Deutschland mittelfristig ganz sicher Realität werden. Hier allerdings vermutlich nicht durch Amazon. Das werden Aldi, Lidl und Co auch selber hinkriegen. An den Eigentümlichkeiten des deutschen Lebensmittelhandels (Geiz ist geil) haben sich schon andere Player verhoben. Wal Mart etwa.
Die Geschichte mit Wal Mart ist ziemlich ulkig und es stimmt natürlich, was Sie sagen. Dennoch räume ich Amazon gute Chancen ein: die Marke ist ja längst in Deutschland etabliert und es gibt auch keine komischen landestypischen Sitten, die Amazon mit diesen Märkten nach Deutschland brächte (wie bei Wal Mart der "kann ich helfen"-Fetisch oder die morgendlichen pep talks der Mitarbeiter).
Ich gehe lieber auf den Markt. Dafür lasse ich mir auch mal etwas länger Zeit, um nebenher ein paar Gespräche zu führen etc. Wer weiss, vielleicht ist dieses anachronistische Verhalten bald ein Luxus, denn dass die Zeit, die Amazon seinen Kunden einspart, sich in mehr Freiheiten beim Volk niederschlägt, darf wohl bezweifelt werden. Wir sollen mehr Zeit haben, um ein paar Sekunden länger arbeiten zu können, um uns letztendlich die hypermodernen Amazon-Services leisten zu können.
Alan Brito Delgado -
mit solchen Vorstellungen gehören wir langsam zu einer Aussterbenden Gattung - und nebenbei sich Zeit zu nehmen um mit Leuten zu Sprechen geht ja gar nicht, ersten sind wir in dieser Zeit nicht „Produktiv" und zweitens Stören wir nur den "Wirtschaftsfluss".
Klingt das nicht irgendwie erschreckend? Alles ist uns vorgegeben, wird überwacht. Nichts wird dem Zufall überlassen. All unsere Handlungen vorhersehbar und vorwegnehmbar.
Heute war zu lesen, daß bestimmte Spielzeuge im Kinderzimmer die Stimmen aufzeichnen und an Server weiterleiten. Total Überwachung im privaten und intimen Bereich. Abscheulich.
https://web.de/magazine/d...
Die Puppe ("Hello Barbie") sendet nicht nur Daten an den Hersteller, sie antwortet auch auf Fragen. Aber eigentlich korrespondiert das Kind natürlich mit dem Hersteller.
Da hätten Adolf, Josef oder Mao jedem neuen Staatsbürger direkt zum ersten Geburtstag ne Puppe spendiert, schätz ich mal