Mehr als 40 Amerikanerinnen, eine Französin, eine Italienerin – sie alle blickten schon aus Hunderten Kilometern Höhe auf die Erde. Auch zwei Frauen aus der Sowjetunion, eine aus Großbritannien und zwei aus China haben den Weltraum bereist, um nur einige weitere zu nennen. Deutschland hatte bislang elf Vertreter im All. Alles Männer.
Das muss sich ändern, beschloss die private deutsche Firma HE Space Operations. Seit einigen Monaten sucht der Personaldienstleister im Raumfahrtbereich "Deutschlands erste Astronautin". Bestenfalls noch vor 2020 wolle man die erste Deutsche für zehn Tage auf eine Mission ins All entsenden, so das selbst formulierte Ziel.
Was konkret klingt, ist eine Vision. Ein Versuch, die kommerzielle Raumfahrt voranzubringen. Denn ob die Kandidatinnen tatsächlich eine geeignete Ausbildung bekommen, ist unklar. Die Initiatoren wissen weder, mit wem sie wo zusammenarbeiten werden, noch ab wann und über welchen Zeitraum – sofern überhaupt die notwendigen Millionen für die Initiative zusammenkommen.
Denn derzeit bestimmt die Esa, wer für Europas Nationen ins All startet. Zuletzt hatte die europäische Weltraumagentur 2009 Astronauten rekrutiert, die nächste Ausschreibung ist noch nicht einmal angekündigt. Also hat HE Space seine Talentschau begonnen.
Vorzugsweise zwischen 27 und 37 sollten die Bewerberinnen sein. Ein gutes Urteilsvermögen und manuelle Geschicklichkeiten sollten die Frauen unter anderem mitbringen sowie eine "dem Alter angemessene Kondition". Zu den Ausschlusskriterien wiederum zählten Alkohol- oder Drogenprobleme, psychische Störungen oder chronische Krankheiten.
Kostenlose Untersuchung für kostenlose Daten
Mehr als 400 Frauen meldeten sich. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) half – nicht ganz uneigennützig – bei der ersten Auswahl. Es gab Übungen, in denen Konzentration, Merkfähigkeit und räumliche Vorstellungskraft getestet wurden. Anschließend prüften Raumfahrtmediziner die Frauen mit Interview und Teamaufgaben auf ihre Persönlichkeit, ihre Belastbarkeit und Motivation und führten medizinische Untersuchungen durch – alles war laut DLR "auf den speziellen Fall einer kommerziellen
Weltraumtouristin zugeschnitten".
Die Kosten übernahm das DLR: "Es war eine einmalige Gelegenheit, so viele Daten über mögliche Astronautinnen zu bekommen", sagt Andreas Schütz, Sprecher des DLR. "Wir können sie für uns wissenschaftlich auswerten und als Basis für künftige Untersuchungen nutzen."
Wie bei einer Castingshow wurde die Teilnehmerinnenzahl erst auf 120, zwischenzeitlich auf 30 und nun auf sechs reduziert. Mitte April bleiben noch zwei. Warum nicht gleich die vielversprechendsten Kandidatinnen vorstellen? Weil es weniger medienwirksam gewesen wäre. "Wir haben sechs Frauen gefunden, die flugtauglich sind", sagt Claudia Kessler, Initiatorin des Projekts. "Wir wollten immer wieder zeigen, was für tolle Frauen es gibt."
Vorbilder sind gefunden, es fehlen die Millionen
Schließlich gehe es auch darum, Rollenmodelle zu präsentieren. "Schülerinnen und Frauen, die an der Raumfahrt bislang kein Interesse hatten, zeigen nun welches", sagt Kessler. Weibliche Firmenvorstände hätten sie zu Vorträgen eingeladen, um mehr über die Aktion zu erfahren.
Die größte Herausforderung steht der Aktion aber noch bevor. Denn um die Siegerin ins All zu schicken, sind 30 bis 50 Millionen Euro für die Ausbildung, den Flug und den Platz auf der Raumstation nötig. "Man kann nicht sagen, dass das Vorhaben gelingen wird – aber eben auch nicht, dass es scheitert", sagt Schütz vom DLR. Kessler gibt sich zuversichtlicher, räumt aber ein: "Es gibt Unsicherheiten. Ganz viel, das geklärt werden muss", sagt Kessler. Es gibt derzeit viele Anbieter und noch keine konkreten Preise für die erhoffte Mission der ersten deutschen Astronautin.
Kommentare
"...alles war laut DLR "auf den speziellen Fall einer kommerziellen Weltraumtouristin zugeschnitten". "
"Schließlich gehe es auch darum, Rollenmodelle zu präsentieren. "
:D Groteskerweise ist da sogar mal was Wahres dran...
Es wird sich ja auch nicht um die "erste deutsche Astronautin" handeln sondern um die erste deutsche Weltraumtouristin oder sogar um den ersten deutschen Weltraumtouristen. Denn ich glaube nicht, dass es schon vorher Weltraumtouristen aus Deutschland gegeben hat.
Es gibt soviel BESSERES zu tun hier auf unserer lieben Erde als in den Weltraum zu fliegen. Die 30 Millionen könnte man viel vernünftiger in Projekte investieren, welche die Menschen wieder ZUSAMMEN bringen, statt Leute "auf den Mond zu schießen".
Nach der Devise: "Ich könnte Dich zwar auf den Mond schießen, Du ANDERER, Du FREMDER, aber lass uns doch statt dessen versuchen, unser Leben GEMEINSAM zu meistern. Dann bist Du kein Anderer mehr und ich brauch Dich nicht auf den Mond zu schießen."
Wenn es für die irdischen Lebewesen irgend einen Sinn gäbe, in den Weltraum zu gehen, hätten sie es schon längst getan. Da dies aber nicht der Fall ist, muss die Weltraumfahrerei sinnlos sein.
Für Kunst wird viel mehr Geld ausgegeben und deren Sinn dürfte, nach Ihrer Definition, noch geringer sein.
Es liegt in der Natur des Menschen neugierig zu sein und Grenzen zu erforschen, wieso also nicht Geld dafür ausgeben?
Zumal grade solche ungewöhnlichen Projekte Menschen zusammenbringen kann, genauso wie Kunst.
Das Geld wäre übrigens nicht "weg" es bleibt auf der Erde und wird nicht mit auf den Mond geschossen ;)
Die Neugier ist eine der stärksten Kräfte überhaupt. Der Raum um die Erde ist nun mal da. Also ist es klar, ihn erforschen zu wollen, und zwar auch selber, persönlich.
Nur scheint Forschung bei diesem Vorhaben nicht mal ansatzweise eine Rolle zu spielen. Da geht es doch nur darum, dass endlich eine Deutsche ins Weltall kommt. Wissenschaftlicher Mehrwert gleich Null.
So langsam scheint, nach dem ganzen Feminismus- Gleichberechtigungs-Hype der letzten Berichterstattungen zu dieser Initiative, ein wenig das durch, worum es offenbar wirklich geht, ums Geschäft. Eine wirklich sehr erfolgreiche PR-Aktion von HE space operations, die allerdings auf dem Rücken der Bewerberinnen ausgetragen wird und noch von der Crowd, also von uns, finanziert werden soll. Was zuletzt noch klang wie ein Förderprogramm der Familienministerin ist am Ende dann doch nur Geschäftsinteresse. Hurra, Hurra! Vielleicht kommt Elon Musk ja auch noch auf die Idee, sich einen Weltraumreiseplatz von der Crowd abkaufen zu lassen, dafür, dass er verspricht, dass dieser Platz an eine Frau geht. Hurra, Hurra, bitte nimm mein Geld für deine Kampagne und dein Geschäft, mir reicht das Gefühl, der Gleichberechtigung gedient zu haben.