Drei Tipps für Patienten, die etwas gegen multiresistente Keime unternehmen wollen:
1. Waschen Sie sich die Hände und achten Sie darauf, dass Ihr Arzt und Ihre Krankenschwester sich ihre desinfizieren.
2. Nehmen Sie keine unnötigen Antibiotika ein.
3. Stellen Sie Fragen.
Ob Salmonellen, Ehec oder Erkältungserreger – um sich all diese Bakterien vom Hals zu halten, hilft Hände waschen. Händehygiene ist eine der wichtigsten Möglichkeiten, sich vor Krankheiten zu schützen. Der Erfolg lässt sich nicht genau berechnen, aber Wissenschaftler, die sich mit dem Phänomen befassen, schätzen, dass ungefähr ein Drittel aller Infektionen durch bessere Hygiene vermieden werden könnte.
Das gilt für den eigenen Haushalt, und noch mehr für das Krankenhaus, den wichtigsten Ort für die Übertragung resistenter Keime. Schon im 19. Jahrhundert erkannte der ungarische Arzt Ignaz Semmelweis, dass er Leben rettete, wenn er Hände und Instrumente reinigte, bevor er Kontakt zu einem Patienten hatte. Heute ist das anerkannter Standard, medizinisches Gerät wird desinfiziert und auch für das Personal gelten klare Regeln, wie es sich die Hände zu waschen und wann es sie zu desinfizieren hat - also Mittel verwenden soll, die Erreger abtöten.
Dass sich Ärzte, Pflegepersonal und Therapeuten die Hände dennoch häufig nicht gründlich desinfizieren, bevor sie mit einem Patienten Kontakt haben, "wird noch immer viel zu oft als Kavaliersdelikt gesehen", sagt Petra Gastmeier, die Leiterin des Nationalen Referenzzentrums für die Überwachung von Krankenhauskeimen (NRZ). Gastmeier ist so etwas wie die oberste Hygienikerin Deutschlands. Sie kämpft dafür, dass Mediziner mehr auf ihre Hände achten.
Ihrer Ansicht nach gibt es bei diesem Thema auch ein Generationenproblem. "Viele der heutigen Chefärzte haben in den siebziger Jahren studiert. Damals war die Hygiene noch kein Schwerpunkt in der Ausbildung." Gastmeiers Institut schult daher medizinisches Personal in korrekter Hygiene und erhebt beispielsweise, wie viel Desinfektionsmittel in deutschen Krankenhäusern verwendet wird. Der Verbrauch steigt demnach seit Jahren kontinuierlich an. 2007 wurden pro Patiententag im Durchschnitt nur 78 Milliliter Desinfektionsmittel eingesetzt, 2013 waren es schon 109 Milliliter. Das ist möglicherweise noch zu wenig.
Wie viel Desinfektionsmittel Ärzte und Pfleger verwenden müssten, hat eine Studie am Uniklinikum Essen hat 2009 versucht zu errechnen. Dazu wurden die Patientenkontakte des Personals und die Zahl der Patienten festgestellt. Es wurde außerdem angenommen, dass bei jedem Kontakt idealerweise sechs Millliter Desinfektionsmittel verbraucht werden – drei vor und drei nach dem Kontakt zum Patienten. Schließlich wurde der so errechnete Bedarf an Desinfektionsmittel mit dem verglichen, was auf den einzelnen Stationen tatsächlich verbraucht wurde. Auf der Intensivstation mit acht Betten wurden beispielsweise 288 Liter pro Jahr eingesetzt. Rechnerisch hätten es jedoch 599 Liter sein müssen, mehr als doppelt so viel. Noch stärker war die Diskrepanz beim Ultraschall. 39,4 Liter Desinfektionsmittel hätte während der Untersuchungen verbraucht werden müssen, tatsächlich waren es aber nur 5,5 Liter.
Die Zahlen sind mehrere Jahre alt, bestätigen aber, was Hygieniker wie Gastmeier sagen: Dass noch zu wenig auf die Sauberkeit der Hände geachtet wird.
Man sollte den Medizinern zugute halten, dass die korrekte Desinfektion nicht so einfach ist, wie es scheint. Es genügt nicht, sich ein wenig Desinfektionsmittel aus dem Spender auf die Hände zu spritzen, bevor man ein Krankenzimmer betritt. Das Mittel muss gründlich und systematisch verrieben werden, auch zwischen den Fingern. Und es muss ungefähr 30 Sekunden Zeit haben, zu wirken. Wer anschließend die Türklinke, das Bettgestell oder die Bettdecke anfasst, bevor er die Wunde des Patienten betastet, der kann die Desinfektion gleich sein lassen.
Ärzte, Schwestern und Pfleger werden natürlich aufgeklärt und trainiert. Doch Patienten können mit darauf achten, dass Hygienemaßnahmen wirklich eingehalten werden. Gastmeier sagt: "Patienten müssen besser darüber informiert werden, was sie selber tun können. Zum Beispiel, den Ärzten auf die Finger schauen und es ansprechen, wenn die sich die Hände nicht desinfizieren." Hygiene ist also ein gutes Mittel, um zu verhindern, das sich Erreger ausbreiten.
Kommentare
in anderen Ländern anscheinend kein solches Problem
Ein düsteres Licht auf das deutsche Verhältnis zur Gesundheitsmedizin. Ein düsteres Licht auf das Versagen der Politik.
Desinfektion und Resistenz
Bei der ganzen Resistenzdiskussion habe ich noch ein Verständnisproblem und eine Frage:
Oral eingenommene Antibiotika werden für Resistenzbildungen verantwortlich gemacht, aber gleichzeitig wird intensives lokales Desinfizieren gefordert. Ist das nicht widersprüchlich? Kann es nicht sein, dass das ständige Desinfizieren nicht ebenso zu Resistenzbildungen führt? Wenn Bakterienstämme zigfach mit lokalen Desinfektionsmitteln unschädlich gemacht werden sollen, überlebt sicher die ein oder andere Zelle auch mal und kann sich danach weiter verbreiten und nichtresistente Stämme verdrängen. Oder habe ich da einen Denkfehler?
Äußerlich
kann man mit Mitteln desinfizieren, die einen innerlich mitsamt den Bakterien selbst umbringen würden. Gegen reinen Alkohol kann man z.B. nicht resistent sein.
Ob Salmonellen, Ehec oder …
Diese Aussage im Artikel ist in Bezug auf Salmonellen, Ehec und auch Hepatitis A nur zum Teil richtig, denn am Häufigsten werden die Keime über verseuchte Lebensmittel und verseuchtes Trinkwasser übertragen.
Das Händewaschen /-desinfizieren beugt hier nur der sogenannten Sekundär- oder früher auch Schmierinfektion genannt (Übertragung von Mensch zu Mensch) vor.
Die richtige Zubereitung der Nachrungsmittel (gründliches Waschen von Gemüse und Obst, Durchbraten von Gehacktem, Geflügel und Meeresfrüchten, nur frische Eier verwenden, Verzicht auf Eiswürfel in Getränken, etc.) ist hierbei ebenso wichtig. Im Ausland gehört auch das Abkochen von Leitungswasser bzw. nur die Verwendung von Trinkwasser aus Flaschen (selbst zum Zähneputzen) dazu, weil dort Leitungswasser eben oft keine Trinkwasserqualität hat!
Fäkalienverseuchtes Badewasser am Meer oder See reicht ebenfalls für eine Ansteckung aus.
Trotzdem ist Händewaschen/ -desinfizieren unbestritten wichtig zur Infektionsprophylaxe!
Traurig,
wenn man den Arzt danach fragen muss, ob er sich die Hände desinfiziert hat.
Ich erinnere mich noch an meine Blinddarmoperation mit fünfzehn Jahren. Zwei Tage später bei der Visite nahm der Arzt das Pflaster ab und wollte sich die Naht ansehen. Mit seinen bloßen Händen (er hatte vorher alles Mögliche angefasste und den anderen Patienten und mir die Hand gegeben) drückte er auf der Naht rum.
Ich habe mich schon als Teenager darüber gewundert, weil mir meine Mutter immer eingebleut hat, offenen Stellen nicht einfach so anzufassen, aber dachte mir dann, der Arzt wird schon wissen, was er tut.
Im Übrigen ist die Kommunikation mit manchen Ärzten (nicht mit allen!) eher schwierig, stellt man solche Fragen zur Desinfektion u. Ä. sind sie beleidigt und sagen: "Sie können ja gehen, wenn Sie kein Vertrauen haben!"
Ärzte sind Menschen
So wie es gute und böse Menschen gibt, nette und unfreundliche, solche, die Kritik gerne annehmen und solche, die mit Kritik überhaupt nicht umgehen können, so gibt es auch diese Kategorie von Ärzten.
Was zählt, ist, dass Ihre Blinddarm-OP offensichtlich gut verlaufen ist.