Meurer: Um die Zukunft Afghanistans gerungen und
debattiert wird ab heute Vormittag auf dem Petersberg bei
Königswinter. Auf dem Petersberg kommt die
Afghanistan-Konferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen zu Stande, eine rein innerafghanische Versammlung.
Ausländische Vertreter zum Beispiel der USA, Russlands
oder der EU sind nur als Beobachter zugelassen. Am Telefon
begrüße ich Norbert Holl. Er war ehedem
UNO-Beauftragter für Afghanistan und ist Autor des Buches
"Mission Afghanistan", das in wenigen Wochen erscheint. Guten
Morgen Herr Holl!
Holl: Guten Morgen Herr Meurer.
Meurer: Wie viel Hoffnung setzen Sie denn auf die
Afghanistan-Konferenz heute auf dem Petersberg?
Holl: Ich glaube, dass man nur große Genugtuung
über die Konferenz empfinden kann. Sie ist nach meiner
Einschätzung in dreifacher Hinsicht ein gutes Zeichen. Sie
ist gut für Afghanistan. Sie bedeutet, dass die Phase der
Militäroperationen sich dem Ende nähert und die
entscheidende Phase beginnt, indem man sich um die politische
Zukunft des Landes Gedanken macht. Sie ist gut für die
UNO, die sich nach vielen Rückschlägen wieder in
der politischen Arena zurückmeldet, und zwar in der
zentralen Funktion, die ihr durch viele Resolutionen der Vereinten Nationen zugewiesen ist. Drittens ist sie auch gut für
Deutschland, wobei ich bitte nicht missverstanden werde, wenn ich
sage, auf das Ergebnis der Konferenz kommt es letzthin im
Augenblick noch gar nicht an.
Meurer: Aber das verwundert wirklich ein wenig, Herr
Holl. Die Ergebnisse der Konferenz, zumindest die Anbahnung von
Übergangsstrukturen, das soll ja das Ziel sein.
Holl: Ja, natürlich. Es gibt den
Fünf-Punkte-Plan und natürlich wünsche
ich dieser Konferenz Erfolg. Nur bitte ich darum, nicht allzu sehr
enttäuscht zu sein, wenn es nicht gleich beim ersten
Anlauf klappen wird. Das ist das, was ich sagen will. Es fehlt ja
nicht an Konzepten; es fehlt am Lackmus-Test, ob die afghanischen
Parteien durch diese gewaltigen, diese existenziellen
Erschütterungen des Landes, die wir in den letzten zwei
Monaten erlebt haben, so einsichtig geworden sind, dass sie
über ihren ethnischen Schatten springen und zu wirklichen
Kompromissen bereit sind.
Meurer: Sie haben ja selbst 1996/97, in dieser Zeit etwa
erlebt, wie die afghanischen Mudschahedin-Gruppen sich
untereinander bekriegt haben. Aus welchem Grund sollte das jetzt
anders und besser werden?