Im März 2002 hatte ich ein Praktikum in Berlin gemacht. Als Studentin aus Magdeburg, mit einem Freund in Hamburg und dem Elternhaus bei Schwerin, war dies eine Zeit des ständigen Hin- und Herfahrens. Manchmal wusste ich schon gar nicht, in welcher Stadt ich gerade war und suchte Haltestellen des Nahverkehrs in Berlin auf dem Plan von Hamburg.
So war ich dann mal wieder auf dem Weg von Magdeburg
nach Hamburg. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich mich
als Glückspilz unter den Bahnfahrern bezeichnen.
Solange ich Züge benutzte, konnte ich mich an
keine Verspätung erinnern, die die 5-Minutengrenze
überschritt.
An diesem Tag schallte es nun durch die
Lautsprecheransage, dass auf der Strecke nach Hamburg
eine Oberleitung gerissen sei.
Es wurden Busse des umliegenden Nahverkehrs besorgt,
die zwischen zwei Bahnhöfen pendelten.
Natürlich waren diese voll. Ein Bus hat nun mal
nicht das Fassungsvermögen eines Zuges. Und selbst
wenn Nahverkehr und Deutsche Bahn AG eine Abmachung
darüber haben, dass der NV in solchen Fällen
seine Busse zur Verfügung zu stellen hat (was ich
nicht weiß), so finde ich es eine beachtliche
Leistung, Busse aus dem laufenden Verkehr zu ziehen.
Welcher Nahverkehr kann es sich schon leisten, dass
seine Busse im „Stall“ stehen und darauf
warten, dass eine Oberleitung reißt?
Auch an der Betreuung kann ich nichts aussetzen. Schon
im Zug und später auf den Bahnhöfen kamen
ständig Durchsagen darüber, was passiert sei
und wie nun weiter zu verfahren sei. Und auch
Bahnpersonal war überall anwesend. Fast im
fünf Minutentakt gingen sogar mir die Ansagen
mittlerweile auf den Keks, doch der Stimme von oben war
nichts anzumerken.
Am Ende war es nicht ungewöhnlich, dass wir ein
ungeheure Verspätung hatten. Damit liege ich jetzt
wahrscheinlich, über alle Bahnfahrten verteilt,
mit im Durchschnitt aller Bahnfahrer.
Auch ich kann nicht alles befürworten, was „unsere Bahn“ so verzapft. Aber ich beneide sie auch nicht um die Aufgabe, die sie tagtäglich zu erledigen haben. Das ist ein Koordinationsaufwand, den man sich wahrscheinlich nicht einmal ansatzweise vorstellen kann. Schließlich ist es doch meist obere Gewalt, die ein Auto auf einem Bahnübergang liegen lässt, einen Baum auf die Schienen fallen lässt, Weichen gefrieren lässt. Oder glauben sie, es wurde an dem Tag jemand geschickt, um die Oberleitung abzureißen?